Museum Wiesbaden: Fossilien gewähren einen Blick in die Klimageschichte des Planeten. War das Wetter früher besser?
Das Museum Wiesbaden ist reich an fossilen Schätzen, und viele Fundstücke der Sammlung sind bezaubernd anzusehen. Direktor Andreas Henning betrachtet sie allerdings aus einem neuen Blickwinkel, seit der Paläontologe und Kurator Eric Walliser die Studienausstellung "Früher war das Wetter besser" konzipiert hat.
Das sei der beste Ausstellungstitel "ever", meint Henning, der gelernt hat, dass Fossilien "Wissensspeicher" sind und einen bemerkenswerten Blick auf das Klima der zurückliegenden 500 Millionen Jahre ermöglichen.
Regelmäßige und verlässliche Wetteraufzeichnungen gibt es laut Walliser erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Wetterverhältnisse in den Jahrhunderten und Jahrmillionen davon lassen sich aber zumindest ansatzweise aus der Untersuchung und Analyse von Fossilien erschließen. Diese Klimaarchivalien sind unter anderem Muscheln und Schnecken, versteinerte Pflanzen und Bäume sowie Tierzähne und Korallen. Letztere bedürfen beispielsweise einer Wassertemperatur zwischen 23 und 29 Grad Celsius, um wachsen zu können.
Eine philosophische Frage für den Kurator
Korallenriffe gelten somit als präzise Indikatoren für das Klima der Vergangenheit. Veränderungen der Wetterbedingungen spiegeln sich im Wachstum und im Zustand von Riffen wider und hinterlassen Spuren, die Millionen Jahre später noch nachweisbar sind. Wer Korallenriffe und ihre Ausbreitung studiert, dem ist laut Walliser auch eine Rekonstruktion der Klimageschichte des Planeten möglich.
Ähnliches gilt für Molluskenschalen, deren chemische Zusammensetzung von der Wassertemperatur beeinflusst wird. Über sie lässt sich erforschen, wie warm oder kalt das Wasser über einen Zeitraum von 250 Jahren war. War früher das Wetter besser? Für den Kurator ist das eher eine philosophische Frage, aber Pflanzenreste aus den "miozänen Hydrobienschichten" rund um Wiesbaden lassen den Schluss zu, dass es vor 30 Millionen Jahren mit einer Durchschnittstemperatur von 15 bis 16 Grad in der Gegend, in der heute Wiesbaden liegt, spürbar wärmer war als in der Gegenwart.
Keine Relativierung des Klimawandels
Damals ähnelte das Klima rund um das Mainzer Becken eher dem von Südfrankreich heute. Nicht minder aufschlussreich können die Zähne von Mammuts, Flusspferden und Haien sein, weil sich aus ihrer Zusammensetzung auf die klimatischen Bedingungen und die Häufigkeit von Niederschlägen schließen lässt.
Bemerkenswerte Hinweise auf die Klimabedingungen der Vergangenheit in der Rhein-Main-Region geben auch die Jahresringe versteinerter Baumstämme, von denen ein eindrucksvolles Exemplar im Ausstellungsraum im ersten Stock des Museums gezeigt wird. War das Wetter also besser im Miozän? "Anders", sagt Walliser, der die Ausstellung aber nicht als Relativierung der Sorgen über den Klimawandel sehen will. Denn als "beispiellos" gilt dem Kurator das Tempo des "menschengemachten" Klimawandels in der Gegenwart, der jede Anpassung schwierig macht.
Die Studienausstellung wird bis 9. März im Museum Wiesbaden zu den üblichen Öffnungszeiten gezeigt. Kurator Walliser hält am 12. November, 18 Uhr, den Vortrag "Früher war das Wetter besser. Fossilien als Klimaarchive". © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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