Wiesbaden - Das junge Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte bei der Bundestagswahl in Hessen nach Einschätzung einer Politikwissenschaftlerin der Konkurrenz Stimmen abjagen und ein einstelliges Ergebnis erzielen - zulasten auch der Linken.
"Das Faszinierende ist tatsächlich, dass das BSW Stimmen von allen Parteien abzieht", sagte die Gießener Universitätsprofessorin Dorothée de Nève der Deutschen Presse-Agentur.
Bei der sächsischen Landtagswahl im September etwa hätten die Linke, die CDU und auch die AfD viele Stimmen an das BSW verloren. Gleichzeitig sei es dieser erst vor einem Jahr gegründeten Partei gelungen, zahlreiche Nichtwähler zu mobilisieren. "In Hessen erwarte ich ähnliche Tendenzen. Fakt ist, dass diese Wählerwanderung für die Linke existenzbedrohend ist", ergänzte de Nève. BSW-Gründerin Wagenknecht war 2023 aus der Linken ausgetreten.
BSW in Hessen bei Europawahl vor den Linken
Bei der Europawahl im Juni 2024 erzielte das BSW in Hessen 4,4 Prozent der Stimmen - und die Linke nur noch 2,5 Prozent. De Nève erläuterte: "In hessischen Umfragen lag das BSW zuletzt bei 8 Prozent. Inzwischen ist der Trend im Bund eher negativ." Mit Blick auf die am 23. Februar vorgesehene Bundestagswahl ergänzte die Gießener Wissenschaftlerin: "Insofern erwarte ich für Hessen für das BSW derzeit ein Ergebnis, das nur knapp über dem Wahlergebnis bei der Europawahl liegt."
Wiesbaden ist Standort des neuen Ukraine-Kommandos der Nato zur Koordinierung der Waffenlieferungen für das Kriegsland. Zudem könnte das US-Artilleriekommando in der hessischen Landeshauptstadt künftig angesichts der russischen Aggressionspolitik deutlich weiterreichende Waffen befehligen. Zu der Debatte hierüber erklärte die Politologin: "Allerdings ist die Frage der Westbindung in Hessen nicht so strittig wie in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Die Sympathien des BSW für die Forderungen Russlands dürften in Hessen sehr gering sein." Viel entscheidender dürfte hier für die junge Partei sein, "dass wirtschaftspolitische Themen den Wahlkampf dominieren".
"Begrenzte Bekanntheit"
Noch sind Hessens BSW-Kandidaten für die Bundestagswahl vielen Bürgern nicht geläufig. Eine "begrenzte Bekanntheit" sieht de Nève beim Spitzenkandidaten Ali Al-Dailami und bei Heidemarie Scheuch-Paschkewitz - beide sind Ex-Linke. "Der Unternehmer Shervin Haghsheno und der Wirtschaftspädagoge Jannis Schumacher sind in der hessischen Öffentlichkeit kaum bekannt und politisch unerfahren. Das ist für eine junge Partei nicht untypisch - aber natürlich im Parteienwettbewerb nachteilig", erklärte de Nève. © Deutsche Presse-Agentur
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