Auf seinem Oberkörper waren die Abdrücke des Sicherheitsgurtes noch deutlich erkennbar, als Polizisten einen 15-jährigen Schüler nach einem Autounfall in Marienburg nahe der Unfallstelle fanden.

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Er war schwer verletzt. Laut Polizei soll der Jugendliche kurz zuvor am Steuer eines VW waghalsig über den Bayenthalgürtel gerast, rote Ampeln missachtet und auf Höhe der Bernhardstraße gegen einen Poller und in drei geparkte Autos gekracht sein. Er flüchtete zu Fuß, aber weit kam er nicht. Ein Drogenschnelltest ergab, dass der 15-Jährige wohl Cannabis konsumiert hatte.

Der Unfall Anfang Mai voriges Jahr nachts um 3.45 Uhr war einer von insgesamt 141 im Vorjahr, bei denen Autofahrer unter Drogeneinfluss standen, die meisten unter Cannabis. 91 Menschen verunglückten dabei, neun von ihnen schwer. Das sind doppelt so viele Verletzte bei Unfällen unter Rauschgifteinfluss wie noch drei Jahre zuvor – ein Negativrekord für Köln.

Unter anderem mit gezielten Verkehrskontrollen will die Polizei das Phänomen bekämpfen. Bei Präventionsaktionen wie zum Beispiel am Montag auf dem Rudolfplatz kommen auch so genannte Rauschbrillen zum Einsatz, sie simulieren die Auswirkungen von Medikamenten, Drogen oder Alkohol auf die Verkehrstüchtigkeit. "Alles, was einen klaren Kopf vernebelt, gehört nicht in den Straßenverkehr", sagt Frank Wißbaum, Leiter der Direktion Verkehr bei der Polizei.

Alles, was einen klaren Kopf vernebelt, gehört nicht in den Straßenverkehr

Frank Wißbaum, Leiter Verkehrsdirektion Polizei Köln

Obwohl die Statistik für 2024 eine gewisse Entspannung der Unfall-Lage in Köln nahelegt, wolle er die neuen Zahlen "ganz bewusst nicht als Erfolg verkaufen", betonte Wißbaum. Zwar gibt es einen Rückgang in nahezu allen Bereichen, doch der ist teilweise nur marginal. Knapp zwei Prozent weniger Unfälle insgesamt, zehn Tote weniger, 25 verunglückte Radfahrer weniger oder sieben verletzte Kinder weniger bedeuten immer noch: alle 13 Minuten ein Verkehrsunfall, 15 Todesopfer im Jahr, sechs verletzte Radfahrer pro Tag und jeden Tag ein verunglücktes Kind. Die Statistik bewegt sich – mit Ausnahme des Corona-Jahres 2021 – seit Jahren auf einem in etwa gleichbleibend hohen Niveau.

Dasselbe gilt für die Unfallzahlen auf den Autobahnen um Köln. Auch sie sind leicht gesunken (von 10.861 auf 10.752). Allerdings verunglückten elf Prozent mehr Autofahrer als im Vorjahr, insgesamt 2046.

Eines, sagte Wißbaum, hätten alle 47.150 Unfälle voriges Jahr in Köln und auf dem Autobahnring gemeinsam: "Irgendjemand hat einen Fehler gemacht." Während zu hohes Tempo, zu geringer Abstand und Fehler beim Abbiegen die Hauptunfallursachen waren, die Autofahrer gesetzt haben, verschuldeten Radfahrer Unfälle vor allem, weil sie zum Beispiel entgegen der Fahrtrichtung unterwegs waren, zu schnell fuhren oder die Vorfahrt missachteten. Fußgänger überquerten dagegen oft die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten oder gingen bei Rot. "Rote Ampeln werden vielfach nicht mehr richtig ernst genommen, das sollte anders sein", sagte Wißbaum.

Weiterhin besonders gefährlich leben E-Scooter-Fahrer, die unachtsam oder betrunken durch die Stadt fahren. Oder beides. Im Schnitt alle 24 Stunden sei voriges Jahr ein E-Scooter-Fahrer verletzt worden, teilte Polizeipräsident Johannes Hermanns mit. Mehr als 80 Prozent aller Unfälle mit E-Roller-Beteiligung waren selbstverschuldet.

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Und manchmal treffen fatalerweise gleich mehrere Fehler zusammen. Wißbaum erinnert sich an einen besonders dramatischen Unfall drei Tage vor dem ersten Fußball-EM-Spiel in Köln vorigen Sommer. Ein "junger, wilder" Motorradfahrer sei nur auf dem Hinterrad über den Habsburgerring gefahren. "Der hat die Sau rausgelassen, könnte man sagen, der hat sich einen Spaß daraus gemacht, so zu fahren, wie weder das Krad noch die Straßenverkehrsordnung es vorsehen. Das war eine falsche Entscheidung." In Höhe der Pilgrimstraße fuhr der 20-Jährige eine Fußgängerin an, die bei Rot die Straße überquerte. Die 37-Jährige starb, sie hinterließ ein Kind.

Die wichtigste Botschaft, die Frank Wißbaum zum Schluss verbreiten möchte, klingt so simpel wie effektiv: "Halten Sie sich an die Verkehrsregeln."  © Kölner Stadt-Anzeiger