Solange ganze Schausteller-Familien auf dem Rummel mit Entenangeln ihren Lebensunterhalt bestreiten können, gibt es noch Hoffnung.

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Hoffnung, dass Künstliche Intelligenz nicht auch noch das letzte Vergnügen aus Kindertagen ausrotten möge, an das man sich gerne erinnert.

Nimmt man die Herbstkirmes als Barometer, wird das der KI niemals gelingen. Da kann sie noch so schlau daherkommen. Gleich drei Kirmesgeschäfte gehen auf der Deutzer Werft auf Entenfang.

Experten erkennen sofort, worin sie sich unterscheiden. Im Preis. Für fünf Euro gibt’s je nach Enten-Anbieter acht, neun oder zehn Versuche. Aber Vorsicht. Der Preis allein ist nicht entscheidend. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers kann beim Angeln von großer Bedeutung sein. Ein Hauptgewinn ist schnell vorbeigeschwommen.

Friederich Rüwe (34), Schausteller in der siebten Generation, weiß die Faszination zu erklären. "Ich bin ja noch relativ jung, habe das Geschäft vor 15 Jahren von meiner Familie übernommen und selbst schon drei Kinder", sagt er. "Ich reise viel durch den Kölner und Bonner Raum. Noch heute kommen junge Erwachsene zum Enten angeln und spielen ein paar Runden. Die kenne ich zum Teil schon, seit sie vier sind. Bei uns muss man noch Geschick beweisen. Bei uns geht alles noch sehr traditionell zu. Für mich ist es einfach nur schön, die nächste Generation aufwachsen zu sehen."

Kölner Schausteller kehren vermehrt zurück zur Deutzer Werft

Ente gut, alles gut? Ein Jahr nach dem Rummel, den der Betreiberwechsel durch ein von der Stadt durchgeführtes Losverfahren ausgelöst hat, scheinen sich etliche der Betriebe, die der unterlegenen Gemeinschaft Kölner Schausteller (GKS) angehören, mit der Situation arrangiert zu haben.

Danach sah es zunächst gar nicht aus. Im Gegenteil: Die GKS wollte noch im Frühjahr die Verteilerkästen für Strom nicht freigeben, scheiterte damit vor dem Kölner Landgericht. Der neue Kirmes-Boss Wilfried Hoffmann organisiert das Volksfest jetzt zum zweiten Mal. Und siehe da: Nach Angaben seines Pressesprechers Hugo Winkels werden von den 86 Geschäften der Herbstkirmes, die noch bis zum kommenden Sonntag dauert, 39 von Kölner Schaustellern betrieben. "Davon gehören 28 der GKS an. "Das ist ein großer Zuwachs im Vergleich zur Frühjahrskirmes. Sollten wir den Zuschlag für die Kirmes von der Stadt erneut bekommen, können sich auch gerne weitere bewerben."

Auch das Traditionsfahrgeschäft der Kirmes ist zurückgekehrt. Die Achterbahn Wilde Maus, die von weitem so aussieht, als schmiege sie sich an die Severinsbrücke. Das ist ihr Stammplatz. Seit vielen Jahren. "Das war schon eine tragische Situation im Frühjahr", sagt Winkels. Aufgrund der kurzfristigen Ausschreibung habe die Familie Barth sich entschieden, nach Augsburg zu gehen. "Wir haben den Austausch mit ihr geführt. Egal, wer die Kirmes in Zukunft betreibt. Die Familie erwartet von dem neuen Betreiber nur einen Anruf, und dann ist sie wieder da."

Wir liegen bei den großen Fahrgeschäften im Schnitt zwei Euro unter den üblichen Kirmes-Großstadtpreisen

Hugo Winkels, Sprecher der Deutzer Herbstkirmes

Tradition und Moderne. Den treuesten Fans der Kirmes, die zum Teil schon seit Jahrzehnten kommen, fallen weitere Veränderungen ins Auge. Neu ist der Kirmes-Biergarten mit Blick auf das Dom-Panorama. "Hier sitzt doch sonst nie einer. Das mussten wir nutzen. Das ist doch einmalig", sagt Winkels.

