Public Viewing Frankfurt: Die Fanzone ist wegen Unwetter zum Deutschlandspiel am Samstag geschlossen. Fans steigen auf die Gastronomie um – und freuen sich über die internationale Stimmung.

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Die Stimmung am Samstagabend brodelt, passend zur Hitze und der schwülen Luft. Wegen hoher Unwettergefahr bleibt die Frankfurter Fanzone deswegen geschlossen. Bereits am Mittag hatte die Stadt diese Entscheidung bekannt gegeben, nachdem die Tourismus+Congress GmbH und die Sicherheitsbehörden sich vorher mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) beraten hatten.

Von der Warnung lassen sich die Fußballfans am Abend aber nicht vom Feiern abhalten. Die Straßen sind voll, Menschen in DFB-Trikots und mit Fahnen behängt laufen durch die Stadt. Denn Deutschland spielt im Achtelfinale gegen Dänemark, und das schauen sich viele Frankfurter am liebsten in Gesellschaft an.

"Mir ist egal, wo, Hauptsache, wir gucken nicht zu Hause", sagt ein junger Mann mit Deutschland-Schal um den Hals und Bierdose in der Hand, der in der Nähe der Hauptwache nach einem Lokal sucht, in dem er mit seinen Freunden das Spiel sehen kann. Doch er ist spät dran: Um 20 Uhr sind viele der Plätze rund um die Hauptwache schon belegt. Auch vor dem Waxy’s Irish Pub, der Sportbar in der Bahnhofstraße, ist die Schlange 60 Minuten vor Anpfiff lang. "Wir sind voll, keine Plätze mehr", sagt eine Kellnerin, während sie Gäste am Eingang abweist. Viele Fans, die sich das Spiel ursprünglich in der Fanzone am Main angucken wollten, sind auf Kneipen, Restaurants und andere Lokale ausgewichen – auch auf den Pub.

Fan-Gesänge und internationaler Jubel

An diesem Abend dreht sich in der irischen Bar alles um die deutsche Mannschaft. Eine Frau in DFB-Trikot und mit schwarz-rot-goldener Schminke auf der Wange erzählt, dass sie schon oft in der Fanzone am Main war. Aber dem Unwetter müsse man sich nun mal beugen. "Das Waxy’s ist eine super Alternative", sagt sie. "Die Stimmung hier ist toll."

Daran besteht an diesem Abend kein Zweifel. Lange vor Anpfiff hallen "Olé, olé, super Deutschland, super Deutschland"- Rufe und "Major Tom" von Peter Schilling über die Terrasse der Bar. Doch nicht nur deutsche Fans stimmen in die Gesänge ein. Das Publikum an diesem Abend ist international: Spanier, Engländer, Schotten, Venezolaner, Brasilianer, Franzosen und viele mehr haben sich unter die deutschen Fans gemischt. Alle sind hier, um die DFB-Elf anzufeuern. Britische Fans singen "It’s coming home, football is coming home" und klatschen, als die deutschen Spieler aufs Feld laufen.

Auf 20 Bildschirmen, die quer durch den Pub verteilt sind, verfolgen sie alle das Spiel. Sie jubeln, als Nico Schlotterbeck in der vierten Spielminute das erste Tor schießt, und fluchen, als es vom Schiedsrichter wieder aberkannt wird. Das Bier fließt, und die Kellner haben an diesem Abend keinen Moment Ruhe. "So voll ist es immer, ob die Fanzone nun geöffnet ist oder nicht", sagt Dylan, der Bar-Manager. Wer einen der Plätze im Pub bekommen hat, kann sich glücklich schätzen. Viele Fans kommen am Samstagabend nicht mehr hinter die rote Einlasskordel. Sie bleiben auf der Straße stehen, denn das Waxy’s hat die Wand am Eingang ebenfalls zur Leinwand gemacht.

"Heute sind wir alle deutsch"

"Wir waren schon um 16 Uhr hier", sagt Piro. Der Frankfurter hat für sich und seine Freunde einen der begehrten Tische ergattert. "Als wir ankamen, war es schon ziemlich voll. Das muss man sich mal vorstellen, fünf Stunden vor Anpfiff." Eigentlich wollte Piro das Spiel in der Fanzone schauen, vor allem weil er bisher noch nicht da war und die Stimmung einmal miterleben wollte. Er freut sich aber, jetzt im Pub zu sein, vor allem weil das Publikum so bunt durchmischt sei.

"Heute sind wir alle deutsch", sagt Hadley. Der Brite kommt aus der Nähe von London und ist hier, weil er und seine Freunde Tickets für das Sonntagsspiel der Engländer in Gelsenkirchen haben. Warum er in Frankfurt ist? Das kann er nach einigen Bier nicht mehr erklären. Die fast fünfstündige Fahrt am Sonntag ist ihm egal, denn er freut sich, die euphorische Stimmung an diesem Abend mitzuerleben. "Wir Engländer haben ja auch mit niemandem eine Rivalität. Außer natürlich mit den Schotten", sagt er. Deswegen feuere er heute mit aller Kraft das deutsche Team an.

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Dass lange kein Tor fällt und das Spiel zeitweise wegen Gewitter und Hagel unterbrochen werden muss, kann die Stimmung im Waxy’s nicht trüben. An diesem Abend ist es nicht wichtig, wer woher kommt. Als Kai Havertz und Jamal Musiala in Dortmund das Tor treffen, jubeln in Frankfurt alle und fallen sich in die Arme – ob Engländer, Venezolaner oder Deutsche.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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