15 Millionen Euro – das ist auch im kommenden Jahr das Investitionsbudget bei der EVL. "Das geben wir vor allem aus, um die Versorgung aufrechtzuerhalten", sagt Thomas Eimermacher.

Mehr News aus Nordrhein-Westfalen finden Sie hier

Der kaufmännische Geschäftsführer des Versorgers weiß aber auch, dass man so nicht an der Wärmewende arbeiten kann: "In einschlägigen Untersuchungen heißt es, dass für den Ausbau der Netze bis 2030 mindestens das Drei- bis Vierfache investiert werden muss. Das sehen wir auch so. Und das ist natürlich eine Ansage." Und selbst für einen verlässlich gut verdienenden Versorger wie die EVL nicht einfach so zu machen.

Mit Blick auf die Wärmewende sagt der Geschäftsführer: "Das wird ohne Fördermittel nicht gehen." Die müssten in absehbarer Zeit fließen. Denn die EVL muss sich wie jeder andere Versorger darauf einstellen, dass in 20 Jahren "der Erdgas-Einsatz beendet ist", weiß Eimermacher. Dann muss Leverkusen eine Wärmeversorgung haben, die unabhängig von fossilen Brennstoffen ist. Wie die aussehen kann, wird gerade ermittelt. Die Wärmenetz-Planung ist ausgeschrieben, spätestens Ende Juni 2026 muss das Konzept stehen, und zwar umsetzungsreif.

Bis dahin arbeitet die EVL an kleineren Lösungen, die sofort machbar sind. Die betreffen vor allem das Fern- und Nahwärme-Netz. Im Ostteil der Neuen Bahnstadt hat der Versorger so etwas installiert. Denn es war klar, dass der Bereich nicht sinnvoll an das Fernwärme-Netz angeschlossen werden kann: Zu lang wären die Wege gewesen. Die Nahwärme-Versorgung in der Neuen Bahnstadt funktioniert indes ohne Erdgas. Stattdessen setzt die EVL Biomethangas ein. Das funktioniere nach einem etwas ruckeligen Start auf Lieferantenseite sehr gut. Vor allem: Das ist ausbaufähig.

In Alkenrath, berichtet Eimermacher, werde das Nahwärme-Netz ebenfalls auf Biomethangas umgestellt. Die Heizungen in rund 400 Wohnungen, die von der Vivawest vermietet werden, laufen ebenfalls mit dem Öko-Gas. "Das ist natürlich auch gut für die CO₂-Bilanz von Vivawest", nennt Eimermacher einen Treiber der Umstellung. Das Wohnungsunternehmen kann so Geld sparen, das sonst für die CO₂-Abgabe ausgegeben werden müsste.

Wie groß Leverkusens Fernwärme-Netz noch werden kann, hängt davon ab, wer noch liefern kann. Bisher ist das ausschließlich die Avea – die Abwärme aus der Müllverbrennungsanlage macht die Häuser warm. Aber die Kapazität ist begrenzt. Man könne die Temperatur ein bisschen drosseln und so die vorhandene Wärme besser ausnutzen, sagt Eimermacher. Was natürlich umso besser funktioniert, je mehr die Häuser gedämmt sind. Voraussetzung dafür sei freilich, dass der Avea-Ofen immer weiter die heutige Wärmeleistung abgeben kann. Auch das muss sicher sein.

Aber es gibt ja in der Stadt noch andere Wärmequellen. Currenta betreibt eine große Sondermüllverbrennung in Bürrig. Und dann ist da noch der Chempark, in dem enorme Mengen an Energie eingesetzt werden. Und der bislang den Rhein zum Kühlen nutzt. Geht das nicht anders? Darüber "sind wir in Gesprächen mit Currenta", sagt Eimermacher. Prinzipiell ist sicher denkbar, den Chempark und das Entsorgungszentrum in Bürrig als weitere Fernwärme-Quellen zu erschließen. Allerdings muss da vieles neu gedacht werden.

Und es muss auch effizient sein. "Kilometerlange Leitungen bis zum ersten Haus machen keinen Sinn", unterstreicht Thomas Eimermacher. Erst recht nicht, weil Fernwärme zwar reizvoll ist in dicht besiedelten Städten wie Leverkusen. Aber die Infrastruktur "ist auch unfassbar teuer", so der EVL-Chef. Die lohne sich nur, wenn sehr viele Häuser angeschlossen werden können. Damit ist auch klar: "In Bergisch Neukirchen werden wir kaum Fernwärme anbieten können." Dort muss die Wärmepumpe die Heizung der Wahl im postfossilen Zeitalter werden. Die wiederum brauchen viel Strom.

Und das ist die nächste Baustelle für die EVL. Ohne Ausbau wird das Netz nicht genug Energie liefern können, "das ist ja so ’ne Spirale", so Eimermacher. Auf eine halbe Milliarde Euro werde die erforderliche Verstärkung des deutschen Stromnetzes von Experten taxiert. "Schwindelerregend" findet Leverkusens Energiemanager das. Dazu kommt die Bauarbeiten. Irgendwo werde man immer auf aufgerissene Straßen stoßen, prognostiziert Eimermacher. Statistisch betreffe das rund zehn Prozent, über Jahre. Dass man dafür auch die entsprechenden Baukolonnen braucht, sei das nächste Problem.

Da ist es gut, dass ein kleiner Teil des Netzes nicht angefasst werden muss, auch wenn der nicht der EVL gehört: Durch die Ferngasleitung rund um die Stadt kann ohne Umbauten auch Wasserstoff fließen. Wenn der denn eines Tages zur Verfügung steht. "Wir haben die Hoffnung, dass wir davon etwas abbekommen", sagt der EVL-Chef. Das würde einige Probleme lösen.

Vielen Dank für Ihr Interesse
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln des Kölner Stadt-Anzeigers zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen.

Eine weitere Option ist auch hier der Chempark. Der enorme Energiehunger dort soll ebenfalls mit Wasserstoff gestillt werden. Dass bis heute gerade mal ein Prozent dieses Energieträgers "grün", also mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, hat der EVL-Chef auch auf dem Schirm. Mit Blick auf die Energiewende wünscht er sich deshalb "mehr Realitätssinn. Und vielleicht auch mehr Zeit."  © Kölner Stadt-Anzeiger

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.