Im Winter rauchen immer mehr Schornsteine auf den Häusern der Stadt. Holzöfen sind im Trend. Der Markt boomt, seitdem Gas-, Öl- und Strompreise durch die Energiekrise gestiegen sind. Die Menschen suchen nach alternativen Heizmöglichkeiten.
Oft seien es sogar umweltbewusste Leute, die sich einen Holzofen anschaffen, sagt der Sülzer Thomas Mücher. Sie seien der Überzeugung, nachhaltig zu handeln, weil Holz ein nachwachsender Rohstoff ist. Sie täten der Umwelt aber überhaupt nichts Gutes, im Gegenteil. Der 36-Jährige betreibt seit einiger Zeit die Homepage www.luft.koeln, auf der er Kölner und Kölnerinnen über die Feinstaubbelastung durch Holzöfen in der Stadt informiert, denn die ist laut seinen Recherchen hoch.
Abgase gelangten durch die Belüftungsanlage des Hauses
Der Wirtschaftsingenieur begann sich mit dem Thema zu beschäftigen, als er in Höhenhaus lebte und sich ein Nachbar einen Kamin anschaffte. "Er war stolz, dass er alle Räume damit beheizen konnte und seine Fußbodenheizung nicht mehr benötigte", so Mücher. Allerdings habe sich die Luft in seiner Wohnung verändert: Die Abgase seien durch die Belüftungsanlage des Hauses hereingelangt. Er recherchierte und stieß auf die Sensor-Community, ein weltweites Netzwerk, das selbst Feinstaubsensoren baut, jeweils vor Ort misst und eine Anleitung zum Bau der Sensoren liefert.
Er legte sich zwei Feinstaubsensoren zu und maß die Werte an seinen Wohnort in Höhenhaus: "Unsere Wohnung lag am wenig befahrenen Eddaweg", erzählt er. "Doch jedes Mal, wenn mein Nachbar den Kamin anmachte, stieg die hinter dem Haus gemessene Feinstaubbelastung höher als die Werte, die an Hauptstraßen gemessen werden."
Als Mücher und seine Partnerin schließlich nach Sülz zogen, sei die Lage nicht besser gewesen. Die Zahl der Schornsteine in der Umgebung sei gewachsen. "Ein Nachbar", schildert Mücher, "sammelt regelmäßig Holz im Beethovenpark und verbrennt es in seinem Kaminofen. Der Rauch zieht über zwei benachbarte Kitas", sagt er.
Werte der Holzöfen um ein Vielfaches höher als an Hauptverkehrsachsen
Mücher misst die Feinstaubwerte vor seiner Haustür an der Berrenrather Straße und im Garten, in der Nähe der Holzöfen-Schornsteine. Seine Messergebnisse hat er in Kurven festgehalten: In den Abendstunden, wenn die Öfen angehen, schnellt die Kurve des Sensors hinter dem Haus nach oben, bis auf einen Spitzenwert von 40 Milligramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Die neue Luftqualitätsleitlinie der WHO sieht den kritischen Wert bei fünf Milligramm. Das sei allerdings der Jahresmittelwert, sagt Mücher, Spitzenwerte könnten durch geringere Belastung wieder ausgeglichen werden.
Das Verfeuern von Holz sei zum einen nicht klimafreundlich, informiert das Umweltbundesamt auf seiner Webseite. Bäume würden CO₂ für lange Zeit binden und Emissionen reduzieren. Beim Verfeuern von Holz gelange das CO₂ zurück in die Atmosphäre. Es sei vor allem aber gesundheitsschädlich.
Feinstaub kann Gesundheit beeinträchtigen
"Insbesondere Holzeinzelfeuerungen wie Kaminöfen stoßen neben anderen Schadstoffen viel Feinstaub aus", schreibt das Umweltbundesamt. "Ein neuer Kaminofen üblicher Größe emittiert, wenn er bei Volllast betrieben wird, in einer Stunde etwa 500 Milligramm Staub. Das entspricht etwa 100 Kilometern Autofahren mit einem Pkw der Abgasnorm Euro 6." Feinstaub sei so klein, dass er mit dem bloßen Auge nicht sichtbar ist. Er könne beim Einatmen bis in die tiefen Regionen der Lunge eindringen und so die menschliche Gesundheit beeinträchtigen.
Der feine Staub schadet den Lungen, führt zu Erkrankungen wie Bronchitis, Asthma, Lungenkrebs sowie Herz-Kreislauferkrankungen. Besonders gefährdet sind laut dem Kölner Kinderarzt Christian Döring Kinder im Alter bis zu sechs Jahren und Ungeborene. "Der Ultrafeinstaub ist deswegen so gefährlich", sagt er, "weil an ihm Giftstoffe wie dioxinartige Kohlenwasserstoffe haften. Er ist ein Giftstofftaxi." Die Giftstoffe würden sich in der Nähe der DNA ablagern und seien dort besonders krebserregend.
Bundesgesetz legt Grenzwerte für Holzöfen fest
Der Gesetzgeber hat mittlerweile auf die Gesundheitsgefahr aus Holzöfen reagiert: Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sieht vor, dass die Öfen ab 2025 je nach Alter nur bestimmte Grenzwerte an Schadstoffen ausstoßen dürfen. Kann der jeweilige Grenzwert nicht eingehalten werden, muss der Ofen nachgerüstet werden. Ist eine Nachrüstung technisch nicht möglich, dann muss der Ofen außer Betrieb genommen werden. Ob Grenzwerte überschritten werden, kann zum einen der Schornsteinfeger prüfen. Es reicht aber auch ein Herstellernachweis.
Ob dieser Schutz genügt, bleibt zweifelhaft, wie eine Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zum Thema nahelegt: "Die Zahl von Holzöfen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Holzöfen emittieren im Alltagsbetrieb häufig deutlich mehr Feinstaub als auf dem Typenschild angegeben", schreibt sie. Dazu würden unter anderem minderwertige Brennstoffe, falsches Anfeuern mit starker Rauchentwicklung und ein schlecht regulierter Verbrennungsprozess beitragen. "Auch wenn nur noch emissionsärmere Öfen installiert und ältere Modelle stillgelegt werden, rangiert ihr Anteil an den direkten Emissionen von Feinstaub inzwischen deutlich über dem von Verbrennungsmotoren", schreibt die Leopoldina.
In Köln werden laut Auskunft des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz die Grenzwerte für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid und Feinstaub eingehalten – jedenfalls nach eigenen Messungen.
"Das Amt überwacht die Luftqualität mit insgesamt 15 Passivsammlern und vier Messstationen", schreibt eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage. Außerdem würden Modellberechnungen vorgenommen, um zu bewerten, wie sich die Luftimmissionen fernab der Messstellen verbreiten. Seit mehreren Jahren sei danach eine kontinuierliche Abnahme der Luftschadstoffbelastung festzustellen, so die Sprecherin. "Zum Anteil der Feuerungsanlagen an der Feinstaubbelastung liegen dem Umwelt- und Verbraucherschutzamt jedoch keine Daten vor", schreibt sie. © Kölner Stadt-Anzeiger
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