Es war eine Kulisse wie aus einem Märchenfilm. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt hatten die Luftfeuchtigkeit an den Zweigen der Bäume und den Nadeln der Fichten gefrieren lassen und das Naturschutzgebiet Baasemer Heide in das Reich der Eiskönigin verwandelt.

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Doch auch in den Märchen ist das so: Irgendjemand muss die Arbeit machen. In diesem Fall die ehrenamtlichen Helfer des KNU, die den Weg auf die Eifelhöhen auf sich genommen hatten, um Landschaftspflege zu betreiben.

Längst im Status der Traditionsveranstaltungen ist der Arbeitseinsatz an Silvester angekommen, zu dem der Kreisverband Natur- und Umweltschutz Euskirchen (KNU) zum Jahresende einlädt. Knapp 20 tatkräftige Personen waren dem Aufruf auch dieses Mal gefolgt, der im Sinne einer Nachnutzung eigentlich zu spät im Jahr stattfand. Denn die Entfichtung der Heideflächen stand auf dem Programm, und so mancher hätte sich bei der Gelegenheit durchaus einen hübschen Weihnachtsbaum organisieren können. So aber landeten die Bäumchen auf einem großen Haufen, bereit zur Abfuhr.

Mit der Biologischen Station werden Flächen im Kreis Euskirchen ausgewählt

Mit der Biologischen Station des Kreises Euskirchen hatte sich der KNU auch in diesem Jahr kurzgeschlossen, um eine Stelle zu finden, wo tatkräftige Hilfe gebraucht werden könnte, berichtet Christine Fischer-Ovelhey, Vorsitzende des KNU. In diesem Jahr sei die Wahl auf diese Fläche gefallen, die im Zuge des Life-Projektes "Allianz für Borstgraswiesen" gerodet worden sei. Nun allerdings seien wieder junge Fichten nachgewachsen, die jetzt entfernt werden müssten.

Die Heidelandschaft mit ihrem sauren und nährstoffarmen Boden, in der zum Beispiel Arnika wächst, ist ursprünglich durch die extensive Landwirtschaft entstanden.

Christine Fischer-Ovelhey, Vorsitzende des KNU

"Die Heidelandschaft mit ihrem sauren und nährstoffarmen Boden, in der zum Beispiel Arnika wächst, ist ursprünglich durch die extensive Landwirtschaft entstanden", erläutert Fischer-Ovelhey. Doch im 20. Jahrhundert seien die Flächen entweder brachgefallen, mit Fichten aufgeforstet oder gedüngt worden, sodass diese Flächen selten geworden seien. An dieser Stelle des Baasemer Waldes seien inzwischen Forstflächen gerodet worden, die nun durch Saatgutübertragung wieder in ihre ursprüngliche Form gebracht werden sollten.

Fast wie ein Moor wirkte die Fläche, auch wenn durch die niedrigen Temperaturen der Boden oft gefroren war. Doch gerade in den Fahrspuren, die der Harvester hinterlassen hatte, hatten sich Pfützen angesammelt. "Auch wenn oft über die schweren Maschinen geschimpft wird, sie bieten auch Chancen", sagt Jan-Roland Vos, Mitarbeiter der Biostation, mit einem Blick auf die Wasserflächen, an deren Rand sich Strauchheide und Glockenheide angesiedelt haben. Mit einem Freischneider hatte er sich durch den Bewuchs gearbeitet. Doch immer mit Bedacht: "Ich habe gesagt, nicht zu viel machen."

Auch die Fichten sind in der Baasemer Heide wichtig

Denn für seine Schützlinge sind auch die Fichten wichtig, die sich nach der Rodung wiederangesiedelt haben. Vos ist Ornithologe, und das Gebiet in der Baasemer Heide ist für ihn von besonderer Bedeutung. 2016 hat er hier die Artenvielfalt unter die Lupe genommen und dabei eine aufregende Entdeckung gemacht. "Hier ist ein Bruthabitat des Raubwürgers", sagt er mit leuchtenden Augen. Extrem selten sei das Tier, lediglich sechs Brutpaare gebe es im Kreis.

Für ihn und andere seltene Arten wie die Heidelerche oder den Neuntöter seien solche Landschaften am Waldsaum optimal. "Der Raubwürger brütet im Wald, jagt aber auf der freien Fläche", erläuterte Vos. Dagegen bevorzuge der Neuntöter Brutplätze, die in einzelnen Baumgruppen seien. "Deshalb haben wir dieses kleine Wäldchen stehengelassen", sagt Vos und deutet auf eine Gruppe junger Fichten. Auch nutze der Raubwürger einzelne Bäumchen als Ansitz für die Jagd.

Hier gebe es unterschiedliche Habitate für die verschiedenen Vogelarten: Auf einer Wiese werde gemäht, auf einer anderen nicht, auf einer Rodungsfläche seien die Stubben entfernt worden, woanders wieder nicht. "Das nennt man mosaikartige Zurückdrängung", so der Ornithologe. Über den Raubwürger spricht Vos wie über einen alten Freund: "Er ist sehr scheu, aber mit den Jahren hat er sich anscheinend ein wenig an mich gewöhnt." Doch die vielen Menschen und das Geräusch der Motoren beim Arbeitseinsatz könnten ihn erschrecken, deshalb habe Vos darauf geachtet, dass die Arbeiten nicht zu nahe an dem Revier des seltenen Vogels durchgeführt wurden.

"Fragen Sie mal, wie alt die Leute sind, die hier arbeiten", sagt ein Mann, während er eine kleine Fichte aus der Fläche zog. Er selbst sei 71 Jahre alt, aber es sei auch ein 86-Jähriger dabei. Er moniert, dass in dieser Gruppe die jungen Leute fehlen. "Wir vermissen den Nachwuchs, aber das geht auch anderen Vereinen so", bestätigt die Vorsitzende Fischer-Ovelhey.

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Die Struktur habe sich geändert, die jungen Leute hätten heute am Wochenende zu tun, das erlebe sie auch in ihrer eigenen Familie. Früher hätten sich vor allem die Männer einen Samstag Zeit nehmen können, um sich beispielsweise für den KNU zu engagieren, doch das sei mittlerweile anders geworden: "Das Problem aber haben alle."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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