Händels Oper "Partenope": George Petrou dirigiert und Julia Burbach inszeniert im Bockenheimer Depot die Frankfurter Erstaufführung der Oper "Partenope" von Händel. Es soll lustig zugehen – vor allem anfangs.
Händels Oper "Partenope", die am 10. November im Bockenheimer Depot als Produktion der Oper Frankfurt im Bockenheimer Depot ihre hiesige Erstaufführung erlebt, ist kaum bekannt, markiert aber in Händels Schaffen einen stilistischen Wandel. Der hoch produktive und umtriebige Komponist, der zur Entstehungszeit in London das aktiengestützte Opernunternehmen der Royal Academy of Music im King’s Theatre am Haymarket künstlerisch leitete, ließ sich dazu von einem neuen Trend aus Italien inspirieren: dem "stile galante nach Art der Opern von Porpora, Leo, Vinci und Hasse", erläutert der griechische Dirigent und Händel-Experte George Petrou, der die Frankfurter Produktion leitet.
Dieser "neue, leichtere Stil der neapolitanischen Oper" sei gekennzeichnet durch lange, reich verzierte Melodielinien, eine einfachere, homophone Begleitung der Arien und einen lebendigen Klang, sagt der künstlerische Leiter des Armonia Atenea Orchesters und der Göttinger Händel-Festspiele: "Als kluger und pragmatischer Theatermann hat Händel Elemente davon adaptiert und zu einer eigenen Sprache geformt".
Studieren konnte Händel den neuen Stil 1728 bei einem Aufenthalt in Italien, zu dem er allerdings notgedrungen aufgebrochen war. Sein Opernunternehmen war in finanzielle Schieflage geraten, drei große Sängerstars, darunter der berühmte Kastrat Senesino, waren nach Italien zurückgekehrt. Nun suchte und fand der gut vernetzte Komponist neue Sänger und Anregungen.
"Die Titelfigur wird als eine Art Erzählerin auftreten"
Das schien nötig, weil die Zuschauer ausgeblieben waren, und hing in London konkret mit einer erfolgreichen Persiflage der italienischen Oper durch ein Konkurrenzunternehmen zusammen. Wie Regisseurin Julia Burbach beschreibt, die mit der Rarität von Händel ihr Debüt in Frankfurt gibt, hatte die 1728 von einem gerade gegründeten Team singender Schauspieler uraufgeführte "Beggar’s Opera" mit dem Text von John Gay und der Musik von Johann Christoph Pepusch als englischsprachige "Ballad Opera" das Publikum abspenstig gemacht. Das Stück ist bis heute bekannt als Vorlage der "Dreigroschenoper" von Bert Brecht.
Diese Vorgeschichte und Verbindung sei ihr noch gar nicht bewusst gewesen, als sie ihr erstes grundlegendes Regiekonzept entwickelt habe, sagt Burbach. Das aber sollte von Anfang an "Partenope" aus zwei Richtungen angehen, von der Antike und von Brechts Epischem Theater her. "Die Titelfigur wird bei uns als eine Art Erzählerin auftreten", verrät die Regisseurin.
Die im Libretto von Silvio Stampiglia als Königin von Neapel auftretende Figur, die aus Sicht der Regisseurin etwas statisch angelegt ist, soll so dem Publikum näherkommen und zugleich als reale Frau als auch mythologische Gestalt verstehbar werden. Denn Partenope ist in verschiedener Ausprägung nach der griechischen und römischen Mythologie ursprünglich eine Sirene und die Schutzpatronin Neapels oder die Geliebt des Zentauren Vulcan, die von Jupiter in die Stadt verwandelt wird.
"Ein Showpiece" das Spaß machen soll
In Händels komödienhafter Oper allerdings steht sie als Königin und Politikerin vor der Wahl zwischen drei Männern, die sie heiraten wollen. Das sind Emilio, "ein protziger Kriegsheld", so Burbach, "der schüchterne Armindo" und Partenopes Favorit Arsace. Der jedoch ist schon verlobt mit Rosmira, die ihn zurückgewinnen möchte und deshalb als Fürst Eurimene verkleidet am Hof erscheint. Arsace erkennt Rosmira, verrät sie aber nicht, und am Ende steht eine unerwartete Doppelhochzeit: Arsace bleibt bei seiner ersten Wahl, Partenope heiratet den schüchternen Armindo.
Die Story sei damit "dünner" als die der bekanntesten Opern Händels, doch gerade dadurch "biegsam" und dramaturgisch funktionell, findet Burbach. Gerade das und dass sie so vielseitig inszeniert werden könnten, mache Händels Opern so modern. "Partenope" sieht sie dabei durchaus als "ein Showpiece", das Spaß machen und lustig sein solle. "Aber es gibt innerhalb der Satire auch immer Menschlichkeit", sagt die Regisseurin, die Opern aller Genres und auch schon Wagners "Ring" mehrfach inszeniert hat.
Für die emotionale Bindung der Zuschauer sorgten anstelle der Titelfigur Partenope am stärksten Arsace und Rosmira. Angesiedelt sein werde im Depot alles auf einer Drehbühne als zeitloses Spiel "im Nirgendwo und Irgendwo", anfangs "überdekoriert und "überdreht", zum Ende hin reduzierter und konzentrierter als "Komödie mit Tiefgang".
Partenope: Bockenheimer Depot, Premiere 10. November, 19 Uhr, nächste Aufführungen am 12., 14., 16. und 20. November. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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