Wiesbaden - Hessen will vom nächsten Schuljahr 2025/2026 an die private Nutzung von Handys in Schulen grundsätzlich verbieten.

Mehr News aus Hessen finden Sie hier

Die Geräte sollen aber weiter dorthin mitgenommen werden dürfen. An weiterführenden Schulen können laut dem Bildungsministerium in Wiesbaden Ausnahmeregelungen eingeführt werden, etwa für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in bestimmten Räumen. Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) sprach insgesamt von geplanten "Smartphone-Schutzzonen".

Erlaubt bleiben soll von diesem August an in allen Jahrgangsstufen der Handygebrauch im Unterricht, wenn Lehrer oder Schulen dies gestatten. "Hierbei geht es beispielsweise um Unterricht in der Medienbildung", wie das hessische Bildungsministerium mitteilte. Private Handynutzung in Schulen soll es nur noch als begründete Ausnahme geben, etwa in Notfällen oder aus medizinischen Gründen. Die Pläne beziehen sich auch auf andere digitale mobile Endgeräte wie Smartwatches und Tablets - und stoßen teils auf Kritik.

Hessen als ein Vorreiter

Hessens Regierungsfraktionen von CDU und SPD wollen einen Gesetzentwurf zu den geplanten Handyregelungen an Schulen am kommenden Donnerstag (27.3.) in den Wiesbadener Landtag einbringen. Minister Schwarz, selbst früher Lehrer, erklärte: "Wir handeln jetzt in Hessen, weil es keine Zeit zu verlieren gibt, und setzen damit bundesweit Maßstäbe." Sein Ministerium ergänzte, außer Hessen habe hier vorerst nur Bayern ähnlich weitgreifende Regelungen an Schulen. Baden-Württemberg hatte am Mittwoch mitgeteilt, den Handygebrauch in Schulen einschränken zu wollen.

Lehrer sollen Handys einkassieren können

Bei Verstößen gegen die geplanten Beschränkungen in Hessen sollen Lehrer ein Smartphone in der Regel bis zum Unterrichtsende an einem Tag einkassieren können. Somit ließen sich etwa digitale Bustickets weiterhin für den Heimweg verwenden.

Schwarz betonte: "Unsere Schulen müssen geschützte Räume sein, in denen unsere Kinder und Jugendlichen frei von Ablenkung und Ängsten lernen können. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie sich eine ausufernde Smartphone-Nutzung mit teilweise verstörenden Inhalten auf Social Media weiter negativ auf die psychische Gesundheit und Lernfähigkeit junger Menschen auswirkt." Schülern müsse ein kompetenter Umgang mit modernen Medien beigebracht werden.

"Ständige Online-Präsenz schadet Beziehungen"

Vor allem mit Blick auf jüngere Schulkinder ergänzte Minister Schwarz: "Sie sollen in den Pausen wieder gemeinsam spielen und nicht alleine in der Ecke vor sich hin oder übereinander chatten." In der Schule lernten Kinder auch das soziale Miteinander. "Das kann nicht durch den Blick auf den Bildschirm ersetzt werden. Die ständige Online-Präsenz schadet den Beziehungen und verhindert echte Begegnungen", betonte Schwarz.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Hessen kommentierte: "Was nach einem großen Wurf klingt, ist bei näherem Hinsehen nur eine rechtliche Grundlage für das, was an den meisten Schulen längst gang und gäbe ist." Diesen sei aktuell die Regelung der Handynutzung überlassen. Die echten Herausforderungen der Schulen seien etwa Lehrermangel, schleppende Digitalisierung und Bürokratiewahnsinn - hier brauche es mehr Engagement.

Last der Entscheidung bei einzelnen Lehrern?

Auch die Grünen-Opposition im Landtag kritisierte: "Mit dem Gesetzentwurf wird letztendlich die Entscheidung für oder wider Handys im Unterricht der einzelnen Lehrkraft aufgebürdet." Die oppositionelle AfD-Fraktion forderte "landeseigene Vorgaben, auch um die Autorität der Lehrkräfte an unseren Schulen zu stärken". Die Grünen im Landtag monierten zudem, dass sich im Gesetzentwurf keine besondere Schutzregelung für Grundschulen finde.

Die Krankenkasse DAK in Hessen erklärte: "Mediensucht und die Dauerpräsenz von Handys sind bei Kindern und Jugendlichen zu einem dauerhaften und ernsten Problem geworden." Ein bloßes Handyverbot an Schulen greife aber zu kurz: "Wir sollten vielmehr offen über ein neues Schulfach Gesundheit diskutieren." Dabei könne es auch um gesunde Mediennutzung gehen.

Schülervertretung fordert Medienbildung bereits in Grundschulen

Die "Landesschüler*innenvertretung Hessen" forderte präzisere Regelungen für Handys in weiterführenden Schulen, klare Kriterien für die Notfallnutzung von Mobiltelefonen und verpflichtende Medienbildung schon ab der Grundschule. "Gerade zur Aufklärung über Gefahren in Sachen Cybermobbing, -Grooming, Hatespeech und digitalen Übergriffigkeiten ist die Verankerung im frühen Schulalter essenziell", betonte Landesschulsprecherin Nele Vogel.

Private oder schulische Nutzung von Handys?

Der Digitalverband Bitkom kritisierte mit Blick auf Handys an Schulen: "Eine Unterscheidung zwischen privater und schulischer Nutzung ist weder praktikabel noch von den Lehrkräften durchsetzbar." Statt pauschaler Verbote sollten Schulen dabei unterstützt werden, Medienkompetenz zu vermitteln und digitale Technologien sinnvoll in den Unterricht zu integrieren.

65 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren besitzen in Deutschland ein Smartphone, wie aus einer Bitkom-Studie vom Dezember 2024 hervorgeht. Weitere 4 Prozent haben demnach klassische Handys ohne Touchscreen.

Große Unterschiede je nach Alter

Bitkom zufolge gibt es starke Unterschiede zwischen den Altersgruppen: "Während von den 6- bis 9-Jährigen erst 17 Prozent über ein eigenes Smartphone verfügen, sind es von den 10- bis 12-Jährigen bereits drei Viertel (76 Prozent). Unter den 13- bis 15-Jährigen haben 90 Prozent ein Smartphone, ab 16 Jahren mit 95 Prozent nahezu alle."  © Deutsche Presse-Agentur

Tiktok
Die Videoplattform Tiktok ist bei vielen Mädchen und Jungen besonders beliebt. (Symbolbild) © dpa / Monika Skolimowska/dpa
Nachrichten aus anderen Regionen