Mit Mehrwegbechern kann man sich anfreunden, eine gebrauchte Spritze möchte man aber nun wirklich nicht gesetzt bekommen.

Mehr News aus Nordrhein-Westfalen finden Sie hier

Dieses Beispiel zeigt, wie sehr sich Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen als Herausforderung darstellt. Darüber hinaus sind es zuweilen nicht nur die praktischen Entscheidungen, es ist auch eine Frage der personellen Ressourcen.

"Im Gesundheitssektor kann man nicht mal eben zehn Leute einstellen", erklärt Elena Lützeler, Referentin des Vorstands der Stiftung der Cellitinnen, die die Einrichtungen der Marienborn gGmbH unter anderem in Zülpich, aber auch an zahlreichen weiteren Standorten der Region betreibt.

"Die Mittel, die zur Verfügung stehen, sind begrenzt", ergänzt ihre Kollegin Janina Klinkhammer. Sie arbeitet bei der Marienborn gGmbH im Personalmanagement und der Unternehmenskommunikation.

Zülpich: Marienborn setzt auf Nachhaltigkeit in Einrichtungen

Lützeler und Klinkhammer haben sich zu SDG-Scouts weiterbilden lassen. SDG steht für Sustainable Development Goals, also für nachhaltige Entwicklungsziele.

Das Programm ist vom Kreis Euskirchen und dem BAUM-Unternehmensnetzwerk für nachhaltiges Wirtschaften angeboten worden. Für ihre Arbeit bei Marienborn in Zülpich wurden Lützeler und Klinkhammer mit dem Eifel Award zum Thema Nachhaltigkeit ausgezeichnet.

SDG-Scouts stoßen nachhaltige Entwicklungen an

"Wir verfolgen ökonomische und ökologische Ziele" so Klinkhammer über ihre Arbeit: "Wenn der Kugelschreiber nicht teurer ist, nehmen wir immer das nachhaltigere Modell." Diese Maxime gelte bei kleinen Investitionen genauso wie bei größeren. Das heißt konkret zum Beispiel, dass die Autoflotte der Pflegeeinrichtung auf E-Autos umgestellt wird, falls Verbrenner nicht wirtschaftlich sinnvoller sind.

Die Strategie verfolgt zahlreiche weitere Ziele: Unter anderem soll nach Möglichkeit Papier eingespart werden – Stichwort Digitalisierung. Photovoltaikanlagen sollen installiert werden, um Strom zu gewinnen. Heizungen sollen modernisiert werden. Uneingeschränkt ist all dies nicht umsetzbar. Auf manchen Gebäuden der Marienborn gGmbH können keine Photovoltaik-Module installiert werden, weil sie unter Denkmalschutz stehen.

Jedoch ist die Klinik in Zülpich komplett auf LED-Beleuchtung umgestellt worden, wie die SDG-Scouts berichten. Und bei der Planung der neuen Heizungsanlage sei natürlich zu beachten, dass diese zum Wohl der Patientinnen und Patienten auf keinen Fall ausfallen dürfe, erläutert Lützeler.

Gesundheitssektor beinhaltet besondere Herausforderungen

"Die Plastiktüte im Supermarkt ist super einfach wegzurationalisieren", nennt Lützeler ein weiteres Beispiel. Bei Nachhaltigkeit in einer Klinik sei alles etwas komplizierter: Zum einen müssen die Ausgaben vor den Kostenträgern gerechtfertigt werden, so Klinkhammer. Zum anderen gelte es, das Ziel im Auge zu behalten, dass die Patientinnen und Patienten Unterschiede bei nachhaltigeren Produkten nach Möglichkeit gar nicht bemerken sollen.

Im Pflege-Sektor stellen sich besondere Herausforderungen. Viele medizinische Produkte können nur einmal verwendet werden, sagt Klinkhammer, beispielsweise Handschuhe, Desinfektionstücher und Spritzen.

