Nahverkehr in Wiesbaden: Der Wiesbadener Citybahn-Bürgerentscheid ersetzte einen Beschluss der Kommunalpolitiker. Doch er hat nicht auf Ewigkeit Bestand.

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Ein Bürgerentscheid ersetzt in Hessen einen Beschluss der Kommunalpolitiker. Doch weder hat dieses Bürgervotum bis in die Ewigkeit Bestand, noch hindert es Bürger und Politiker, in späteren Jahren klüger zu werden oder im Lichte neuer Entwicklungen eine andere Entscheidung zu treffen.

Niemand bricht ein Tabu, der in Wiesbaden das Wort Straßenbahn in den Mund nimmt. Auch wenn FDP und FWG sofort das große Wehklagen anstimmen. Eine verantwortungsvolle Politik kennt auch beim ÖPNV keine "Ausschließeritis". Erst recht kennen derlei nicht auswärtige Verkehrsplaner, die nüchtern und ohne Rücksicht auf politische Empfindlichkeiten den keineswegs rund laufenden ÖPNV in Wiesbaden analysieren.

Die Planer haben ein optimiertes Bussystem entwickelt, das sich die Stadt vorerst nicht leisten kann. Aber auch die Basisvariante könnte zu vergleichbaren Kosten einige Verbesserungen für die Bürger bringen. Wenn diese die neuen Routenführungen erst einmal durchschaut und die neuen Bezeichnungen für Busse und Linien erst einmal gelernt haben.

Straßenbahn langfristig wichtig für Anbindung und Entwicklung

Dass Wiesbaden schon wieder reif für die Neuauflage einer hochemotionalen Straßenbahndebatte ist, darf bezweifelt werden. Die Analyse der Verkehrsplaner trifft dennoch den Kern der Misere. Zu Recht hat schon der frühere Chef des kommunalen Busunternehmens Eswe Verkehr darauf hingewiesen, dass die Ablehnung einer weitgehend vom Land finanzierten Straßenbahn ein großer Fehler war und Wiesbaden auf Perspektiven der Stadtentwicklung verzichtet hat. Im Stadtentwicklungskonzept wird die Schiene ausdrücklich als Rückgrat der Siedlungsentwicklung definiert.

Damit richtet sich der Blick auf das Ostfeld. Für den geplanten 27. Stadtteil liegt noch immer kein Konzept für eine Schienenanbindung vor. Eine Variante mit überlangen Bussen auf reservierten Fahrspuren sollte die Stadt von vorneherein ausschließen.

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Eine Mehrheit in Wiesbaden muss sich früher oder später mit dem Gedanken vertraut machen, dass es ohne Schiene nicht gehen wird. Statt reflexhafter Ablehnung der Straßenbahn muss es darum gehen, den größtmöglichen verkehrlichen Nutzen aus ihr zu ziehen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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