"Dienst-Leistungen" für die Bürger und Bürgerinnen von Troisdorf hat die Stadt-Verwaltung im Bürger-Service gebündelt.
"Sör-wiss" spricht man das aus. "Wir sagen Troosdorf", heißt es ebenfalls auf der Internetseite der Stadt. "Das i spricht man nicht." Mit Inhalten in Leichter Sprache versucht die Stadtverwaltung Troisdorf, allen Menschen in Troisdorf die gleichen Informationen zu vermitteln.
Mit dem Angebot sollten zum Beispiel Menschen einen guten Zugang zu wichtigen Informationen haben, die nicht gut lesen können oder gerade erst Deutsch lernen. Auch ältere Menschen, die sich nicht mehr gut konzentrieren können, sollten davon profitieren, teilt die Stadtverwaltung mit. Gerade ist das Angebot um Informationen zur Inklusion, zum Stadt-Archiv, dem Bürger-Service und zur Video-Beratung ergänzt worden.
Hennefer Pressesprecher absolvierte Fortbildung in Leichter Sprache
Die gekoppelte Schreibweise von zusammengesetzten Wörtern ist ein Kennzeichen der Leichten Sprache, die unter anderem auf komplizierte Satzkonstruktionen oder gehäufte Substantivierung verzichtet. In der Troisdorfer Stadtverwaltung hat sich Marc Eickelmann aus der Pressestelle schulen lassen, in einem Büro der Lebenshilfe Gießen übersetzen Anja Sandtner und Kawa Ismail die Texte.
"Gerade Amtsdeutsch ist oft schwer zu verstehen", sagt Dominique Müller-Grote, Pressesprecher und Kulturamtsleiter der Stadt Hennef. Wie schwer, das sei ihm erstmals aufgefallen, als er und seine Frau den Bescheid über die Aufnahme ihrer Tochter in eine Kita erhalten hätten. "Wenn zwei Akademiker da schon Schwierigkeiten haben", stellt er fest. Und: "Wir müssen was tun."
Müller-Grote absolvierte im ersten Quartal 2019 eine intensive Fortbildung in Leichter Sprache bei der Lebenshilfe in Bremen; bis zum Beginn der Pandemie schulte er die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung. "Erst mal Sensibilität schaffen" sei das Ziel der freiwilligen Schulungen gewesen; "verstehen und lernen, wie man Dinge einfacher ausdrücken kann".
Corona-Infos wurden in Hennef in Leichte Sprache übersetzt
Dazu gehöre beispielsweise, einen Sachverhalt nicht dreimal anders zu benennen, auch wenn das sprachlich vielleicht hübscher sei. Auch könne sich nicht jeder unter einer Lichtzeichenanlage etwas vorstellen. Eine Verwaltung begegne Menschen mit höchst unterschiedlichen Lesefähigkeiten, so Müller-Grote; sei es, weil sie kognitive Probleme hätten, ihre Konzentrationsfähigkeit im Alter nachließen oder sie gerade erst Deutsch lernten. Allen solle Teilhabe ermöglicht werden.
Schon die Informationen zu Corona übersetzte Müller-Grote für die städtische Internetpräsenz in Leichte Sprache, an der Corona-Schutzverordnung biss er sich die Zähne aus. Vor allem aber ging nach der Pandemie ein Online-Schulungstool an den Start: verpflichtend für alle Beschäftigten der Stadtverwaltung, alle Neueinsteiger müssen das ebenfalls absolvieren. Eine Dienstanweisung fordert dazu auf, in verständlicher Sprache zu formulieren, und gibt eine Checkliste an die Hand.
Mit der Fortschreibung des Aktionsplans Inklusion erfuhr die Leichte Sprache auch in der Sankt Augustiner Stadtverwaltung einen Schub. Veröffentlichungen zu Schule, Kita oder Bevölkerungsschutz lägen vor, sagt Sprecher Benedikt Bungarten. Ein Flyer zum Thema Blackout sei eines der ersten Projekte gewesen, damals noch von einem externen Büro übersetzt.
Sankt Augustin will nicht nur im Internet verständlicher werden
Inzwischen gibt es diese Expertise auch in der Pressestelle. "Uns ist wichtig, dass wir auf der Internetseite ein Angebot bereitstellen", sagt Bungarten. Auf jeder Unterseite der städtischen Präsenz findet sich ein Button, der zur Leichten Sprache führt. Eine 1:1-Übersetzung der Seite sei "zum jetzigen Zeitpunkt utopisch", schränkt der Pressesprecher ein. Das bedeute ja den doppelten Pflegeaufwand für den Web-Auftritt, jede Änderung müsse dann hier wie dort umgesetzt werden.
"Verständlicher werden" will die Stadtverwaltung laut ihrem Sprecher aber nicht nur im Internet. So haben Beschäftigte an einem Workshop für "vielfalt- und diskriminierungssensible Öffentlichkeitsarbeit" teilgenommen. Wichtig sei, bestimmte Hürden im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern "erst gar nicht aufzubauen". Inzwischen befasst sich eine Arbeitsgruppe Inklusion in der Verwaltung mit dem Thema; in die Feedbackrunden sind auch die Behindertenbeauftragten eingebunden.
Andere Kommunen machen sich gerade erst auf den Weg, auch die Leichte Sprache in ihrer Öffentlichkeitsarbeit einzuführen: "Mängel der Barrierefreiheit" seien in die Qualitätssicherung aufgenommen, heißt es bei der Stadt Lohmar. Für Übersetzungen in Leichte Sprache sei aber noch kein fester Termin absehbar. Die Stadt Niederkassel erklärte, im ersten Quartal des neuen Jahres Künstliche Intelligenz einzuführen, mit der nach Bedarf Texte in Leichte und Einfache Sprache übersetzt werden könnten.
Die Gemeinde Eitorf hat auf ihrer Internetseite eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten für Menschen mit Einschränkungen: Texte können vorgelesen werden, Menschen mit einer Neigung zu Krampfanfällen können ebenso eine angepasste Wiedergabe wählen wie solche mit Konzentrationsschwäche oder kognitiven Einschränkungen.
"Leichte Sprache verstehen alle besser", schreibt das Netzwerk Leichte Sprache in einem Regelwerk. Wer so schreiben oder sprechen will, muss aber eine Reihe von Regeln kennen. So sollten einfache Wörter genutzt und Abkürzungen vermieden werden (auch vermeiden gilt übrigens als schwieriges Wort).
Genitiv und Konjunktiv sind verpönt, einer positiven Formulierung ist der Vorzug gegenüber einer negativen zu geben. Es werden kurze Sätze mit einfachem Satzbau geschrieben, in jedem Satz soll nur eine Information enthalten sein. © Kölner Stadt-Anzeiger
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