Ein gewaltiger Knall zerreißt am Samstagnachmittag die Stille des Waldes, Holzsplitter fliegen umher, Rauch steigt auf.

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Nachdem die Sprengmeister des Technischen Hilfswerk (THW) Entwarnung gegeben haben, begutachten sie das Ergebnis: Alle sechs Bäume sind wie geplant umgefallen – nicht mit einer Säge, nicht mit einem Greifbagger, sondern mit mehreren hundert Gramm Sprengstoff.

An einer Rasthütte im Wald zwischen Lohmar und Siegburg, einige hundert Meter hinter dem Friedwald, haben sich an diesem Samstag die THW-Ortsverbände aus Siegburg, Düsseldorf und Wuppertal versammelt. Auch die Feuerwehr ist da, aus Gründen des Brandschutzes und der örtlichen Zuständigkeit.

Das THW hat kürzlich in Dresden Straßenbahnschienen gesprengt

"Sprengungen ein geeignetes Mittel, um Bäume zu fällen", erklärt Jürgen Truckenmüller, Pressesprecher der Düsseldorfer. "Wenn Bäume nach einem Sturm abbrechen, stehen sie womöglich unter Spannung. Zersägt man sie, können andere Äste blitzschnell nach oben springen – das ist gefährlich. Deswegen werden sie gesprengt", sagt er.

Auch in steilem Gelände, wo Forstarbeiter nicht mehr hingelangen könnten, seien gezielte Detonationen oft effizienter. "Die Sprengungen heute dienen aber ausschließlich Ausbildungszwecken. Unsere Sprengmeister müssen einmal im Jahr ihre Berechtigungen erneuern und treffen sich dafür im Wald", schildert Truckenmüller.

In Dresden habe das THW vor Kurzem die Straßenbahnschienen auf der eingestürzten Carolabrücke gesprengt. "Auch da stand der Stahl unter Spannung. Wenn man da die Flex genommen hätte, wären die Schienen unkontrolliert nach oben gesprungen." Und in Siegburg sprengte die Hilfsorganisation im März 2021 einen Felsen am Riemberg, der abzubrechen drohte.

THW zog bei Sprengung in Lohmar Sicherheitsradius von 300 Metern

Die Bäume, die die Ehrenamtlichen in die Luft jagen wollen, sind längst abgestorben und müssen sowieso gefällt werden. Ein Förster, erklärt der Pressesprecher, habe sechs Stämme ausgesucht und markiert. Einer von ihnen liegt in einer Astgabel. "Eine Herausforderung für uns."

Die übrigen fünf Bäume stehen auf einer Lichtung und sollen alle gleichzeitig fallen. Zuerst müssen die THW-Leute Löcher in die Stämme bohren – eine anstrengende Arbeit. Anderswo umwickeln sie die Bäume mit Sprengstoff-Schnüren. Mit Zünddrähten verbinden sie die Ladungen, das gelbe Zündkabel verläuft mehrere hundert Meter durch den Wald. Zum Schluss legen die Helferinnen und Helfer dicke schwarze Gummimatten um die Stämme und schrauben sie fest. Sie sollen Splitter zurückhalten.

Als alle Vorbereitungen nach mehreren Stunden abgeschlossen sind, sperren die THW-Leute die umliegenden Wege ab. Es gilt ein Sicherheitsradius von 300 Metern. Ein letzter Jogger, ein letzter Spaziergänger mit Hund huschen vorbei, dann ertönt das Warnsignal, das so ähnlich klingt wie die Hupe eine Zugs. "Achtung, Zündung", sprechen die Sprengberechtigten ins Funkgerät. "Drei, zwei, eins."

Aus der Ferne ist ein roter Lichtblitz zu sehen, mit einer Sekunde Verzögerung hallt ein gewaltiger Donnerschlag durch den Wald, da ist es Punkt 15 Uhr. Die Lautstärke hat sogar die THW-Leute überrascht – abgesehen von den Sprengberechtigten. Ein Drohnenpilot hat ein Video gemacht, darauf ist der Feuerball zu sehen. Holz splittert, eine Druckwelle wirbelt das Laub auf. Die Ehrenamtlichen freuen sich wie kleine Kinder, die einen Chinaböller gezündet haben.

Sprengmeister Guido Müller ist mit dem Verlauf der Übung zufrieden

An der Holzhütte fährt ein Auto vor, die Sprengberechtigten untersuchen, ob alle Ladungen gezündet haben. Die Bestätigung an alle kommt per Funk. "Wir schalten jetzt um", klingt es aus den Geräten. Gut 20 Minuten nach der ersten Zündung ertönt die zweite Explosion, die übrigen fünf Bäume werden alle auf einmal gesprengt.

Obwohl die Lichtung, auf der sie stehen, gut hundert Meter hinter der ersten Explosionsstelle liegt, ist die Druckwelle der Detonation zu spüren. Drei kurze Signale der Zughupe geben Entwarnung, dann können sich alle THW-Leute den Sprengplätzen nähern. Es riecht noch leicht nach Schwarzpulver. Die Sprengmatten hat es zerfetzt, die Reste liegen verstreut auf dem Waldboden.

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Die erste Sprengung ist nicht ganz geglückt, ein Teil des Baums liegt noch immer in der Astgabel. An der anderen Stelle sind alle Bäume umgekippt, einer ist allerdings nicht sauber abgetrennt worden. Sprengmeister Guido Müller ist trotzdem zufrieden. "Das kommt immer wieder mal vor, den Rest erledigen wir jetzt mit der Motorsäge", sagt er und schon bald füllt Kettensägen-Geheul die Stille des Waldes.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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