Für die meisten Spaziergänger war es nur ein unscheinbarer Hügel, wie so viele in den Wäldern an der Dhünn.

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Doch es gab Indizien und Überlieferungen, dass auf dem Bergsporn oberhalb von Altenberg im Mittelalter ein grundlegendes Stück Geschichte des Bergischen Landes geschrieben worden war. Hier wurden die Überreste der Burg Berge vermutet, Stammsitz des gleichnamigen Grafengeschlechts, bevor diese an der Wupper einen repräsentativeren Bau errichteten, der heute als Schloss Burg bekannt ist.

So berichtete der Kunsthistoriker Paul Clemen in einer Publikation 1901, dass 1855 ein Steinbruch an der Dhünn angelegt worden war. Dabei sei der Außengraben der Burg gefunden worden, gefüllt mit Küchenabfällen, darunter Eberzähne und Hirschgeweihe, auch Eisenteile und Schlüssel. 1981 rückten die Archäologen an. Ihr geschulter Blick und die anschließenden Grabungen ließen keinen Zweifel: Burg Berge, Stammsitz der Grafen von Berg, war gefunden.

Die "Faszination Altenberg" führte zur Vereinsgründung

Damals war Randolf Link gerade mal 19 Jahre alt. Doch die "Faszination Altenberg" sollte ihn und seinen Vater Manfred, der schon damals als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger unterwegs war, nie mehr losgelassen. "Das war die Initialzündung", sagt Randolf Link rückblickend, warum ihn das Thema Altenberg, die Spurensuche nach Vergangenem, Verborgenem und Versunkenem seit Jahrzehnten nicht loslässt.

Im Jahr 2000 gründeten die beiden Links und fünf weitere Mitstreiter den Verein "Landschaft und Geschichte", kurz LuGeV. Nun feiert der Verein sein 25-jähriges Bestehen. "Wir wollten eine Plattform bieten für Angebote, die schon vorhanden waren", erklärt Randolf Link die Entstehungsgeschichte. Denn viele Experten organisierten auch damals schon Führungen, Exkursionen oder Vorträge, allerdings stets nur in den Grenzen ihres eigenen Spezialgebietes.

Spurensuche Altenberg bietet einmal im Monat spannende Führungen

LuGeV bietet den unterschiedlichen wissenschaftlichen Beiträgen der Fachrichtungen Landschaft/Geologie, Historie, Naturkunde und Bergbaugeschichte, die sich auch im Logo des Vereins wiederfinden, seither einen Rahmen. Und das mit Erfolg: Die Reihe Spurensuche Altenberg, die an jedem ersten Sonntag im Monat zwanglose Führungen ohne Anmeldung zu wechselnden Themen anbietet, gehört dazu.

Sie gewähren Einblicke in den nicht ungefährlichen Arbeitsalltag in den alten Pulvermühlen an der Dhünn. Oder warum die Markuskapelle das eigentliche Herz von Altenberg ist, sein Reliquien-Herz des 1225 ermordeten Engelbert von Berg dann aber doch an den Dom gegenüber verloren hat. Und wie die Zisterzienser das Wasser intelligent nutzten, um sich das Leben leichter zu gestalten.

Braukunst der Zisterzienser mit Kostprobe

"Wir müssen uns immer etwas Neues ausdenken", sagt Link über sich und das Team, dem es wichtig ist, die Menschen bei aller Forschungsgenauigkeit nicht mit staubtrockenen Details abzuschrecken. "Wenn die Themen packend sind, dann kommen die Leute zur Spurensuche." So lernt man bei ihm und Christiane Cyriax nicht nur in der Theorie etwas über die Braukunst der Zisterzienser – oder (ganz neu) über ihren Obstanbau, sondern wird auch gleich zur Kostprobe eingeladen.

"Die Spurensuche ist die beste Plattform für Menschen, die wir sonst nicht erreichen", meint Link. Dabei sei der Verein zunächst ganz klassisch gestartet, mit Vorträgen zu Burg Berge, der Romanik oder den Zisterziensern. Heute müsse man interaktive Angebote machen. Die Geschichte wird vor Ort erzählt, man arbeite mit "archäologischen Fenstern" und mit "historischen Sichtachsen", erklärt er.

Die Markuskapelle ist das Herz von Altenberg

Auf der wichtigsten Sichtachse steht er dabei gerade selbst. Zwischen barockem Torbogen und Domportal sieht man im Süden den Bergsporn, auf dem mit Burg Berge ein Luxusadelssitz seiner Zeit stand, und im Norden die kleine Markuskapelle, "Dreh- und Angelpunkt für die Klostergeschichte", sagt Link. "Die erste Grablege der Grafen von Berg ist der herausragende Memorialort von Altenberg."

Schon bei seiner Gründung dokumentierte der Verein mit seiner Namenswahl, dass er Altenberg im Gefüge der umgebenden Landschaft sieht, ein Zusammenhang, der sich ganz aktuell auch im Europäischen Kulturerbesiegel für "Cisterscapes", die Klosterlandschaft Altenberg wiederfindet. Seit Jahren engagiert sich der Verein auch für die "Expedition Heimat", die kreisweite Veranstaltung am Tag des offenen Denkmals, die im Herbst 2024 wieder einmal in Altenberg ausgerichtet wurde. Auch beim Regionale-Projekt 2010, das Altenberg aufwerten sollte, brachte LuGeV sein Knowhow der historischen Gegebenheiten ein.

Für die Aufarbeitung, Visualisierung und Filme über Burg Berge in seiner Blütezeit und das frühe Kloster im Dhünntal, wurde der Verein gleich zweimal, 2020 und 2022, mit dem Odenthaler Heimatpreis ausgezeichnet. LuGeV will die Faszination Altenberg erhalten, Forschung, Wissen und Erinnerung stärken – auch, um daraus Lehren für unsere Zeit zu ziehen. Dafür geben die schon im Mittelalter europäisch gut vernetzten Zisterzienser manche Anregung.

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Ohnehin ist das Mittelalter nicht ganz so weit entfernt, wie wir oft meinen. Die verheerende Jahrhundertflut im Sommer 2021, die auch die Markuskapelle in Altenberg überschwemmte, war nicht die erste ihrer Art. Die Annalen berichten davon…  © Kölner Stadt-Anzeiger