Es ist ein bisschen von allem. Einer steht im Handstand. Der andere dreht sich im Salto darunter hindurch, der Dritte im Trio greift zum Drumstick und spielt.

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Was sich am Sonntagabend entfaltet, ist keine Zirkusnummer, kein Tanztheater, kein Konzert. Aber irgendwie alles zugleich. Zunächst sorgt jedoch ein Computerabsturz für die Showtechnik für Spannung, bis es mit einer halben Stunde Verspätung dann losgeht.

"Tridiculous" nennt sich das Berliner Künstlerkollektiv, das im Rahmen von "Move On" im Forum Leverkusen gastiert. Drei Performer (Semion Bazavlouk, Rostyslav Hubaydulin und Ihor Yakymenko), die aus völlig unterschiedlichen biografischen und kulturellen Kontexten stammen, sich aber auf der Bühne wie ein einziger, gemeinsamer Organismus bewegen. Ihre Wurzeln reichen von Russland über Tel Aviv, über Kiew bis Berlin und ihre Ausdrucksformen von Breakdance über Slapstick bis zu poetischer Artistik.

Das Material von "Tridiculous" stammt aus der urbanen Bewegungskultur. B-Boying, Beatbox, akrobatische Power Moves, die man sonst eher aus Street-Kontexten oder Hip-Hop-Battles kennt. Doch was sie daraus machen, ist mehr als Protzen mit einer skurrilen Kombination an Fähigkeiten. Es ist Choreografie mit Humor, Artistik mit Haltung, Virtuosität, die sich nicht selbst feiert, sondern etwas transportiert. Überraschend oft wird aus dem wilden Spektakel eine Szene, die innehält und berührt.

Das Trio begleitet sich selbst mit Beatbox, Gesang und Drums – mitten im Geschehen. Die Erzeugung der Musik wird zum Teil der Bewegung. Besonders eindrucksvoll gelingt das, wenn Rhythmus und Akrobatik simultan funktionieren – etwa als während eines Saltos ein Trommelschlag gespielt wird. Oder wenn die Bewegung einer Handstandsequenz sich mit dem Takt verbindet. Dann entsteht nicht nur ein Effekt, sondern eine Form von physischer Musikalität, die einmalig ist.

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Obwohl die Show einfach zugänglich und in erster Linie unterhaltsam ist, bleibt sie nie gefällig, sondern bietet Widerstände: in Form, Ironie und Ernsthaftigkeit mancher Szenen. Und auch das Trio aus einem Russen und zwei Ukrainern hat eine Aussage. In Zeiten des Krieges stehen diese Männer gemeinsam auf der Bühne – spielend, lachend, einander auffangend. Für einen Abend, der den Körper feiert, ohne das Hirn auszuschalten. Und ein seltener Moment, in dem physisches Theater gleichzeitig leichtfüßig und relevant sein darf. "Tridiculous" zeigt, dass zwischen Komik und Können oft vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Sprung liegt – und die drei machen ihn rückwärts, mit Salto, live vertont.  © Kölner Stadt-Anzeiger