Neues Recht: Hessens Sonderstatusstädte dürfen sich seit Dezember selbst Waffenverbotszonen verordnen.
Mit dieser Änderung erreicht der Innenminister in Gießen aber das Gegenteil dessen, was etwa die Polizei für nötig hält.
Roman Poseck meint es sicher nur gut. Als Hessens Innenminister sorgt sich der CDU-Politiker um die öffentliche Sicherheit. Angesichts der Messerangriffe in Gießen und Marburg sieht er mit Blick auf Waffenverbotszonen Handlungsbedarf. Der Blick in die Polizeiberichte spricht durchaus für seine Sicht der Dinge. In Gießen ist erst in der Silvesternacht ein junger Mann infolge eines Streits niedergestochen und schwer verletzt worden.
Doch wie der Volksmund schon spricht: Gut gemeint ist selten gut gemacht. Das scheint auch für die von Posecks Ministerium noch kurz vor Weihnachten überraschend geänderte Zuständigkeit zur Einrichtung von Waffenverbotszonen zu gelten. In Gießen erreicht der Minister das Gegenteil dessen, was der Polizeipräsident und andere als notwendig erachten.
Neuerdings dürfen die hessischen Sonderstatusstädte wie Gießen und Marburg sich selbst solche Zonen verordnen, wenn sie diese für nötig halten. Sie müssen nicht mehr auf das Votum der Waffenbehörde des Landkreises warten. Das klingt zunächst nach einer Verbesserung, denn diese Städte erhalten mehr Kompetenzen. Vorderhand stärkt dies die Selbstverwaltung. Bei Lichte besehen erreicht Poseck in Marburg aber absehbar gar nichts. Die links regierte Uni-Stadt hält nichts von einer Waffenverbotszone und setzt lieber auf ein Sicherheitskonzept, das auf andere Art und Weise künftig Messerattacken verhindern soll.
Waffenverbot als Baustein für die Sicherheit in der Stadt
Im ebenfalls von einem Linksbündnis regierten Gießen dagegen stößt Poseck mittlerweile auf offene Ohren. Der Ordnungsdezernent mit Grünen-Parteibuch sieht in einer Verbotszone einen Mehrwert und begreift sie als Baustein für die Sicherheit in der Stadt. Doch sagt er klipp und klar: Die posecksche Rechtsänderung stört den Prüfungsprozess.
Das ist in zweifacher Hinsicht der Fall: Erstens muss der Landkreis seine seit Monaten laufende Arbeit einstellen. Zum zweiten verfügt die Stadt bisher über keine Fachkompetenz. So müssen sich ihre Juristen in ein Thema einarbeiten und einen Fall prüfen, mit dem sie in der Vergangenheit nichts zu tun hatten. Das dürfte viele Wochen dauern und hält sie von anderer Arbeit ab.
Den zuletzt mit der Sache betrauten Fachleuten beim Landkreis sind dagegen fortan die Hände gebunden. Sie können die Gießener Kollegen allenfalls beraten. So verzögert sich der Beschluss zur Waffenverbotszone nur. Das ist so unnötig wie ärgerlich. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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