Im Tattoo-Theater um Corentin Tolisso fletscht "Tiger" Stefan Effenberg die Zähne. Im "Doppelpass"-Talk sieht er nicht ein, weshalb junge Spieler Vorbilder sein müssten und dann "ans Kreuz genagelt" würden. Hier folgt unsere nicht immer ganz ernst zu nehmende Rückschau auf den 19. Spieltag.

Jörg Hausmann
Eine Glosse

Die Ergebnisse des 19. Spieltags

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  • Seit dem 19. Spieltag gibt es in der Bundesliga keine Mannschaft mehr ohne Heimsieg. Nach dem VfB Stuttgart (2:0 über den FSV Mainz 05) stieß auch der 1. FC Köln mit seinem 3:1 über Stuttgarts Mit-Aufsteiger Arminia Bielefeld den berühmten Bock um. In seiner Erfolglosigkeit beinahe Schalke-like, hatte der FC 14 Anläufe gebraucht, um den vermeintlichen Heimvorteil wieder mal auszunutzen. Der letzte Heimsieg davor war übrigens am 29. Februar 2020 gelungen, mit 3:0. Gegner damals: Schalke 04.
  • Die Königsblauen verschenkten beim 1:1 in Bremen mit ihrem Angsthasenfußball in der zweiten Halbzeit den möglichen ersten Auswärtssieg seit dem 23. November 2019. Damals gab es ein 2:1 - in Bremen. Diesmal hätte es in der vierten Nachspielminute 2:1 für Bremen geheißen, doch der VAR erledigte mal ohne Beanstandung seinen Job, als Werders vermeintlicher Siegtorschütze Maximilian Eggestein seinen Coup bereits auf Knien bejubelte. Vorlagengeber Theodor Gerbe Selassie hatte aus Abseitsposition geflankt. So blieb Schalke ein Zähler und die Freude über die Rückkehr Klaas-Jan Huntelaars auf ein Bundesliga-Spielfeld. Der 37-Jährige, 2011/12 Torschützenkönig der Liga, ersetzte nach 80 Minuten Nachwuchs-Hoffnung Matthew Hoppe - und kam nicht dazu, Torgefahr zu verbreiten. "Wir haben uns (...) nicht getraut, Fußball zu spielen", stellte der "Hunter" fest. Trotz - oder gerade wegen - neun Punkten Rückstand zum rettenden Ufer schickte der Hoffnungsträger hinterher: "Wir haben einen kleinen Erfolg, darauf bauen wir jetzt weiter auf."

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  • Aufbauhilfe lag Meister Bayern im Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim fern. Es galt, den Stachel aus dem Hinspiel zu ziehen. Das 1:4 vom zweiten Spieltag ist eine von zwei Bundesliga-Niederlagen des Triple-Siegers. Schwerlich zu erraten, dass es auch die höchste ist. Durch ihr 4:1 rückten die Bayern die Verhältnisse wieder zurecht, oder, wie es Torschütze Thomas Müller formulierte: "Jetzt sind wir wieder pari." Zum 3:1 traf für die Gastgeber Robert Lewandowski. Der Pole lässt in seinem Bemühen nicht nach, Gerd Müllers Uralt-Saisonrekord von 1971/72 an sich zu reißen. Der "Bomber der Nation" netzte damals 40-mal ein. Nach 19 Spieltagen aber stand er seinerzeit bei 18 Treffern. Lewandowski weist jetzt schon sagenhafte sechs mehr auf. Bei 13 steht immerhin Hoffenheims Andrej Kramaric. Der treffsicherste Kroate der Bundesliga-Geschichte war zum zwischenzeitlichen 2:1 zur Stelle. Dies war schon sein drittes Tor gegen die Bayern in dieser Saison. Kann keiner sonst ligaweit von sich behaupten.

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  • Ein Alleinstellungsmerkmal - zumindest wurde noch niemand in einem hiesigen Stadion von einer Kamera als Nachahmer enttarnt - bleibt vorläufig auch Karl-Heinz Rummenigge mit seiner berühmten Plexiglas-Schutzmaske, die er auf Schalke zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus getragen hatte. Gegen Hoffenheim kehrte der Vorstandsboss der Münchner Bayern zu einem herkömmlichen FFP2-Modell zurück, in Schwarz. Die Nase war diesmal auch bedeckt, hatte Rummenigge in den Monaten davor doch gezeigt, dass ihm das korrekte Anlegen einer Schutzmaske weniger leicht von der Hand geht als zu seiner aktiven Zeit das Erzielen von Toren vom Fuß.

Im Theater um Tattoo-Tolisso legt sich Effenberg mit Draxler an

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Leider muss Karl-Heinz Rummenigge in seiner leitenden Funktion als Vorstandsvorsitzender ab und an auch Fehlverhalten der Angestellten des Klubs sanktionieren. So geschehen bei Corentin Tolisso.

Der Franzose ist nach seinem Landsmann Lucas Hernandez (80 Millionen Euro) und Leroy Sané (45 Millionen Euro) mit einer Ablösesumme von 41,50 Millionen Euro der drittteuerste Zugang in der Vereinsgeschichte des FC Bayern München.

