Depressionen und Psychosen: Ärzte sehen die Teillegalisierung von Cannabis kritisch. Die Folgen könnten mehr Depressionen, Psychosen und ein Hang zur Selbsttötung sein.

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An diesem Montag dürfen die Cannabis-Anbauvereinigungen mit jeweils bis zu 500 Mitgliedern ihre Arbeit aufnehmen. Was erwarten die Drogenexperten Michael Sauerwein von der Caritas-Suchtberatung und Edwin Piperek vom Suchthilfezentrum Wiesbaden von der Teillegalisierung? Nichts Gutes, wie sie auf einer vom kommunalen Gesundheitsamt und dem Praxisverbund Wiesbaden organisierten Veranstaltung in der Reihe "Verständliche Medizin" deutlich machten.

Vieles sei schwierig abschätzbar. Sie rechnen aber mit mehr "kiffenden" Jugendlichen und widersprachen dem Mythos, dass Cannabis nicht zu einer Abhängigkeit führe. Zudem ebne Cannabis ebenso wie Alkohol und Tabak den Einstieg in "Rauschwelten".

Die beiden Fachleute sehen zudem die Gefahr, dass es durch die im April in Kraft getretene Teillegalisierung zu einer Bagatellisierung des Risikos kommt. Weil Cannabis mit Tabak gemischt geraucht werde, seien zudem dieselben Langzeitschäden wie beim Rauchen zu befürchten, darüber hinaus aber auch akute und chronische Psychosen.

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Cannabis in DeutschlandDas ändert sich zum 1. Juli

Der Alzeyer Mediziner Christoph Gerth bestätigte diese Befürchtungen. Er warnte vor allem davor, Cannabis vor dem Alter von 25 Jahren zu konsumieren, weil die Gehirnentwicklung erst dann abgeschlossen sei. Zwischen dem zehnten und dem 25. Lebensjahr sei das Gehirn noch in der Pubertät. Das sei ein störanfälliger Entwicklungsprozess. Eine solche Störung im "Supercomputer Hirn" könne schon ein einmaliger Cannabis-Konsum auslösen.

Gerth verglich die Wirkung mit einer Schädigung des Betriebssystems eines Computers. Beim Menschen könnten die Folgen Depression und ein Hang zur Selbsttötung sein. Besonders gravierend sei, dass Cannabis-Konsum noch ein Jahr danach im Hirn nachweisbar sei: "Es reicht nicht, vier Wochen clean zu sein", sagte Gerth zu den Langzeitfolgen, die kritischer seien, je jünger der Konsument sei. Er erwartet, dass nach der Legalisierung die Zahl der diagnostizierten Psychosen deutlich steigen wird.

Das habe sich auch in anderen Ländern gezeigt, wo nach der Legalisierung die Krankenhauseinweisungen deutlich gestiegen seien. Die gesundheitlichen Auswirkungen seien im Vorfeld der Gesetzesänderung kaum diskutiert worden.

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Dabei sei es keineswegs so, dass die Datenlagen zu den Gesundheitsgefahren dünn und uneinheitlich seien. Vielmehr sei das Risiko vermehrter Psychosen eindeutig belegt. Studien dazu reichten sogar bis ins Jahr 1845 zurück. Auch deshalb hatten Kinder- und Jugendärzte sowie Psychiater vor der Teillegalisierung gewarnt. Das Argument der Entkriminalisierung wog stärker.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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