Ein Holzsarg auf der Bühne reicht als Requisit - und als Symbol. Mit ihm wird Mutter Erde zu Grabe getragen.
Drei junge Schauspieler und Schauspielerinnen umkreisen ihn rennend, als ob es um ihr eigenes Leben ginge. Tut es auch irgendwie. Die Klimakatastrophe nimmt apokalyptische Züge an: Erderwärmung, Verschmutzungen und Kipppunkte legen nahe, dass die Welt bald untergeht. Die drei sinnieren über die sterbenden Ozeane, Tierarten und Menschen, ob und was man noch tun kann. In die Überlegungen ist das junge Publikum eingebunden – und mit Feuereifer dabei. Für das interaktive Stück "Fighters for Future" zum Thema Klimawandel, seine kraftvolle und facettenreiche Inszenierung, ist das Casamax-Theater an der Berrenrather Straße gerade für den Kölner Kindertheaterpreis nominiert worden.
Das Casamax ist das bekannteste Theater im Bezirk Lindenthal
Doch das - neben der geschlossenen Studiobühne - bekannteste Theater im Stadtbezirk, kämpft ebenfalls ums Überleben. Die Lage ist prekär. Theaterleiterin Hille Marks erläutert sie genauer: Die Energie- und Personalkosten seien in die Höhe geschnellt. Die gestiegenen Mindesthonorare zahlt Theaterleiterin Marks gerne. "Unsere Mitarbeiter bekommen für qualitativ hochwertige Arbeit ja immer noch viel zu wenig Geld", sagt sie. Die Mietkosten für die Räume im lauschigen Hinterhof kann das Theater ein wenig durch Untervermietungen senken.
Aber ein Untermieter sei weggebrochen, so Marks. Die Neuvermietung gestalte sich schwierig. Im Kulturbereich stehen zudem heftige Kürzungen bevor. Die Einnahmen, die das kleine Theater erspielen kann, sind aber begrenzt: "Wir haben etwa 65 Plätze in unserem Theatersaal", sagt Marks. Bei einer ausverkauften Vorstellung würden sie rund 400 Euro einnehmen. 20 Euro pro Karte wie sie freie Theater für Erwachsene nehmen, könne ein Kindertheater nicht verlangen. Das Casamax hofft daher auf möglichst viele ausverkaufte Vorstellungen.
"Bei schönem Wetter unternehmen die Eltern mit ihren Kindern verständlicherweise lieber etwas im Freien", erzählt Marks. Die Personalsituation in den Kitas und Schulen würde sich auch in der Zahl der Gruppenbesuche niederschlagen. "Eine Kita hat gerade zum zweiten Mal eine gebuchte Vorstellung storniert, weil eine Begleitperson fehlte", so Marks.
Die Förderung von Stadt und Land deckt nur die Hälfte der Kosten
Zwar kommt das Casamax-Theater in den Genuss der Konzeptionsförderung der Stadt Köln. Einzelne Projekte werden auch vom Land NRW, von der Bezirkspolitik und von verschiedenen Stiftungen gefördert. Das decke aber nur die Hälfte der Kosten, sagt Marks. Die andere Hälfte wird durch Kartenverkauf und Untervermietungen finanziert. Insgesamt ist die Finanzierung auf Kante genäht.
Im vergangenen Jahr ging die Rechnung erstmals nicht auf. Der Saldo ergab ein fünfstelliges Minus, das ein kleiner Kulturbetrieb nicht so ohne weiteres ausgleichen kann. Und das ausgerechnet, nachdem gleich zwei neue Inszenierungen für den Kölner Kindertheaterpreis nominiert waren, "Fighters for Future" und das Stück "Heureka" für "forschende Menschen ab sechs Jahren".
Seit 40 Jahren steht das Casamax für Kindertheater mit Anspruch
40 Jahre Herzblut und viel Erfahrung stecken in den immer wieder herausragenden Kindertheaterstücken. Marks gründete 1985 das Casamax-Theater mit anderen Theatermachern. Als sie selbst Mutter war, wurde es zum Kindertheater. "Die Kinder erleben die Themen mit allen fünf Sinnen", sagt sie. Wenn das Licht ausginge, zöge das Geschehen auf der Bühne sie regelrecht in seinen Bann. Und die Stücke würden nachwirken. So erzählt mancher 20-jährige Lindenthaler heute noch von "Herrn Sturm und seinem Wurm", die er als Fünfjähriger im Casamax-Theater erlebte. Marks hofft, dass ihr kleines Theater auch in den kommenden Jahren noch viele junge Besucher begeistern kann.
Auch der Verein Zeitgeist in Braunsfeld fürchtet aufgrund der drohenden Haushaltskürzungen um seine Existenz. Der vor einigen Jahre gegründete Verein nahm nach der Corona-Krise seine Aktivitäten auf. Seitdem bietet er in seinen Räumen am Clarenbachplatz ein facettenreiches Kultur- und Bildungsprogramm für die Braunsfelderinnen und Braunsfelder. Konzerte, Lesungen, Gesprächsrunden und Kurse finden dort statt. Das Programm soll vor allem ein Mittel gegen die Einsamkeit sein. Ermöglicht wurden die Aktivitäten durch eine Förderung der Stadt. Diese fällt nun wahrscheinlich weg: "Die im Rahmen der Haushaltskürzung durch die Stadt angedrohte Einstellung der Förderung bedeutet nichts anderes als das Aus unserer bürgerschaftlich orientierten Unternehmung", schreibt der Vereinsvorstand. "Wir würden die Miete nicht mehr zahlen können, da unsere Einnahmen durch Spenden und Vermietungen nicht ausreichen. Wir wären dann also am Ende."
zeitgeist-braunsfeld.de © Kölner Stadt-Anzeiger
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