• Auf die deutsch-französische Achse kann Europa auch künftig bauen.
  • Das ist die klare Botschaft des neuen Kanzlers Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Macron nach einem ersten Treffen in Paris.
  • Dabei gab es gleich einiges zu besprechen.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat beim Antrittsbesuch des neuen Kanzlers Olaf Scholz (SPD) die Bedeutung Deutschlands für die Europäische Union gewürdigt. "Deutschland war und ist immer sehr wichtig für die Entwicklung unserer Gemeinschaft", sagte die CDU-Politikerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz in Brüssel.

Die deutschen Kanzler und die deutsche Kanzlerin hätten immer einen sehr prägenden Einfluss. "Deshalb ist Ihr frühzeitiger Besuch hier bei der Europäischen Kommission für uns alle ein sehr ermutigendes Signal." Scholz sagte: "Deutschland ist eine sehr europäische Nation." Die deutsche Politik "muss sich unmittelbar verantwortlich fühlen für den Fortschritt in Europa".

Scholz und von der Leyen saßen gemeinsam in zwei Bundeskabinetten unter der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wir kennen uns ja persönlich schon seit einigen Jahren und haben gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet", sagte von der Leyen. "Und das hilft jetzt natürlich auch in der neuen Rolle."

Scholz bei Antrittsbesuch in Paris

Beim Antrittsbesuch in Paris hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ebenso wie Staatschef Emmanuel Macron den Willen zur engen deutsch-französischen Zusammenarbeit bekräftigt. "Es geht darum, wie wir Europa stark machen können, die europäische Souveränität in all' den Dimensionen, die dazugehören. Da geht es um ökonomische Fragen, um Sicherheitsfragen und Fragen der Außenpolitik", sagte Scholz bei dem Treffen im Elyséepalast am Freitag. "Wichtig ist, dass wir da gleichgerichtet agieren, dass wir miteinander zusammenarbeiten", so Scholz.

Macron sagte, die enge Kooperation beider Länder solle wie schon mit Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) weitergehen. "Wir haben den Willen manifestiert zusammenzuarbeiten." Bei der Begegnung sei ein solides Fundament für die Zusammenarbeit beider Länder, auch mit Blick auf Europa und internationale Themen, gelegt worden. Gleich Anfang Januar übernimmt Frankreich turnusmäßig den EU-Ratsvorsitz - da war Macron nach dem Regierungswechsel in Berlin an Kontinuität der wichtigen deutsch-französischen Achse und Rückhalt für seine vielfältigen europäischen Projekte besonders gelegen.

Der Antrittsbesuch in Paris zwei Tage nach seiner Amtsübernahme war der erste für Scholz. Macron empfing ihn am Mittag im Elyséepalast - Lammkotelett, Gemüse in Arganöl und Trüffel mit Elysée-Kartoffeln und ein Blätterteig-Dessert standen auf der Speisekarte. Anschließend wollte Scholz sich bei der Europäischen Union und bei der Nato in Brüssel vorstellen.

Der Kanzler und seine zehnköpfige Delegation starteten am Vormittag mit dem Regierungs-Airbus "Theodor Heuss" nach Paris. Scholz kennt den Flieger schon von seinen Reisen als Vizekanzler und Finanzminister. Schon vor seiner Wahl zum Kanzler hatte er angekündigt, dass seine erste Auslandsreise nach Paris zu Macron gehen würde. "Wir treffen uns, um eine gemeinsame Strategie mit Frankreich zu entwickeln", sagte er vor seinem Abflug.

Scholz appellierte im Ukraine-Konflikt an Russland

Macron hatte am Mittwoch in seiner Gratulation an Scholz auf Twitter ebenfalls die deutsch-französische Zusammenarbeit für Europa beschworen. "Das nächste Kapitel werden wir zusammen schreiben. Für die Franzosen, für die Deutschen, für die Europäer", schrieb er.

Dass sie an einem Strang ziehen wollen, auch wenn der Blickwinkel nicht immer identisch ist, zeigten Scholz und Macron nach der Begegnung, als sie zu Investitionen zur Überwindung der Corona-Krise und Haushaltsdisziplin gefragt wurden. Während Macron für eine Lockerung der strikten Maastricht-Kriterien für Zukunftsinvestitionen warb, meinte Scholz, es sei möglich, beides gleichzeitig zu erreichen, man werde zu gemeinsamen Konzepten kommen.

Im Ukraine-Konflikt appellierte Scholz an Russland, die Unverletzlichkeit der Grenzen zu akzeptieren. "Es geht nicht nur um Macht, es geht auch um Prinzipien, die für alle miteinander verbindlich sind." Macron warnte vor einer Eskalation und sprach sich gegen das Verbreiten sich am Ende selbsterfüllender Prophezeiungen aus. Wichtig sei die Stabilität der Ukraine.

Bei der Frage eines möglichen diplomatischen Boykotts der Olympischen Winterspiele in Peking wegen Menschenrechtsverletzungen in China sprachen Scholz und Macron von der Notwendigkeit eines abgestimmten Vorgehens. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, so Scholz. Macron verwies auf seine Äußerungen vom Vortag. Er hatte da deutlich gemacht, dass er einen diplomatischen Boykott für nicht hilfreich hält.

Bislang haben sich Länder wie Kanada und Großbritannien einer US-Initiative angeschlossen, die vorsieht, keine Regierungsvertreter zu den Winterspielen vom 4. bis zum 20. Februar 2022 zu entsenden. China steht wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Uiguren und Tibetern, wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong und Drohungen gegen Taiwan in der Kritik.

Der erste Antrittsbesuch von Kanzlern und Kanzlerinnen geht traditionell nach Frankreich. Gerhard Schröder war 1998 sogar schon vor seiner Wahl zum Regierungschef in Paris. 2005 flogen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr damaliger Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gemeinsam nach Paris und dann nach Brüssel.

Baerbock bereits am Donnerstag in Paris

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besuchte Paris und Brüssel bereits am Donnerstag. Ein starkes Europa brauche starke deutsch-französische Impulse, sagte auch sie. 100 Prozent Harmonie gab es bei ihrer Visite aber nicht. Baerbock bekräftige ihre Ablehnung der französischen Pläne zur Einstufung von Atomkraft als "grüner" Energie: "Dass wir zu der Frage Nuklear unterschiedliche Positionen haben, das ist ja bekannt", sagte sie.

Scholz sagte zu der Frage, die Ansätze zur Bewältigung des Klimawandels seien überall auf der Welt unterschiedlich. Es gehe darum, "eine Kraft zu schaffen, die es möglich macht, jeweils unterschiedlich auf das gleiche Ziel zuzumarschieren, aber gleichzeitig auch etwas zu schaffen, auf das man sich miteinander verständigen kann".  © dpa

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