Die Kölsch-Preise sind es leider auch. Drei Euro für ein Kölsch, das ist eine Stange Geld. Der Höhenrausch, und damit ist das Fahrgeschäft gleich nebenan gemeint, ist für sieben Euro zu haben. Als Gegenleistung wird der Besucher bis zu 45 Meter in die Höhe geschleudert – oder geschaukelt, je nach persönlichem Empfinden.

"Wir liegen in Köln bei den großen Fahrgeschäften im Schnitt zwei Euro unter den üblichen Kirmes-Großstadtpreisen. Das haben wir mit den Schaustellern so verhandelt, weil es den Familientag leider nicht mehr gibt", sagt Winkels. "Die Kirmes vor Ort ist immer noch etwas anderes als ein Freizeitpark. Hier geht man hin für ein oder zwei Stunden, die Oma gibt noch Kirmesgeld und alles ist gut."

Vom Auftakt-Wochenende kann man das so sagen. Bei nahezu frühlingshaften Temperaturen am Samstagabend erweist sich der Kessel-Tanz, auch Hopser genannt, als eine der unterhaltsamsten Attraktionen. Im Kessel schleudert es die Mutigsten von den Sitzen, draußen johlt die Masse vor Vergnügen. "Davon brauchen wir mehr auf dieser Kirmes", so Winkels. Für ihn ist die Interaktion zwischen den Wagemutigen und den Schaulustigen das Charakteristikum einer lebendigen Kirmes. "Da bleibt man stehen. Da will man dabei sein."

Veranstalter will das Teufelsrad vom Oktoberfest nach Köln holen

Das Teufelsrad, seit mehr als 100 Jahren ein Klassiker des Oktoberfestes in München, will er unbedingt nach Köln holen. Dessen Spielregeln sind ähnlich simpel wie beim Entenangeln. Nur dass man Enten nicht mit einem Lasso fängt. Auf einer Drehplatte lassen sich möglichst viele Menschen nieder, Rücken an Rücken. Die Platte dreht sich immer schneller. Die Sitzgemeinschaft fliegt nach und nach auseinander und rutscht von der Platte. Die Letzten werden mit dem mit dem Lasso abgefischt.

Noch so ein traditionelles Fahrgeschäft, dass sich Künstliche Intelligenz niemals ausdenken könnte, weil sie damit hoffnungslos unterfordert wäre, aber dennoch von der Tiktok-Generation gestürmt wird.

Die Herbstkirmes läuft noch bis zum kommenden Sonntag und endet um 21 Uhr mit dem traditionellen Feuerwerk. Für ein paar bedauernswerte Kreaturen wie ein überlebensgroßes Krümelmonster und etliche Kuschelteddys, die wegen ihrer Größe allenfalls auf der Rückbank eines Kleinbusses ausreichend Platz finden, könnte erst das der Tag der Befreiung sein. Sie hängen an Haltefäden wie an Galgen in gläsernen Kästen und warten sehnsüchtig darauf, dass möglichst viele Eltern von ihren Kindern dazu getrieben werden, eine Schere mit dem Startknopf so geschickt zu platzieren, dass sie den Faden durchtrennt und das Krümelmonster nach unten plumpst. Was nicht sehr wahrscheinlich ist.

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Sollte das die Zukunft der Kirmes sein, werden wohl keine jungen Männer mehr zum Mitreisen gesucht. Noch haben die Angler die Mehrheit. Weil bei den Enten keiner leer ausgeht. Das nennt man Trostpreis-Garantie. Schön, dass es das noch gibt.

Die Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag, 12 bis 21.30 Uhr, Freitag (Allerheiligen), 18 bis 22 Uhr, Samstag, 12 bis 22 Uhr, Sonntag, 12 bis 21.30 Uhr.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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