Verschwundene Akten: Nach den Aufsichtsbehörden in Gießen beschäftigt sich nun auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt mit Unregelmäßigkeiten im Rathaus. Zudem interessiert sich die FDP im Landtag für einen Kredit an die Gemeinde.
Nach der Durchsuchung im Rathaus von Löhnberg und in der Wohnung des einstigen Bürgermeisters
Anlass für die Durchsuchungen durch etwa 20 Fahnder waren die über Jahre fehlenden Jahresabschlüsse der 5000-Einwohner-Kommune. Löhnberg war diese Dokumente der Kommunalaufsicht seit 2016 schuldig geblieben. Die Misere gründete laut Regierungspräsidium Gießen der Umstellung der Haushalte von der kameralistischen Buchführung auf die Doppik mit Beginn des Jahres 2009. Der Unterschied zwischen beiden Methoden ist vereinfacht gesagt: Früher führten die Kommunen in ihrem Haushaltsplan die Einnahmen und Ausgaben auf, nicht aber Schulden, Abschreibungen, Rückstellungen und Sachvermögen.
Seit 2009 müssen aber auch die kleinen Gemeinden mit wenigen Mitarbeitern die kommunalen Vermögensgegenstände in ihrem Etat erfassen und bewerten. Ein wesentlicher Vorteil davon sei, nicht nur die Zahlungsfähigkeit zu beurteilen, sondern auch die Wirtschaftlichkeit. Der Haken: Vor allem viele kleinere Gemeinden fühlten sich damit anfangs überfordert, wie es bei der Aufsichtsbehörde hieß. Und: Um einen neuen Haushalt aufzustellen, brauche eine Kommune keinen Jahresabschluss.
Vor diesem Hintergrund bat die Gemeinde die Aufsicht beim Landkreis wegen ihrer Etatnöte erst vor gut einem Jahr um Amtshilfe. Im Jahresverlauf zog dann das Regierungspräsidium die Notbremse und setzte den als Aufpasser erfahrenen Kommunalpolitiker Stock zum Oktober ins Rathaus. Der frühere Bürgermeister von Lautertal soll helfen, die Finanzen zu ordnen. Zum Jahreswechsel führt Löhnberg Kindergartengebühren ein und erhöht die Grundsteuer.
Am Mittwoch durchsuchten Fahnder zudem Räume eines Planungsbüros im Raum Gießen, das 2018 eine Spende in Höhe von 10.000 Euro an die SPD im Landkreis Limburg-Weilburg geleistet hat, wie das "Weilburger Tageblatt" berichtet. Die SPD habe die Spende seinerzeit auch offengelegt. Ein Zusammenhang zwischen der Spende und der Auftragsvergabe der Gemeinde an das Planungsbüro sei jedoch von allen Beteiligten bestritten worden. Stattdessen habe die Spende dem ehemaligen Löhnberger Bürgermeister Jörg Sauer (SPD) gegolten, der im Jahr 2017 unentgeltlich für das Büro gearbeitet habe und nun mit der Spende entschädigt werden sollte. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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