Gegen illegale Migration: Auch in Hessen sollen Geflüchtete monatlich nur noch 50 Euro Bargeld erhalten – Ausgaben begleichen sie ab Dezember mit einer Karte. Die Kosten dieser Systemumstellung sind noch unklar.
Ab Dezember werden in Hessen ankommende Flüchtlinge eine Bezahlkarte und somit nur noch 50 Euro Bargeld im Monat erhalten. Damit soll verhindert werden, dass Asylbewerber Schleuser bezahlen oder Geld in ihre Heimatländer senden. Wie hoch die Kosten für die Einführung des neuen Systems sind, lässt sich nach Einschätzung des hessischen Sozialministeriums derzeit nicht beziffern, weil das unter anderem davon abhänge, wie viele Flüchtlinge kommen. Die Städte und Landkreise haben Ende Oktober eine Anweisung erhalten, die Bezahlkarte einzuführen, und viele arbeiten mit Hochdruck daran. Auf lange Sicht werde die Karte Aufwand und Kosten der Städte sogar reduzieren, ist Sandro Zehner (CDU), Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises, überzeugt.
Mitte der Woche hatte Hessens Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) auf Anfrage der FDP mitgeteilt, dass ab Dezember die ersten Flüchtlinge mit der Bezahlkarte ausgestattet werden. Der damit beauftragte Finanzdienstleister, die Secupay AG, sollte laut Hofmann noch in dieser Woche den Auftrag erhalten und in etwa vier Wochen die ersten Bezahlkarten zur Verfügung stellen. Die Kosten für das Vergabeverfahren und das Bezahlkartensystem übernimmt das Land. Die Personalkosten, die die Städte und Landkreise wegen der Einführung haben, werden jedoch nicht vom Land getragen.
Damit die Einführung der Karte reibungslos funktioniert, hat das Land eine Koordinierungsstelle beim Regierungspräsidium in Gießen eingerichtet. Sie soll als Verbindungsstelle zwischen den Behörden und der Secupay AG dienen. Das Regierungspräsidium will zudem Informationen zur Bezahlkarte auf seiner Internetseite veröffentlichen.
Bezahlkarte funktioniert nicht im Ausland
Zuerst soll die Karte an die neu ankommenden Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Gießen ausgegeben werden. Im weiteren Verlauf erhalten auch dort bereits lebende Asylbewerber die Karte, und wenn diese später an die Städte und Landkreise verteilt werden, sollen sie die Karte mitnehmen. Im Ausschuss teilte Hofmann mit, dass der Betrag von 50 Euro als "Orientierung für eine einheitliche Handhabe" diene. Die Kommunen könnten je nach Situation jedoch höhere Beträge vereinbaren, um individuellen Lebenslagen Rechnung zu tragen. Die Bezahlkarte funktioniert laut Hofmann nicht im Ausland. Es handelt sich um eine Debitkarte ohne Kontobindung. Die Karte könne in allen Geschäften und an allen Terminals eingesetzt werden, die Visa-Karten akzeptieren. Um die Flüchtlinge vor Diskriminierung zu schützen, hat die Bezahlkarte ein neutrales Design. Wann alle Flüchtlinge über die Karte verfügen, lässt sich laut Ministerium noch nicht einschätzen.
"Wir sind dabei, die operativen Themen und Fragen aufzuarbeiten sowie unsere internen Prozesse und die Anknüpfung an das System auf den Weg zu bringen", sagte Zehner. Noch habe er jedoch keine Informationen, wann die Karten ausgeliefert werden. Daher sei es derzeit nicht möglich, einen fixen Termin für die Ausgabe der Karten im Rheingau-Taunus-Kreis zu nennen. Der Landkreis werde die Karte mit 50 Euro ausstatten, so Zehner weiter.
Im Rheingau-Taunus-Kreis wurde kein zusätzliches Personal für die Einführung eingestellt. "Für uns ergeben sich durch den Einsatz des Systems perspektivisch interne Effizienzgewinne, sodass die Kollegen dann mehr Zeit haben, andere Aufgaben zu erledigen", sagte der Landrat. Höhere Personalkosten erwartet er durch den Einsatz der Bezahlkarte folgerichtig nicht. Politisch geht Zehner davon aus, dass das Geld, das eigentlich zur Absicherung des Existenzminimums gedacht ist, nicht mehr für andere Zwecke missbraucht wird. "Ich sehe die Einführung dieser Bezahlkarte absolut positiv", stellte er klar.
"Ein wichtiger Aspekt" zur Begrenzung illegaler Migration
Auch im Landkreis Limburg-Weilburg ist die Information der Landesregierung eingetroffen und wird nach Auskunft von Landrat Michael Köberle (CDU) derzeit durch den Fachdienst Migration und Integration ausgewertet. Köberle begrüßt die Einführung der Karte und teilte auf Anfrage mit: "Die Bezahlkarte ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Begrenzung der illegalen Migration geht, und entlastet die Kommunen bei Verwaltungsaufgaben." In Wiesbaden wird offenbar ebenfalls daran gearbeitet, die Bezahlkarte zügig einsetzen zu können. Nach Auskunft der Stadt bereite die Fachverwaltung aktuell einen "ausführlichen Bericht" vor, der am nächsten Mittwoch fertig sein soll. Dieser Bericht binde die Kapazitäten der damit beauftragten Mitarbeiter, sodass die Stadt derzeit keine weiteren Auskünfte dazu erteilen könne.
Im Hochtaunuskreis ist die hauptamtliche Kreisbeigeordnete Antje van der Heide (SPD) für die Einführung der Bezahlkarte zuständig. Der Landkreis ist dabei, die Karten zu bestellen, die er voraussichtlich benötigt. "Wir planen, die Einführung mit unserem bestehenden Personal zu stemmen. Allerdings warten wir noch auf eine Schulungsveranstaltung, nach der wir wissen werden, welcher Aufwand auf uns zu kommt", sagte sie.
Van der Heide hofft wie Zehner, dass der Aufwand dauerhaft sinkt. Die Beigeordnete rechnet damit, dass die neuen Karten im Laufe des ersten Quartals 2025 ausgegeben werden können. "Wir müssen handlungsfähig sein, weil wir dann wahrscheinlich auch die ersten Flüchtlinge mit Bezahlkarte aus der Erstaufnahmeeinrichtung bei uns begrüßen dürfen", führte sie weiter aus. Auch der Hochtaunuskreis wird sich an die 50-Euro-Empfehlung halten, aber in Sonderfällen eventuell höhere Beträge zulassen. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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