Lars Eidinger im Interview: Der Schauspieler Lars Eidinger ist als Schauspieler international erfolgreich.

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Aber Musik spielt in seinem Leben eine enorme Rolle. Warum, erläutert er im Interview. Demnächst kommt er an die Oper Frankfurt.

In Ihrem jüngsten Film "Sterben" haben Sie einen Dirigenten gespielt. Dafür sind Sie soeben für den Europäischen Filmpreis nominiert worden. War es schwer, dieses Dirigieren zu spielen?

Es ist natürlich immer eine besondere Herausforderung, etwas wie Dirigieren oder Musizieren, das in der Realität mit sehr viel Arbeit, Probenaufwand und Übung verbunden ist, in der Fiktion glaubhaft abzubilden. Virtuosentum erfährt dann schnell etwas entlarvend Dilettantisches. Zudem habe ich oft das Gefühl, dass dann etliche selbst ernannte Spezialistinnen und Spezialisten im Zuschauerraum sitzen und Bewertungskriterien anlegen, die eigentlich in der Kunst irrelevant sind und keine Rolle spielen sollten. Es geht in der Kunst nicht um richtig oder falsch und es geht auch nicht um Folgerichtigkeit oder Logik. Das sind alles Kriterien, auf die wir in der Fiktion, aus einer diffusen Sehnsucht heraus, einen Anspruch erheben, der in der Realität ja auch unbefriedigt bleiben muss. Wie sollte die Fiktion mit Antworten aufwarten, die auch die Realität nicht liefern kann? Es gibt auch nicht den Dirigenten, genau so wenig, wie es den Prototyp in anderen Berufen gibt. Die Auslegung und Interpretation eines jeden Berufes ist immer individuell und hat viele Gesichter. Meine Aufgabe bestand also eher darin, einen Geist zum Leben zu erwecken.

Hat die Rolle des Dirigenten Tom Ihren Blick auf Musik und Musiker verändert?

Nein. Ich habe mich schon vorher viel mit Musik beschäftigt, sehe mir gern Dirigenten und Dirigentinnen an und gehe gern in Konzerte. Ich weiß jetzt, wie man verschiedene Taktarten dirigiert, und kann beide Hände unabhängig voneinander bewegen. Der Dirigent Johannes Zurl hat mir das gut vermittelt und beigebracht. Ich finde die Musik von Lorenz Dangel, die er für "Sterben" eigens komponiert hat, grandios und auch die Idee des Regisseurs und Drehbuchautors Matthias Glasner, das Ringen um den schmalen Grat in der Kunst durch den von Robert Gwisdek gespielten Komponisten zu zeigen, der sagt: "Kitsch ist, wenn das Gefühl die Wirklichkeit nicht erreicht."

Musik spielt in Ihrem Leben offenbar eine enorme Rolle. Wann hat das angefangen? Und mit welcher Art Musik?

Ich erinnere mich, schon in der Oberschule auf Klassenfahrten mit Kassetten der DJ gewesen zu sein. Allerdings komme ich aus einem vollkommen unmusischen Elternhaus. Bei uns liefen Weihnachten die Flippers von CD. An klassische Musik bin ich erst durch meine Frau geführt worden, die Gesang an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin studiert hat. Mein Zugang zur Musik war immer über Popmusik, die schon früh zu einem Zufluchtsort wurde und zu einer Art Eskapismus führte. Die Band A-ha war dahingehend maßgeblich für mich. Meine erste Schallplatte allerdings war Madonna mit "True Blue". Dann haben mich die Neunzigerjahre sehr geprägt, in der die in der Zeit aktuelle Musik mit meinem Lebensgefühl kongruent war. Musik von Tricky, Massive Attack und DJ Shadow.

Sie arbeiten auch als DJ, Ihr Album "I’ll Break Ya Legg" mit elektronischer Musik ist 1996 entstanden und 2017 neu herausgekommen. Machen Sie weiter selbst Musik und legen auf?

Selbst Musik zu produzieren musste ich leider aufgegeben, weil es zu zeitaufwendig ist und sich mit meinem Familienleben nicht vereinbaren ließ, aber das Auflegen ist nach wie vor eine große Leidenschaft, der ich regelmäßig nachgehe. Ich lege bestimmt ein- bis dreimal im Monat im deutschsprachi- gen Raum auf.

Mit Michel Friedman werden Sie jetzt über Alban Bergs Oper "Lulu" sprechen. Vor 20 Jahren haben Sie an der Berliner Schaubühne, Ihrem Heimatensemble, den Alwa in Thomas Ostermeiers Inszenierung von Frank Wedekinds Stück "Lulu" gespielt, das ja auch der Oper zugrunde liegt. Viele hadern mit der Figur der Lulu. Mögen Sie den Stoff?

Schwer zu sagen. Unsere Produktion war damals ein ziemliches Desaster und ein regelrechter Flop. Das kommt halt auch mal vor. Das trübt allerdings nach wie vor meinen Blick auf den Stoff. Ich bin mir aber sicher, dass, wenn ich ihm noch einmal neu begegnen würde, völlig ungeahnte Qualitäten zum Vorschein kommen würden, die uns damals verschlossen geblieben sind.

Michel Friedman hat das Thema Obsession in den Mittelpunkt des Abends gerückt. Was verbinden Sie persönlich mit dem Begriff?

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Zumindest nicht in dieser Kürze und Prägnanz, um so mehr freut es mich, dass Michel Friedman sich den Raum nehmen wird, sich dem Thema mit der angemessenen Zeit zu widmen, um eine Ahnung vom Umfang und von der Komplexität zu bekommen, die mit dem Phänomen "Obsession" einhergeht. Besessenheit ist für mich ein Begriff, der in erster Linie einen Antrieb beschreibt. Einen unstillbaren Durst, den man trotz besseren Wissens zu stillen sucht. Getrieben von einer diffusen Sehnsucht nach Erfüllung, Auflösung und Befriedigung. Im Grunde ein Paradox oder Perpetuum mobile, wie ein Hamsterrad der Leidenschaft.

Das Gespräch führte Eva-Maria Magel.

Eidinger und Friedman in der Oper

Lars Eidinger, 1976 in Berlin (West) geboren, gilt als überragender Schauspieler deutscher Sprache seiner Generation. Nach dem Abitur studierte er von 1995 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Seit 1999/2000 ist sein Stammhaus die Berliner Schaubühne, er ist international an Theatern und im Film tätig, unter anderem war er der "Jedermann" der Salzburger Festspiele. Eidinger arbeitet auch als DJ und hat selbst elektronische Musik eingespielt. In seinem jüngsten Film "Sterben", unter anderem mit Corinna Harfouch, spielt er einen Dirigenten. Eidinger ist am 26. November von 19 Uhr an erster Gast der Reihe "Friedman in der Oper".

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Michel Friedman, Jurist, Publizist, Philosoph und Moderator, wurde 1956 in Paris geboren und lebt seit 1965 in Frankfurt. Während der Spielzeit 2024/25 spricht er in der Oper Frankfurt an sechs Abenden mit prominenten Gästen über Themen, die in Bezug zu Werken des Opernspielplans stehen. Nach Eidinger unterhält er sich am 28. Januar zu Verdis "Macbeth" mit der Juristin und Cum-ex-Staatsanwältin Anne Brorhilker über Macht, am 18. Februar ist anlässlich von Magnards "Guercoeur" der Politikwissenschaftler Herfried Münkler zu Gast.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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