Als Sahrii den digitalen Turm zu Fall bringt, ist die Begeisterung bei den an ihrem Bildschirm versammelten SPD-Granden groß.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD-Chefin Saskia Esken und der Kölner OB-Kandidat Torsten Burmester applaudierten am Montag beim Besuch der "esports players foundation" in Köln-Lövenich enthusiastisch. Diese gediegene Ü-60-Runde machte aber auch kein Geheimnis daraus, nicht mit den Details des bei der Gen Z äußerst beliebten Computerspiels "League of Legends" vertraut zu sein. Die 17-jährige Sahrii dagegen ist in Europa eine der Top-Spielerinnen.

Die SPD-Politiker sind auf Wahlkampftour: Lauterbach und Esken werben um Stimmen für die vorgezogenen Neuwahlen des Bundestags am 25. Februar, Burmester bringt sich für die Kommunalwahlen am 14. September in Stellung. Der einstige Referent von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete die E-Sport- und Gaming-Branche als enorm wichtig für Köln. Rund 70 Unternehmen mit rund 1600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seien hier ansässig.

E-Sport Experte vermisst demokratische Parteien auf Tiktok und Co.

Jörg Adami, Geschäftsführer der "esports player foundation", gab gern ein wenig Nachhilfe zum Thema, trug aber auch eine klare Forderung an die SPD-Politiker vor: "Ich vermisse die demokratischen Parteien auf sozialen Plattformen wie Tiktok oder Twitch." Sie müssten seiner Ansicht nach ein Gegengewicht bilden zu sehr intensiv agierenden radikalen Gruppen.

Von der AfD etwa ist bekannt, dass sie bei den letzten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen oder den Europawahlen auch deshalb so gut abschnitt, weil sie bei Tiktok erfolgreicher als andere Parteien die Gunst junger Wählerinnen und Wähler erobert. Damit das auch demokratischen Parteien ohne Beleidigungen oder Fakenews gelingen kann, müssten sie aber innovativer sein als etwa Bundeskanzler Olaf Scholz, der Tiktok mit Einblicken in seine Aktentasche erobern wollte. "Da muss mir schon mehr einfallen, wenn ich mit der jungen Zielgruppe relevant und auf Augenhöhe kommunizieren will", kritisierte Adami.

Saskia Esken: "AfD hält ihre Reden nur, um daraus Clips zu machen"

Die SPD sei bei Tiktok durchaus aktiv, hielt Saskia Esken dagegen: "Trotzdem haben wir nicht die durchschlagende Wirkung, wie sie die AfD hat." Das liege vor allem an deren Methoden. "Mit negativen Emotionen, Empörung, persönlichen Angriffen auf Personen, die ohnehin schon am Boden liegen erreicht man leider schnell einen hohen Zuspruch", sagte Esken. "Wir sind im Bundestag, um Politik zu machen. Die AfD hält alle ihre Reden nur, um daraus Clips für Social Media zu machen."

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Karl Lauterbach gab sich dennoch optimistisch, viele Leute durchschauten die Social-Media-Strategie der AfD inzwischen und wüssten, "dass das oft nur heiße Luft" sei. Burmester gestand, dass sein Engagement in den Sozialen Medien wohl noch nicht geeignet sei, den Rechten entgegenzutreten: "Da müssen wir alle mehr tun."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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