München - Mit dem 1. November und der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes können Menschen ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag leichter und ohne medizinische Gutachten ändern lassen.
Bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes registrieren die bayerischen Standesämter eine rege Nachfrage. Wie viele Anträge gingen bislang ein? Die Deutsche Presse-Agentur hat in einigen Kommunen nachgefragt.
In München haben mehr als 330 Menschen einen Antrag eingereicht, wie eine Sprecherin der Stadt mitteilte. Sie erwartete, dass "ein großer Teil der Personen, die ihren Geschlechtseintrag ändern lassen möchten, sich bereits um einen Termin bemüht hat", weshalb die Zahl der Anträge in den kommenden Monaten abnehmen dürfte. Im Kreisverwaltungsreferat wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ein Diversitätsteam fachlich geschult und mit Informationsmaterialien ausgestattet.
Ähnlich zeigt sich die Lage in Nürnberg, wo die Nachfrage ebenfalls hoch ist. Wie ein Sprecher des Standesamts erklärte, meldeten zunächst 141 Menschen eine Änderung ihres Geschlechtseintrags an. Auch er ging davon aus, dass die Nachfrage in den kommenden Monaten nachlasse, jedoch bleibe die Umsetzung des Gesetzes für Nürnberg ein "spürbarer, aber handhabbarer Mehraufwand". Um den Betroffenen Unterstützung zu bieten, wurden unter anderem das Menschenrechtsbüro der Stadt und geeignete Beratungsstellen einbezogen.
Gesetz muss "mit Leben gefüllt" werden
In Regensburg gingen bisher 61 Anträge ein. Eine Sprecherin der Stadt erklärte, dass die Anfragen in den vergangenen Wochen zurückgegangen seien. Das neue Gesetz müsse "nach und nach mit Leben gefüllt" werden, weshalb in der ersten Zeit voraussichtlich noch weitere Abklärungen nötig seien.
Auch Augsburg sieht sich mit einer hohen Anzahl an Anmeldungen konfrontiert: 136 Anträge wurden dort bislang verzeichnet. Für Fragen rund um den Prozess stehen Interessierten die Standesbeamtinnen und Standesbeamten der Geburtenabteilung zur Verfügung, umfassende Informationen gibt es auch auf der städtischen Website.
Kleinere Städte verzeichnen weniger Anträge
In Ingolstadt - knapp halb so groß wie Augsburg - gingen hingegen bloß 36 Anmeldungen ein. Auch dort betonte der Pressesprecher der Stadt, dass die Umsetzung des Gesetzes noch einige Unklarheiten mit sich bringe. Das sei jedoch "nichts Ungewöhnliches, wenn ein neues Gesetz in Kraft tritt". Da das Selbstbestimmungsgesetz in vielerlei Hinsicht Neuland betrete, habe sich die Stadt entschieden, auf Informationsbroschüren zu verzichten und stattdessen auf persönliche Beratung zu setzen.
Im wesentlich kleineren Bamberg wurden 35 Anträge gestellt. Ein Sprecher der Stadt erklärte, dass man aufgrund der erwarteten geringen Zahl an Anträgen keine gesonderten Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt habe.
Voraussetzung: Drei Monate Bedenkzeit
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz wird es ab November möglich, den Geschlechtseintrag per einfacher Erklärung zu ändern – ohne die bisher notwendigen Gutachten, ärztlichen Atteste oder richterlichen Beschlüsse. Diese Erleichterung betrifft insbesondere transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, die bislang hohe bürokratische Hürden und kostspielige Verfahren für eine Änderung bewältigen mussten. Eine Antragsstellung war bereits seit Anfang August möglich, da bis zur tatsächlichen Änderung eine dreimonatige Bedenkzeit verstreichen muss.
Der Bundestag verabschiedete das Gesetz im April und ersetzte damit das seit 1981 geltende Transsexuellengesetz. Das Bundesverfassungsgericht hatte die alte Rechtslage wiederholt als verfassungswidrig kritisiert und auf die entwürdigenden Verfahren für die Betroffenen hingewiesen. © Deutsche Presse-Agentur
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