Geschmacksache: In der Villa Rothschild in Königstein ist der Auftakt üppig und der Service schneller, als es der Atmosphäre gut tut.
Ein historisches Haus in einem großen Park, das Restaurant darin großzügig und auf eine unaufgeregte Art elegant eingerichtet, mit Rot-, Gold,- und Kupfertönen. Neben dem Schlosshotel Kronberg ist das Hotel Villa Rothschild eine zweite Edel-Adresse für das Ausgehen im Hochtaunuskreis. Letztere ist weniger gediegen im Interieur und in der Publikumsansprache als erstere; es sucht sich jeder seine Nische. Das kulinarische Konzept in der Villa Rothschild, heißt Grill & Health. Für die Umsetzung verantwortlich ist seit Februar Patrick Bittner, zuvor Küchenchef im Restaurant Français im Steigenberger Grandhotel Franfurter Hof in Frankfurt; das Français wurde 2022 geschlossen.
Wer Bittner und seine Arbeit noch aus der Frankfurter Zeit kennt, wird in Königstein manches wiedererkennen. Veränderungen wird er auch bemerken. Und wer den Service in der Villa Rothschild noch aus den Zeiten kennt, als dort Sebastian Prüssmann Küchenchef war, wird auch sehen, das heute manches anders ist. Prüssmann hat das Haus 2020 verlassen. Er ist seitdem Küchenchef der Sansibar auf Sylt.
Bittner, der einen großen Teil seiner Freizeit mit Laufen verbringt, ist auch im Job ausdauernd: Ab dem Jahr 2000 war er im Frankfurter Hof, acht Jahre später erhielt das Restaurant einen Michelin-Stern, den es bis zuletzt hielt. In der Villa Rothschild wiederum haben auch schon Christoph Rainer und Christian Eckhardt gearbeitet, bekannte Köche, das Haus hat eine Geschichte als Ort für gutes Essen.
In Frankfurt hat Bittner lange entlang der französischen Klassik gekocht, später auch Einflüsse aus Asien verarbeitet. Das tut er nach wie vor, er nennt seine Küche heute selbst eine französische mit modernem Twist.
Ein Abend in der Villa Rothschild beginnt mit Amuse-Gueules in regelrechtem Übermaß, mit – sehr salzigen – Gougères, käsegefüllten Windbeuteln, Brokkolisalat auf einem knusprigen Tartelett, getoppt mit Forellenkaviar, Brot und Hummus. Damit nicht genug, wird noch Thunfisch auf japanischem Eierstich in einem feinen Dashi aufgetragen, fast schon in der Größe einer kleinen Vorspeise.
Immer schon hat Bittner gern Gänseleber verarbeitet und sie mit Obst kombiniert. In Königstein gibt es Gänseleber, ein rund ausgestochenes Stück Pastete unter einer von roten Früchten eingefärbten Gelee-Decke, das schmeckt ein bisschen weniger prägnant, als es aussieht. Vor allem macht das, wie etliche andere Gerichte, den Eindruck, als müsse hier vieles vorbereitet werden, nur wenig wird à la minute gemacht. Es gibt auf Sous- vide-Art gegartes Fleisch, vieles ist, wenn nicht dezidiert kalt, dann nur warm. Die Komponenten insgesamt sind reduziert, aber nicht alle sind so, dass man sagen könnte, sie stünden für das Beste ihrer Art oder das Beste, das aus ihnen herauszuholen wäre.
Dazu passt, dass der Service druckvoll und bemerkenswert unsensibel arbeitet. Noch bevor sich der Gast richtig hingesetzt hat, wird ihm das Wasser verkauft, verlässlich werden Leute angesprochen, wenn sie gerade kauen, die Teller werden so schnell nacheinander aufgetragen, als gäbe es für das Tempomachen extra Geld.
Nichtsdestotrotz ist das Essen gut, manches ist sehr gut, ein herausragend mild-aromatischer bayerischer Rehrücken zum Beispiel in einer Sauce, die seidig-leichten Tiefgang hat. Der marinierte Fenchel dazu ist allerdings blass. Top: die Korianderbisque zum bretonischen Steinbutt aus Wildfang. Eher uninspiriert, weil sehr schwach gewürzt, wirkt hingegen das Hokkaidokürbis-Curry. Fazit: Schönes Ambiente, ansprechende Ideen, noch passt nicht alles zusammen.
Restaurant Grill & Health in Königstein. Telefon: 0 61 74/2 90 80. Öffnungszeiten: donnerstags bis samstags von 18 Uhr an, sonntags von 12 bis 15 Uhr. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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