E-Fuels und Bio-Diesel: Der Verband der Mineralölhändler will mit alternativen Brennstoffen grüner werden. Groß ist die Hoffnung, dass die neue Bundesregierung die Weichen dafür stellt.

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In zwei von drei Wohngebäuden in Hessen steht noch eine Öl- oder Gasheizung im Keller. Das Interesse daran ist weiterhin groß. Vor allem im vergangenen Jahr, als sich viele Hauseigentümer aus Furcht vor Einschränkungen durch das Gebäudeenergiegesetz noch schnell eine neue Heizung einbauen ließen, sind die Absatzzahlen in Deutschland auf einen Rekord von rund 1,3 Millionen Heizungen gestiegen. Den Löwenanteil machten dabei Gas- und Ölheizungen aus.

In diesem Jahr halten sich Verbraucher dagegen zurück. Der Verband für Energiehandel Südwest-Mitte (VEH), der die Interessen von rund 350 vorwiegend mittelständischen Brennstofflieferanten in Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, dem Saarland und Thüringen vertritt, führt dies auf die allgemeine Verunsicherung wegen des sogenannten Heizungsgesetzes zurück.

Preise derzeit auf stabilem Niveau

Preislich brachte die Entscheidung für eine neue Ölheizung bislang keinen Nachteil. Nach einer Erhebung des Verbandes an einem Stichtag im Oktober waren nur das Heizen mit Pellets mit umgerechnet 5,08 Cent pro Kilowattstunde günstiger als Heizöl (9,3 Cent). Laut VEH-Präsident Friedhelm Funke hat sich die Situation in diesem Jahr entspannt. Die Preise hätten sich auf einem stabilen Niveau eingependelt, sagte er am Dienstag bei einem Pressegespräch. Aktuell koste der Liter etwa einen Euro, abhängig von Region und Abnahmemenge. In Hessen konnte man am Dienstag Heizöl bei einer Abnahmemenge von 3000 Liter auch für rund 92 Cent finden.

Eile bei der Bevorratung ist laut Funke nicht geboten. Zwar sei die Markt weiterhin volatil, "doch ich erwarte nicht, dass Öl deutlich teurer wird im nächsten Jahr". Analysten erwarteten eher ein Überangebot in den nächsten beiden Jahren auf dem Weltmarkt.

Die Bepreisung von CO2 für Heizöl ist laut Funke im Moment noch vernachlässigbar. In diesem Jahr liegt der Anteil bei 14,33 Cent den Liter, steigt im nächsten Jahr aber auf 17,52 Cent. Die Kosten für ein Einfamilienhaus mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch (etwa 2000 Liter Verbrauch) steigen damit um 350 Euro im Jahr.

Alternative Brennstoffe: "Auch alte Geräte vertragen es"

Funke sagte, er unterstützte die nationalen Klimaziele, aber die Wärmewende müsse so gestaltet werden, dass sie für alle "machbar und bezahlbar" sei. Der Verband fordert seit jeher technologieoffene Lösungen, die auch den Einsatz klimaschonender Alternativen im Heizungskeller ermöglichen. Diese sieht der Verband etwa in der Beimengung von Dieselkraftstoffen, die aus hydrierten pflanzlichen Rest- und Abfallstoffen hergestellt werden, auch bekannt als HVO 100 oder Biodiesel. An Tankstellen darf damit schon seit Juni getankt werden. Die meisten Dieselfahrzeuge sind dafür zugelassen. Eine andere Lösung sieht der Verband in klimaneutralen E-Fuels, das sind synthetische Kraftstoffe, die mit erneuerbarem Strom aus Wasser und CO2 hergestellt werden.

Diese Stoffe müssten als "zentrale Bausteine einer sozialverträglichen und praxistauglichen Energiepolitik" im Gebäudeenergiegesetz "endlich die entsprechende Anerkennung erhalten", so Funke. Konkret gehe es darum, dass beide Alternativen auch für den Wärmemarkt zugelassen werden sollten, was im Moment noch nicht der Fall sei. Der Verband verweist auf die vorhandene Infrastruktur, für die keine neuen Investitionen nötig seien.

