Darmstadt: Bei einem "antikolonialen Weihnachtsmarkt" in einer evangelischen Kirche in Darmstadt wurden Produkte mit Hamas-Symbolen verkauft. Nun entschuldigt sich der Pfarrer und sagt, dass die Aktivisten ihn getäuscht hätten.
Der Pfarrer der Darmstädter Michaelsgemeinde, in dessen Kirchengemeinde bei einem "antikolonialen Weihnachtsmarkt" Anhänger mit Symbolen der Terrororganisation Hamas verkauft wurden, bittet wegen der Vorfälle um Entschuldigung. In einer auf der Website der evangelischen Gemeinde veröffentlichten Stellungnahme schreibt Manfred Werner, der seit 2016 in der Kirche im Darmstädter Martinsviertel als Pfarrer arbeitet: "Ich bedaure zutiefst, dass es zu diesem Vorfall gekommen ist und habe Verständnis für die zurecht entstandene Empörung über diese Form der Menschenverachtung."
Landeskirche zeigt die Gemeinde an
Ein Aktivist hatte Fotos mit Produkten, die bei dem Weihnachtsmarkt angeboten wurden, auf der Plattform Facebook hochgeladen. Der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) und der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) hatten die Gemeinde daraufhin scharf kritisiert. Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ging auf Distanz und nannte die Bilddokumente und Berichte über den Markt "zutiefst verstörend". Die Leitung der Landeskirche hat in einer Stellungnahme begrüßt, dass die Jüdische Gemeinde in Darmstadt Straf gegen die Michaelsgemeinde gestellt hat. Sie selbst hat daraufhin ebenfalls eine gegen die Gemeinde wegen des Verdachts der Volksverhetzung gestellt.
Im Gespräch mit der F.A.Z. sagt der Pfarrer, dass er von den Aktivisten der Gruppe "Darmstadt 4 Palestine" getäuscht worden sei. Man habe ihm versichert, dass bei dem "antikolonialen Weihnachtsmarkt" auf das Leid von Menschen in Palästina und in Israel hingewiesen werden solle. Dass dort dann jedoch Symbole gezeigt wurden, die den Terror der Hamas verherrlichen, sei "menschenverachtend" und habe ihn "hellauf entsetzt". Das Vertrauen, das die Gemeinde den Beteiligten an dem Markt entgegengebracht habe, sei ausgenutzt wurden. Es wurden "Grenzen überschritten" und "widerliche Dinge ausgelegt".
Der Pfarrer wird beschimpft und bedroht
Seine Gemeinde stehe für Dialog, sagt Werner. Er wolle Räume schaffen, in denen Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten "miteinander und nicht gegeneinander ins Gespräch kommen". Für Antisemitismus aber sei in diesen Räumen kein Platz – genauso wenig wie für Islamfeindlichkeit und Rassismus.
Seit dem Bekanntwerden der Vorfälle beim Weihnachtsmarkt stehe er "enorm unter Druck", berichtet der Pfarrer. Er werde beschimpft und bedroht. Dass die Fotos der Hamas-Symbole im Internet veröffentlicht wurden, ohne dass er vorher darauf angesprochen wurde, ärgert Werner. Hätte man ihn gleich beim Markt darauf hingewiesen, hätte er direkt darauf reagiert, beteuert der Pfarrer: "Ich hätte das entfernen lassen und den Markt sofort beendet."
Werner fürchtet, dass der Vorfall "unser ganzes Projekt kaputtmachen könnte". Nun werde es noch schwerer, Dialoge anzustoßen, bei denen Menschen unterschiedlicher Meinung ins Gespräch kommen. Er werde sich deshalb bemühen, Vertrauen wieder aufzubauen. Gemeinsam mit dem Kirchenvorstand will der Pfarrer über das weitere Vorgehen beraten. In seiner Stellungnahme auf der Gemeinde-Homepage entschuldigt sich Werner bei der Jüdischen Gemeinde in Darmstadt, bei der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, bei der Kirchenleitung und den Mitwirkenden des Dialogforums der Gemeinde. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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