"Wir brauchen kein Brennrecht, um für unseren Likör zu brennen!", Bernd Buchholz und Lebensgefährtin Gabriela Schug führen seit zehn Jahren erfolgreich eine jahrzehntealte Tradition fort.

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Nur bei ihnen wird der echte Sankt Augustiner Likör hergestellt. Drogist und Geheimrat Josef Stockem stellte das Rezept 1951 zusammen. Er führte zuletzt eine Drogerie in der Ernst-Moritz-Arndt-Straße. Dort produzierte und verkaufte er den Likör über 40 Jahre.

"Aus Altersgründen übergab Josef Stockem in den 1990er Jahren die Herstellung an Monika Wimmeroth", berichtet Buchholz. Als sie sich zur Ruhe setzte, übernahm er im Jahr 2015 das Geheimrezept zusammen mit seiner Lebensgefährtin. Damit blieb diese einmalige lokale Spezialität der Stadt Sankt Augustin erhalten.

Das Geheimrezept ist in Sankt Augustin geblieben, dort wird der Sankt Augustin Likör hergestellt

Das freut die inzwischen 82-jährige Monika Wimmeroth. "Wenn ich ein ganz besonderes Geschenk machen will, dann kaufe ich noch heute den Likör", so ihr Tipp. Für sie gehört die hochprozentige Kräutermischung einfach zu Sankt Augustin, genauso wie das Kloster der Steyler Missionare, das als Zeichnung auf dem Etikett der Flaschen zu erkennen ist.

Dass Bernd Buchholz und Gabriela Schug Likörproduzenten wurden, ist einem Zufall zu verdanken. Beide hatten den Likör immer bei Frau Wimmeroth als Geschenk gekauft. Nicht nur fürs Skifahren in Österreich war er ein beliebtes Mitbringsel. Aus einer Laune heraus schlug Buchholz einmal vor: "Wenn sie mal aufhören, dann rufen Sie mich an und ich mache weiter, so wie sie damals bei Josef Stockem". Und ein paar Jahre später klingelte tatsächlich sein Telefon. Er überlegte nicht lange und so kam das Geheimrezept vor zehn Jahren wieder in neue Hände.

Das Labor für den Sankt Augustin Likör befindet sich in einem Reihenhaus in Sankt Augustin

"Der Kick des Likörs ist die Ingwerknolle. Sie gibt ihm den letzten Schliff und seine Schärfe, drängt sich allerdings nicht in den Vordergrund", so Buchholz. Mehr möchte er nicht verraten. Der Ingwer wird eine genau definierte Zeit in reinem Alkohol gelagert, damit er sein Aroma in der richtigen Dosierung abgeben kann. Die Mazeration, wie dieser Vorgang genannt wird, ist die schonendste Variante, um an die gewünschten Aromen zu kommen. Wenn am Schluss alle Ingredienzien dem Rezept entsprechend im Ansatzballon vermischt sind, kommt der Likör auf stolze 42 Volumenprozent Alkohol.

"Aber was am Ende zählt, ist das zweistufige Geschmackserlebnis, das ihn auszeichnet. Cremig, samtig, fast schokoladig, süß, mit einem Hauch von Kirsche umschmeichelt er zunächst Zunge und Gaumen, bevor der Ingwer langsam seine Schärfe aufbaut und im Nachgang für eine wohlige Wärme sorgt. Zu guter Letzt macht er Sonne im Bauch, wie beim Verkosten auf dem Markt oft zu hören ist", beschreibt Buchholz seinen Likör.

Die "Küche" zur Herstellung befindet sich im Keller eines ganz normalen Reihenhauses. In liebevoller Handarbeit entsteht dort das fertige Produkt. Einzeln abgefüllt, erhalten die Flaschen eine goldene Alukapsel und das charakteristische rote Band über dem Verschluss. Wenn der Siegellack die richtige Temperatur hat, wird er auf die Flasche getropft und mit einem Petschaft werden die Initialen "GS" eingeprägt. Mit den beiden Siegeln wird die Einzigartigkeit des Produktes betont.

Bernd Buchholz hat dem Vertrieb des Likörs noch einmal Schwung gegeben. Er besucht nicht nur verschiedene Weihnachtsmärkte in der Region mit einem eigenen Stand. Auch auf dem Erntedankfest auf Burg Wissem in Troisdorf oder dem Martinimarkt in Bad Honnef ist er zu finden. Der Likör wird in unterschiedlichen Flaschen und Flaschengrößen angeboten. Auf Wunsch sogar mit einem eigenen, personalisierten Etikett.

Der Sankt Augustin Likör wurde früher sogar schon von Bundeskanzler Konrad Adenauer gekostet

Übers Internet wird der gute Tropfen nicht verkauft, obwohl eine eigene Seite vorhanden ist. Dort sind auch die Bezugsquellen zu finden, wie etwa der Rewe-Markt Pfleger in der Schulstraße oder die Buchhandlung der Steyler Missionare in Sankt Augustin. Auch die aktuellen Märkte, auf denen der Likör zu erstehen ist, können nachgelesen werden.

Mündlichen Überlieferungen zufolge reicht der Kreis der Genießer vom ehemaligen Chef des Auswärtigen Amtes Dr. Klaus Kinkel über den Ex-Regierungspräsidenten des Regierungsbezirkes Köln Dr. Franz-Josef Antwerpes bis hin zum ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer. Als Geschenk hat er den Weg unter anderem auch schon nach Spanien, in die USA oder nach Japan gefunden.

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Selbst die Jüngeren haben den Sankt Augustiner Likör inzwischen für sich entdeckt. Viele der jungen Kunden auf den Märkten berichten Buchholz, dass das leckere Tröpfchen auf keiner Party fehlen dürfe. Er wird dann pur genossen oder in verschiedenen Longdrinks und Cocktails gereicht. "Über das Fortbestehen des Likörs muss man sich auch keine Gedanken machen, denn die Nachfolge in der Familie ist schon beschlossene Sache", verrät Buchholz.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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