Rund um Bayerns geglückte Revanche gegen Hoffenheim schrieb Tolisso die außersportlichen Schlagzeilen. Er hatte den Tätowierer Cristian Marin einfliegen lassen, um seinen rechten Arm frisch dekorieren zu lassen. Möglicherweise wäre dieses Ignorieren der Corona-Hygieneregeln der Liga unentdeckt geblieben, hätte Marin nicht die Aktion auf seinem Instagram-Profil abgebildet. Zu sehen ist auch, dass beide Herren auf das Tragen einer Schutzmaske verzichtet haben.

Das öffentliche Hallo war und ist groß und die Empörung entsprechend. "Dieser Verstoß ist sehr ärgerlich und auf keinen Fall zu tolerieren", ließ Rummenigge wissen. "Wir werden Corentin Tolisso daher mit einer empfindlichen Geldstrafe belegen, den Betrag werden wir für soziale Zwecken spenden." Sportvorstand Hasan Salihamidzic sprach von einer Sanktionierung, die Tolisso "spüren" werde. Wie hoch diese aber genau ausfallen wird oder ausgefallen ist, war nicht zu erfahren.

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Und genau daran entzündete sich im "Doppelpass" bei Sport1 ein minutenlanges, heftiges Wortgefecht. Hauptdarsteller waren die beiden Experten des Senders, Stefan Effenberg und Alfred Draxler. Es war gleichzeitig ein Aufeinanderprallen der Generationen.

Der frühere "Bild"-Sportchef Draxler führte ins Feld, dass schon interessant sei zu wissen, wie hoch die Strafe für Tolisso ausfalle. Denn nur im Verhältnis zu seinem monatlichen Einkommen sei zu ermessen, wie weh sie ihm wirklich tut. 50.000 Euro oder 100.000 Euro Strafe seien aus seiner Sicht nicht empfindlich genug.

Draxler betrachtete den Vorfall - eingedenk der Fälle Salomon Kalous und Breel Embolos in der jüngeren Vergangenheit - als praktisch unentschuldbare und grob fahrlässige Angriffe auf das mühsam erstrittene Spielrecht der Bundesliga in der Corona-Pandemie. Er warnte vor möglichen Reaktionen aus der Politik, der Bundesliga ihr Privileg zu entziehen und hatte kein Verständnis für Tolissos nachträgliche Entschuldigung. Die hatte Tolisso auf Twitter veröffentlicht.

"Da scheint es in der Gehirnwindung nicht ganz zu passen", wurde Draxler deutlich, wie er Tolissos geistige Beschaffenheit einschätzt.

Effenberg, selbst nie ein Kind von Traurigkeit gewesen, saß Draxler gegenüber - und schlug im Sinne des Spielers zurück: "Ihr wollt die jungen Spieler immer ans Kreuz nageln."

Kein Bundesligaprofi unterschreibe als 18-Jähriger mit seinem Vertrag, eine Vorbildfunktion auszufüllen. Dies sei auch nicht zu erwarten. Jeder sei mal jung gewesen und habe Fehler gemacht. Allerdings sei Tolisso keine 18 mehr, worauf Effenberg unter anderem Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider als Diskussions-Gast hinwies. Er ist 26 Jahre alt (Anmerkung des Verfassers).

Letzten Endes blitzte im früheren Bayern-Leader Effenberg der noch frühere Bayern-Leader Paul Breitner und dessen Denke durch. Der betonte schon vor 40 Jahren im Titel seiner Biografie: "Ich will kein Vorbild sein". Breitners Begründung: "Jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit steht", spiele seinem Publikum "Theater" vor. Keiner dürfe ein Vorbild sein, "den man nur aus Zeitungen oder vom Fernseher her kennt. "Ich finde es blöd", resümierte Breitner, "wenn man sich jemanden raussucht, den man gut, toll oder einfach 'in' findet."

Dies hielt aber schon zu Effenbergs Zeiten, als er sich den berühmten Tiger ins Haar frisieren und färben ließ, niemanden davon ab, Effenberg cool zu finden und zumindest seine Frisur nachzuahmen. Mit dem Unterschied, dass dies vor der Erfindung der sozialen Medien und in einer pandemielosen Welt passierte - in der Draxler noch in der "Bild" über Effe schrieb und nicht sonntagmorgens live mit ihm stritt.

Zitat des Spieltags

"Es war alles okay, nur das Ergebnis nicht." (Der als Cheftrainer auf die Bank von Hertha BSC zurückgekehrte Pal Dardai nach dem 1:3 bei Eintracht Frankfurt. Die Berliner führten eine Minute lang mit 1:0 und hatten bis zu Martin Hintereggers Treffer zum 2:1 in der 84. Minute auch noch einen Punkt in der Hand. So endete das Rückspiel mit dem gleichen Resultat wie das Hinspiel.)

Zahl des Spieltags

18 - Um 18:00 Uhr schließt heute das Winter-Transferfenster - und das führt zurück zu Hertha BSC. Nach der Rückkehr Dardais ins Traineramt steht auch die Rückkehr eines Weltmeisters in die Bundesliga fest. Sami Khedira war bei Italiens Rekordmeister Juventus Turin nicht mehr gefragt. Die Fans freuen sich auf weitere Überraschungen, zum Beispiel bei Schlusslicht Schalke 04. Schneider wollte im "Doppelpass" noch nicht verraten, um welche Personalie es sich handeln wird.

Mit Material der dpa

Verwendete Quelle:

  • Paul Breitner: "Ich will kein Vorbild sein" (1981)
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