F.A.Z. exklusiv: Der Vorstandschef des Verbands der Sparda-Banken und frühere FDP-Wirtschaftsminister Florian Rentsch wird neuer Beauftragter der hessischen Landesregierung für den Finanzplatz Frankfurt. Das ist eine Überraschung.

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Florian Rentsch wird nach Informationen der F.A.Z. am Montag zum neuen Sonderbeauftragten für den Finanzplatz Frankfurt berufen werden. Die Personalie ist eine Überraschung. Rentsch ist zwar der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Sparda-Banken und war bis 2014 Wirtschaftsminister des Landes Hessen sowie bis 2017 Fraktionsvorsitzender der FDP im Hessischen Landtag. Seine Partei befindet sich derzeit in Hessen allerdings in der Opposition. Die Regierung unter Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) wird von einer Koalition aus CDU und SPD getragen. Hier dürfte es einige Diskussionen gegeben haben. Doch hat sich am Ende wohl die Meinung durchgesetzt, dass man auf das Netzwerk und das politische Geschick von Rentsch in der Rolle nicht verzichten will, unabhängig von der Parteizugehörigkeit.

Die Sonderbeauftragten werden jeweils bis zum Ende der jeweiligen Legislaturperiode berufen und sind organisatorisch beim Ministerpräsidenten selbst angesiedelt. Der Koalitionsausschuss hat der Personalie schon zugestimmt, für Montag ist der noch fehlende Kabinettsbeschluss terminiert. Rentsch folgt in der Funktion auf Folke Mühlhölzer, der im Hauptberuf Geschäftsführer der HA Hessen Agentur ist, als Sonderbeauftragter für den Finanzplatz nach Meinung von Akteuren auf demselben aber nicht besonders aufgefallen ist.

Kampf gegen Commerzbank-Übernahme

Dem Posten kommt im von der Landesregierung unterstützten Abwehrkampf der Commerzbank gegen die Übernahme durch den italienischen Wettbewerber Unicredit nun aber eine sehr viel größere Bedeutung zu als bisher. Rhein hatte in einer Rede vor dem Landtag vor einigen Wochen angekündigt, er wolle ein Finanzplatzkabinett bilden, das sich darum kümmern soll, die Wettbewerbsfähigkeit des nicht nur für das Bundesland so bedeutenden Standorts zu erhalten und zu stärken. Nach allgemeiner Überzeugung in Frankfurt und Wiesbaden mangelte es bisher an einer klaren Strategie für den Finanzplatz; zuletzt hatte dieser Punkt in der Wirtschaftspolitik wohl eher eine untergeordnete Priorität.

Das Finanzplatzkabinett, das außer aus den zuständigen Ministern aus Vorstandsvorsitzenden hiesiger Banken, Vertretern der Börse und der Aufsichtsbehörden bestehen soll, wird nach bisherigen Ankündigungen im Lauf des ersten Quartals 2025 seine Arbeit aufnehmen. Doch ist durch die vorgezogene Bundestagswahl auch hier größere Eile notwendig. Rentsch soll deshalb nun zügig jene Strategie für den Finanzplatz erarbeiten, die es bisher nicht gibt, die nach Möglichkeit aber schon in Koalitionsverhandlungen für eine neue Bundesregierung eingebracht werden soll.

Aufgebaut werden kann dabei auf ersten Überlegungen der "Taskforce Finanzplatz", die unter Beteiligung des hessischen Finanzministers, des Wirtschaftsministers und des Chefs der Staatskanzlei vor einiger Zeit getagt hat und in der viele Personen vertreten sind, die auch dem Finanzplatzkabinett angehören sollen.

Rentsch wurde 1975 in Kassel geboren und galt in seiner Partei lange als Hoffnungsträger. Obwohl er seine politischen Ämter und Funktionen aufgegeben hat, ist er noch immer stark in ein politisches Netzwerk eingebunden, wie seine Berufung zeigt, auch deutlich über die FDP hinaus. Deren Kernanliegen beschäftigen ihn gleichwohl weiterhin: Seit 2018 gehört er dem Kuratorium der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit an.

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Mit Blick auf den Abwehrkampf der Commerzbank hat Rentsch tatsächlich etwas Zeit, mindestens bis zur Bundestagswahl. Denn Unicredit hatte bei der Vorlage der jüngsten Quartalszahlen Anfang November ihr Interesse an einer Übernahme der Commerzbank bekräftigt; eine Entscheidung werde aber "nicht vor einem Jahr fallen", sagte Andrea Orcel, der Vorstandsvorsitzende von Unicredit. Es sei nötig, mit allen Beteiligten der Commerzbank zu sprechen, dies werde einige Zeit in Anspruch nehmen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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