Ein toter Student und lauter Geständige. Thiel und Boerne ermitteln im Uni-Milieu. Aber lauter junge Leute machen noch keinen jugendlichen Krimi.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Iris Alanyali dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Professor Boerne singt wie eine Nachtigall: "Fiderallala, fiderallala, fiderallalalala! Der Auerhahn, der Auerhahn, das ist der werte Herr Kaplan..." Er tanzt, er dirigiert, seine Studenten stampfen und klatschen im Takt dazu, und hier, im abgedunkelten "Club Meds", wie die Mediziner ihren Partykeller nennen, da klingt das Lied von der "Vogelhochzeit" richtig cool.

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Es ist die schönste Szene in "Fiderallala", und nicht ohne Grund heißt der "Tatort" nach ihr. Denn es geht im neuen Fall aus Münster um Boernes Auftritt, es geht um Boernes und Thiels Freundschaft, und es geht um ihren Streit, der in einer nächtlichen Eskapade des Professors seinen Ursprung hat.

Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) hat Kommissar Thiel (Axel Prahl) auf die nächtliche Medizinerparty gelockt. Es spielt laute Musik, es tanzen viele junge Leute und es gibt, dem Anlass entsprechend, Getränke, die einer Medizinerparty würdig sind: THC in Reagenzgläsern zum Beispiel, also flüssiges Marihuana. Während sich Frank Thiel auf Bier und Beobachtung beschränkt, kippt Boerne nichts ahnend mehrere Gläser Cannabis-Öl und hat mehr Spaß, als ihm am nächsten Tag lieb sein wird.

Mordmotiv Wohnungsnot

An diesem nächsten Tag wird ermittelt – natürlich genau dort, wo die beiden Ermittler gefeiert haben. Barkeeper und Soziologiestudent Chris (Jonas Stenzel) liegt tot in der Abstellkammer bei den Getränken. Weil Chris Zugang zur Wohnbörse hatte und studentischer Wohnraum in Münster so knapp ist, dass Kommilitoninnen wie Kim (Bineta Hansen) in Zelten schlafen müssen, ist das erste Mordmotiv schnell gefunden. Fraya (Meira Durand) wollte ebenfalls ein Zimmer, um von ihrer dominanten Mutter (Solveig Menke Adina Vetter) wegzukommen, und sie hatte in der Nacht nicht nur Sex mit Chris, sondern außerdem einen Streit.

Auch der Streit zwischen Thiel und Boerne dreht sich bald um Wohnraum: Boerne ist so wütend auf Thiel, seinen peinlichen Partyauftritt nicht gestoppt zu haben, dass er ihm die Wohnung kündigen will. Versöhnungssex zwischen den beiden gibt es leider nicht. Das brächte mal neuen Schwung in die Ernie-und-Bert-Freundschaft der beiden.

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Mehr Gags als Spannung

Denn ansonsten ist "Fiderallala" eindeutig einer dieser Münster-"Tatorte", der Fans glücklich machen und Verächter auf die Palme bringen wird. Ja, es gibt Tote, ja, es gibt Polizeiarbeit, vor allem aber gibt es viel beleidigte Keiferei zwischen Thiel und Boerne und eine überkonstruierte Krimihandlung, die nur dazu da ist, damit die beiden möglichst lustig und launig ihr spezielles Verhältnis und ihre speziellen Ermittlungsmethoden präsentieren können.

Wobei die Ermittlungen sich erst einmal darauf konzentrieren, dass man den Geständigen, die plötzlich fast reihenweise auf dem Kommissariat auftauchen, ihre falschen Geständnisse wegbeweisen muss. Diese eher ungewöhnliche Investigationsrichtung könnte in einem Krimi ja tatsächlich ganz unterhaltsam sein: Anstatt sich auf die Suche nach der Tatperson zu konzentrieren, müssen Thiel und Boerne sich mit unschuldigen Lügnern aufhalten. Wenn es nur nicht so forciert wirken würde – der Aufwand der Überführung steht in keinem Verhältnis zur Absurdität der Behauptungen.

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Thiel kommt sein Fußballwissen zur Hilfe, was zwar platt ist, aber immerhin kurz und schmerzlos erzählt werden kann. Boerne dagegen, der natürlich rein wissenschaftlich vorgehen will, führt ein Psychoexperiment an seinen Studenten durch, um das Geheimnis der falschen Geständnisse zu enthüllen. Eine Schlüsselszene, die – anders als die Fiderallala-Einlage – aber so behäbig inszeniert ist, dass das Experiment ungefähr so wissenschaftlich wirkt wie eine Jahrmarktshow; ein Boerne als fuchtelnder Mentalmagier in Frack und Zylinder wäre da passender.

Altbacken trotz Partylicht

Für eine gute Komödie ist das Timing von "Fiderallala" einfach nicht gut genug. Nach "MagicMom" und "Unter Gärtnern" ist es der dritte Münster-"Tatort" von Autorin Regine Bielefeld, Regie führte Isa Prahl. Doch während "Unter Gärtnern" ein Glanzstück war, erinnert "Fideralla" eher an den Influencerinnen-Fall "MagicMom": Ein Schmunzelkrimi, dessen jugendliches Milieu nichts gegen die altbackene Grundstimmung ausrichten kann.