Bei den Recycling-Möglichkeiten von medizinischen Produkten stoße man mit Blick auf die Arbeitsschutzvorschriften im Gesundheitssektor schnell an Grenzen.

Bis 2026 wird eine große Bestandsaufnahme erfolgen

Stattdessen werde in Marienborn versucht, den Herstellungs- und Vertriebsweg der Produkte nachzuvollziehen. Das werde für die Einrichtungen der Stiftung zentral organisiert, erläutern die beiden SDG-Scouts. Auch die einzelnen Anliegen der verschiedenen Einrichtungen koordiniere man zentral in gemeinsamen Absprachen.

Zuweilen finden auch nicht alle die Veränderungen auf Anhieb gut. Klinkhammer und Lützeler berichten, dass nicht alle Mitarbeitenden ihren Enthusiasmus bei dem Thema teilen. "Haben wir schon immer so gemacht, dieses Produkt hatten wir schon immer, das wollen wir weiter haben", geben sie Reaktionen wieder, die teilweise zu hören seien, wenn es um nachhaltige Produkte gehe.

Dann sei sensible Überzeugungsarbeit gefragt, wie Lützeler erklärt. Daher sei es ihnen wichtig, ein Bewusstsein für Alternativen zu schaffen, ergänzt Klinkhammer. Über solche Alternativen wollen sie sich zukünftig im von ihnen erdachten"Nachhaltigkeitscafé" mit den Mitarbeitenden austauschen.

Schon jetzt steht fest, dass die Nachhaltigkeitsstrategie nicht kurzfristig umsetzbar ist. Bis 2026 sollen beispielsweise die medizinischen Produkte der Stiftungseinrichtungen in einer großen Bestandsaufnahme überprüft werden. "Schön, dass man sich auf den Weg macht", kommentieren die beiden die Entwicklungen hin zu mehr Nachhaltigkeit.

Hintergrundinfos zu Marienborn

Die Marienborn gGmbH gehört zu der Stiftung der Cellitinnen. Die Gesellschaft wurde 2002 gegründet. In Köln, Zülpich und Hürth gibt es eine Vielzahl von Standorten mit verschiedenen Schwerpunkten.

In Zülpich befindet sich die Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Genossenschaft der Cellitinnen hatte die Klinik 1888 nach den Regeln des heiligen Augustinus unter dem Motto "Einfach da sein" gegründet.

2001 wurde die Verantwortung für die Klinik an die Stiftung der Cellitinnen übertragen. Für den Betrieb der Einrichtung sind gemeinnützige GmbHs gegründet worden. Seit 1985 ist die Klinik in die regionale Krankenhausversorgung eingebunden.

Aktuell finden sich in der Einrichtung größtenteils Zweibettzimmer. Je nach Versorgungsschwerpunkt gibt es unterschiedliche vollstationäre Behandlungsangebote.

Weitere Einrichtungen und Angebote von Marienborn im Kreis Euskirchen

Weitere Einrichtungen im Kreis Euskirchen sind die Tagesklinik sowie die Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) in Zülpich. Zudem ist hier die Pflege-Einrichtung St. Elisabeth verortet. Für die Behindertenhilfe gibt es das Haus Hildegard, das Haus Monika und das Haus Norbert in Zülpich sowie das Haus Anna in Sinzenich. In Nettersheim befindet sich das Pflegezentrum St. Hermann-Josef.

Vielen Dank für Ihr Interesse
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln des Kölner Stadt-Anzeigers zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen.

Neben den stationären Einrichtungen gibt es in den Kreisen Euskirchen, Rhein-Erft und Rhein-Sieg ambulante Pflege-Optionen. Auch Catering-Dienste werden in Zülpich und Königswinter-Heisterbach angeboten. Das Lago Beach am Zülpicher Wassersportsee gehört ebenfalls zu Marienborn.  © Kölner Stadt-Anzeiger

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.