Vorstoß des Kultusministers: In Hessen können Schulen bisher selbst regeln, ob Schüler ein Smartphone nutzen dürfen. Der Kultusminister Armin Schwarz will eine einheitliche Lösung.
Hessens Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) hält ein umfassendes Verbot von Handys in Schulen für bedenkenswert. "Die Digitalisierung geht an unseren Schulen stetig voran. Wir nutzen alle sinnvollen Möglichkeiten auf diesem Gebiet für qualitätsvollen Unterricht. Wo allerdings digitale Geräte wie Smartphones die Kinder ablenken, sie dadurch sogar Opfer von Mobbing werden oder sich in den Tiefen der sozialen Medien verlieren, ist ein umfassendes Verbot in Schulen bedenkenswert", sagt der Minister.
Schwarz will sich in der Kultusministerkonferenz dafür einsetzen, die Nutzung von Handys an den Schulen in allen Bundesländern einheitlich zu regeln, abgestuft nach den Jahrgangsstufen Grundschule, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II. "Auch andere Länder in der Welt haben einen Strich gezogen und Entscheidungen gefällt – im Einvernehmen mit Lehrkräften, Eltern sowie Kindern und Jugendlichen", sagt er.
Schwarz hatte sich dazu Ende Oktober mit Bildungsministern der G-20-Länder in Brasilien ausgetauscht. Viele Länder, beispielsweise Kanada, hätten positive Erfahrungen damit gemacht, die Nutzung von Handys in Schulen stark zu reglementieren. "Einige Provinzen in Kanada verbieten die Nutzung seit diesem Jahr, wenn nicht der Unterricht das Einbinden von Smartphones verlangt. Genauso geht derzeit Australien in seinen Schulen vor", teilt der Minister mit.
Schulen entscheiden bislang selbst
Bisher überlässt es Hessen den Schulen, die Handynutzung über die Schulordnung selbst festzulegen. Das Land gibt Empfehlungen und hat exemplarische Handynutzungsordnungen formuliert. Darin wird hervorgehoben, dass Handys ohne Zustimmung der Lehrkraft weder im Unterricht noch in den Pausen eingeschaltet werden dürfen. Sofern nötig, können die digitalen Geräte aber im Unterricht eingesetzt werden, beispielsweise im Fach Digitale Welt.
Die Schulen regeln den Umgang mit den Handys eigenverantwortlich und individuell. Viele Schulen weisen die Eltern darauf hin, dass Handys beim Betreten des Schulgeländes auszuschalten und in der Schultasche zu verstauen sind. Smartwatches müssen in den Flugmodus versetzt werden. Halten sich Kinder nicht daran, müssen sie das Gerät ausschalten und abgeben. Nach Schulschluss werden die Geräte dann an Erziehungsberechtigte oder die Schüler selbst zurückgegeben. Das wird unterschiedlich gehandhabt und ist auch abhängig vom Alter der Schüler. Viele Schulen machen darauf aufmerksam, dass bei unerlaubtem Fotografieren und Filmen von Personen unverzüglich juristische Schritte eingeleitet würden. Einheitlich sind diese Regeln jedoch nicht. Manche Schulen erlauben die Nutzung in der Mensa oder differenzieren nach Altersstufen. Oberstufenschüler dürfen die Geräte oft in Freistunden nutzen.
Einheitliche Regelung wäre "ein Segen für alle"
Wie der Sprecher des Ministeriums erläutert, gibt es in Schulgemeinden einen Bedarf für eine einheitliche, besser nachvollziehbare und klar umsetzbare Regelung. Allerdings gebe es auch Rückmeldungen, dass die derzeitige Regelung an den Schulen funktioniert. Wichtig sei auch, die digitalen Geräte nicht "zum Teufelszeug" zu erklären. Sie gehörten zum modernen Unterricht dazu – zielgerichtet und altersangemessen.
Frankfurter Schulleiter beurteilen das Thema unterschiedlich. Gerrit Ulmke, der das Gymnasium Helmholtzschule leitet, befürchtet, dass durch eine einheitliche Regelung die Möglichkeiten der Schulen, die Nutzung streng zu reglementieren, aufgeweicht werden. Die Handys dürfen an seiner Schule nur unter Lehreraufsicht genutzt werden und müssen ansonsten "unsichtbar und ausgeschaltet" sein. Auch an der Schillerschule gilt das "Unsichtbarkeitsgebot", wie Schulleiter Michael Haas erläutert. Die Schulgemeinde befürworte "sehr klare Regeln": "Wir wollen Pausen als Pausen nutzen. Die Schüler sollen in Kontakt kommen."
Gerhard Schneider, der die Gesamtschule am Mainbogen leitet, wünscht sich allerdings eine klare Gesetzesvorgabe: "Es wäre ein Segen für alle, wenn es eine einheitliche Regelung gäbe." Hilde Zeyen, Leiterin der Gesamtschule Georg-Büchner-Schule, gibt zu bedenken, dass Schulen bei einem "puren Handyverbot" viel Zeit und Energie in das Ahnden von Fehlverhalten investieren müssten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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