Schon jetzt könnten Ölheizungen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus mit Brennstoffen betrieben werden, die klimaneutral seien, machte Funke deutlich. Technisch sei das kein Problem. "Auch alte Geräte vertragen es", so Funke. Neuere Kessel seien ohnehin darauf ausgerichtet – zu erkennen am Label "Greenfuels ready". Das bestätigt Henrik Schäfer, Energiehändler und Vizepräsident des VEH aus Singen. Er testet den Brennstoff HVO 100 zu hundert Prozent in einem Feldversuch und berichtet von einem einwandfreien Betrieb. Bioheizöl kostet 10 bis 15 Prozent mehr als konventionelles Heizöl, das sind 8 bis 10 Cent mehr den Liter. Der Verband fordert, dass die Mengen im Kessel wie an der Tankstelle von der CO2-Bepreisung ausgenommen werden.

Produktion von E-Fuels in wind- und sonnenreichen Regionen

Von Knappheiten bei den alternativen Brennstoffen, die der Verband bei einem Pressegespräch im Mai noch eingeräumt hatte (Zitat Funke: "Das ist im Moment alles noch ein bisschen Zukunftsmusik"), war am Dienstag kaum noch die Rede. Die Menge von Restabfällen für Biokraftstoffe sei zwar "eine limitierte Größe", sagte Schäfer, doch jeder Brennstoffhändler habe ihn schon verfügbar. In dem Moment, in dem die Stoffe anerkannt seien und der "Business-Case" eintreffe, sei das ein Signal für die Investoren. Wenn man damit Geld verdienen könne, steige auch das Interesse der Produzenten, so Schäfer.

"Wir arbeiten zurzeit mit Produzenten daran, dass wir diese Stoffe flächendeckend zur Verfügung haben", sagte Funke. "Ein Hochlauf würde relativ schnell gehen." Chancen für die Produktion für E-Fuels sieht Funke vor allem in wind- und sonnenreichen Regionen. "Wir sollten die Chance nutzen, grünen Strom zu importieren."

Der Verbandspräsident glaubt nicht daran, dass die neue Bundesregierung Gebäudeenergiegesetz auf null zurückdreht. "Für mich stellt sich aber die Frage, wie praxistauglich man es macht." Wenn Verbraucher mehr Zeit bekämen, erhöhe dies auch die Akzeptanz der Gesetzgebung.

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Das gilt bisher für Hauseigentümer

Wer eine funktionierende Ölheizung im Keller hat, darf diese vorerst weiter nutzen. Sogar künftig ist der Einbau neuer Heizungen für flüssige Brennstoffe noch möglich, allerdings müssen diese neu installierten Anlagen nach dem Gebäudeenergiegesetz zu Teilen mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Dafür kommen flüssige Energieträger wie E-Fuels in Frage – als einziger Energieträger oder in Kombination mit anderen erneuerbaren Energien. Dafür gibt es Übergangsfristen, die eng mit den Wärmeplänen zusammenhängen, in denen Kommunen darlegen, wie viele Haushalte sie über Fernwärme versorgen können.Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen diese Aufgabe bis 2026 erledigen, kleinere haben zwei Jahre länger Zeit. Liegt zum Zeitpunkt des Heizungstausch noch keine solche Planung vor, muss frühestens 2029 mit der Beimischung von E-Fuels begonnen werden (15 Prozent), von 2040 an sind dann 60 Prozent vorgeschrieben. Gibt es bereits einen Wärmeplan, sind 65 Prozent bis spätestens fünf Jahre nach der Heizungsmodernisierung vorgeschrieben. Das ist der aktuelle Stand. Offen ist, ob sich die neue Bundesregierung das Gebäudeenergiegesetz noch einmal vorknöpfen wird.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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