Noch immer sind die "Ewigkeitschemikalien" ein Problem im Rhein. Das zeigen Messungen von Greenpeace.
Die Umweltschutzorganisation hat unter anderem in Leverkusen, Dormagen und Uerdingen Proben gezogen, also in der Nähe der drei Chemparks. Besonders das Wasser bei Dormagen wurde vorigen August unter die Lupe genommen; drei Proben seien flussaufwärts und flussabwärts des Werksgeländes gezogen worden, also "vor und hinter dem Chempark", sagte am Mittwoch Julios Kontchou auf Anfrage. Der promovierte Ökotoxikologe ist Autor der Rhein-Studie.
Das Ergebnis halten die Umweltschützer für alarmierend. Die Chemikalien aus der riesigen Gruppe der per- und polyfluorierten Substanzen (PFAS) gelten als gesundheitsschädlich. Sie kommen in sehr vielen Produkten vor, mit denen Menschen unmittelbaren Kontakt haben: zum Beispiel Kochgeschirr, Textilien, Kosmetika, Lebensmittelverpackungen, Reinigungsmittel, Feuerlöschschäumen, Elektrogeräte oder Gleitmittel. Die Wasserproben aus dem vorigen August in Dormagen und vom 11. Oktober 2024 in Leverkusen und Uerdingen zeigen jeweils besonders hohe Konzentrationen von Perfluoroctansulfonsäure (PFOS). Eine Verbindung, die für besonders gefährlich gehalten wird.
Eine "Momentaufnahme", aber ein Hinweis auf ein Problem
Am 11. Oktober vorigen Jahres ergab die Probe in Leverkusen eine Konzentration von 3,27 Nanogramm PFOS pro Liter Wasser. Noch mehr, nämlich 4,16 Nanogramm waren es im August nur in Dormagen. Das ist sehr viel mehr, als die Umweltqualitätsnorm der Oberflächengewässerverordnung festlegt. Im Jahresdurchschnitt ist dort ein Wert von nur 0,65 Nanogramm PFOS pro Liter Wasser vermerkt. Mit Blick auf den Jahresschnitt in der Gewässerverordnung weist Greenpeace-Experte Kontchou zwar darauf hin, dass die Messungen "eine Momentaufnahme" sind. Dennoch zeige sich, dass es im Rhein weiterhin ein Problem mit den Ewigkeitschemikalien gibt.
Was Leverkusen betrifft, sollte das zumindest nicht auf der Produktion von PFAS beruhen. Lanxess ist nur noch sehr gelegentlich Produzent von Stoffen, bei denen per- und polyfluorierten Substanzen anfallen können. Das sagte am Mittwoch auf Anfrage Mark Mätschke, Sprecher bei dem Spezialchemie-Konzern. Das geschehe nur noch im Rahmen einer Lohnfertigung; im eigenen Portfolio habe man das nicht mehr. Der Plan sei, dass bei der Produktion entweder kein PFAS-haltiges Abwasser mehr entsteht. Oder dass es abgeschieden und "rückstandsfrei verbrannt wird". In die Currenta-Kläranlage gerate es dann nicht mehr. Allerdings laufe die Umstellung der Prozesse noch. Sie solle "so schnell wie möglich" abgeschlossen werden.
Woher kommt also die noch immer hohe Belastung durch "Ewigkeitschemikalien"? Greenpeace-Experte Kontchou kann nur spekulieren: Der Gebrauch alter Feuerlöscher komme zum Beispiel infrage.
Ein Thema, das in Leverkusen noch gar nicht so alt ist: Im Frühjahr 2023 war die hohe PFAS-Last im Rhein nahe der Currenta-Kläranlage Anlass für Nachfragen bei der Überwachungsbehörde, der Bezirksregierung. Schlüssige Antworten gab es damals nicht. Erklärbar ist lediglich die extreme PFAS-Fracht im Sommer 2021: Nach der Explosion in Bürrig floss tonnenweise Löschschaum in den Rhein. Der enthielt PFAS – jedenfalls bei der Werkfeuerwehr des Chempark. Das, so sagte Currenta-Sprecher Maximilian Laufer am Mittwoch, werde Zug um Zug an allen Standorten geändert.
Mit Blick auf ein angestrebtes, weitreichendes PFAS-Verbot wies der Sprecher des Chempark-Betreibers allerdings darauf hin, dass man die per- und polyfluorierten Substanzen nicht überall ersetzen könne. Zum Beispiel bei der Chlor-Elektrolyse. Und die ist unter dem Bayer-Kreuz von überragender Bedeutung. © Kölner Stadt-Anzeiger
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