Mainz - Für die Tötung ihrer 15 Jahre alten Tochter im Rhein bei Worms soll ein afghanisches Elternpaar nach dem Willen der Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes bekommen.
Rund anderthalb Monate nach dem Auftakt des Verfahrens vor dem Landgericht Mainz sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft, der angeklagte Sachverhalt habe sich vollumfänglich bestätigt.
Auch der Verteidiger des 40 Jahre alten und geständigen Vaters räumte ein, sein Mandant sei wegen Mordes zu verurteilen, ein genaues Strafmaß nannte er nicht. Die Anwältin der 34-jährigen Mutter plädierte dafür, von einer Verurteilung ihrer Mandantin wegen Mordes abzusehen. Die Rolle der Frau könne auch als Beihilfehandlung durch Unterlassen gewertet werden.
Von Herat nach Pirmasens
Es geht um eine Tat vom 15. Juni 2024. An dem Tag soll das im afghanischen Herat geborene Ehepaar, das drei weitere Kinder hat, die Tochter in Worms-Rheindürkheim umgebracht haben, nach Monaten familiärer Konflikte. Die Tochter hatte immer wieder die Schule geschwänzt, Drogen genommen, war ihre Mutter körperlich angegangen. Am Tattag sollen dem Opfer mehrere Tabletten Tramadol - ein synthetisches Opioid zur Behandlung von Schmerzen - gegeben worden sein.
Dann fuhren, wie auch die Beweisaufnahme ergab, Vater, Mutter und Tochter mit dem Auto über mehrere Stationen von der Wohnung in Pirmasens nach Worms, wo die Familie früher einmal gewohnt hatte. Am Rhein soll der Vater alleine mit der Tochter zum Fluss gegangen sein, die 15-Jährige geschlagen, mit einem zuvor von der Mutter um den Hals der Tochter gelegten Schal gedrosselt, das Opfer 30 Meter ohnmächtig über einen Weg zum Ufer geschleift und es in den Rhein geworfen haben.
Anklage spricht von Heimtücke-Mord
Für die Anklage handelt es sich um einen gemeinschaftlich begangenen Heimtücke-Mord. Mit Blick auf die Eltern sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer: "Sie kamen überein, ihre Tochter zu töten." Den Entschluss habe zunächst die Mutter nach einem neuerlichen Streit mit der Tochter am Tattag gefasst. Ihrem Mann, der nach einer Gewaltschutzverfügung zuvor aus der Wohnung in Pirmasens ausziehen musste, habe sie in Aussicht gestellt, bei einer Tötung wieder in die Familie zurück zu dürfen.
Die 34-jährige Mutter habe die Tat zentral gesteuert, der 40 Jahre alte Mann die letzte Tathandlung ausgeführt, sagte der Staatsanwalt. Die Eltern seien mit der Tochter, die sich möglicherweise auch in Zuhälterkreisen bewegt habe, überfordert gewesen.
Es habe nicht belegt werden können, dass ein zu westlicher Lebensstil Anlass für die Tat gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft sieht keine "hemmungslose Eigensucht" bei den Angeklagten, die Mutter habe sich auch um ihre anderen Kinder gesorgt. Auch eine besondere Schwere der Schuld sieht die Anklage nicht.
Paar war zum Christentum konvertiert
Das Paar war vor einigen Jahren vom Islam zum Christentum konvertiert und auf teils getrennten Wegen 2015 beziehungsweise 2016 nach Deutschland gekommen. In Deutschland soll es mehrfach zu körperlichen Angriffen des Mannes auf seine Frau gekommen sein, das war auch Grund für die Gewaltschutzverfügung gegen den 40-Jährigen.
Sowohl der Staatsanwalt als auch der Verteidiger des Vaters sprachen von einem Fall, der fassungslos mache. Beide sagten, das Paar habe ob der Probleme mit der Tochter Hilfe gesucht, diese aber vonseiten des Jugendamtes nur bedingt erhalten. Das spätere Opfer war mehrfach in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, allerdings immer nur für einige Tage. Die Mutter soll sich ein paar Mal dafür ausgesprochen haben, dass ihre Tochter in ein Heim kommt.
Urteil am Freitag
Die Familie habe sich einst in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf den Weg gemacht, sei dann falsch abgebogen, krachend gescheitert und stehe nun vor einem Scherbenhaufen, sagte der Verteidiger des Mannes.
Der Vater selbst sagte in seinem letzten Wort nach der Übersetzung eines Dolmetschers, er bitte darum, dass sie nicht nach Afghanistan abgeschoben werden, dort seien sie nicht sicher. Das Urteil fällt nun an diesem Freitag (10. April/11.30 Uhr). © Deutsche Presse-Agentur