Frankfurter Kantorei: Es ist ein Abschied, der ihm nicht leichtfällt: Seit 1997 ist Winfried Toll künstlerischer Leiter der Frankfurter Kantorei.,

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Es ist ein Abschied, der ihm nicht leichtfällt: Seit 1997 ist Winfried Toll künstlerischer Leiter der Frankfurter Kantorei.

"Ich will Ohren und Herzen öffnen", sagt Chorleiter Winfried Toll über seine Arbeit. Mit der Frankfurter Kantorei führt er am 25. November in der Heiliggeistkirche im Frankfurter Dominikanerkloster die Messe Nr. 1 in d-Moll von Anton Bruckner auf, zusammen mit der Psalmensymphonie von Igor Strawinsky, jeweils in einer Fassung mit zwei Klavieren.

Die Vorstellung einer klavierbegleiteten Bruckner-Messe verwundert zunächst. Aber Toll hat das schon gemacht und weiß, dass es funktioniert: "Statt in vertrauten Klängen zu baden, hört man dann mehr auf die Struktur", sagt er, "und spürt die Verwandtschaft zwischen Bruckners romantisch-poetischem und Strawinskys strengem orthodoxen Werk." Über geöffnete Ohren und Herzen will Toll also auch dazu ermutigen, sich von Hörgewohnheiten und Erwartungshaltungen zu befreien, wie er in einem Gespräch im "Haus der Chöre" sagt.

Es wird für die Frankfurter Kantorei sehr schwer sein, einen ähnlich hochkarätigen und zugleich breit aufgestellten Nachfolger für den 69 Jahre alten Leiter zu finden: Toll hatte bereits im Internat Collegium Augustinianum Gaesdonck eine profunde musikalische Ausbildung erhalten. Nach dem Abitur studierte er Theologie und Philosophie und danach Musiktheorie, Schulmusik und Komposition bei Klaus Huber und Brian Ferneyhough, außerdem auch Gesang bei Elisabeth Schwarzkopf. Andererseits hatte er schon immer Spaß am Dirigieren gehabt. "Als Kind habe ich eine Stricknadel von meiner Mutter genommen und Wagners ‚Meistersinger‘ in die Luft gemalt", sagt er.

Mit seinem ersten Gesangsensemble, der Camerata Vocale Freiburg, erntete er den ersten von vielen Preisen. Über seine Professur an der Frankfurter Musikhochschule kam er 1997 zur Frankfurter Kantorei. "Meine Vorgänger, Kurt Thomas, Helmuth Rilling und Wolfgang Schäfer, hatten ebenfalls hier gelehrt."

"Unser größtes Problem sind die Raummieten für Konzerte"

Als Florian Lohmann 2019 seine Professur übernommen habe, habe es sich für ihn "völlig natürlich" angefühlt, dass er auch sein Nachfolger bei der Frankfurter Kantorei werden könnte, sagt Toll. Doch er habe abgelehnt, weil er noch zwei sehr gute Chöre in Hannover und auch noch kleine Kinder habe. "Und jetzt stelle ich fest, dass mir das Abgeben schwerfällt", sagt Toll. "Auch uns fällt es schwer", sagt Johannes Kaballo, der zweite Vorsitzende. "Über die Jahre wächst man doch auf allen Ebenen sehr zusammen."

Wer in der Frankfurter Kantorei mitsingen will, muss klanglich hineinpassen und neben musikalischer Sicherheit eine regelmäßige professionelle Schulung seiner Stimme erkennen lassen. Darüber hinaus lassen die als Verein organisierten Choristen sich ihr Hobby einiges kosten. Zwar werden sie vom Kulturamt der Stadt Frankfurt gefördert. "Aber unser größtes Problem sind die Raummieten für Konzerte", so Kaballo. Sie lägen oft im fünfstelligen Bereich. Selbst wenn alle Plätze etwa im hr-Sendesaal verkauft seien, reiche der Erlös gerade mal für die Hälfte der Miete. "Dabei wollen wir ja vor allem die Solisten und das Orchester bezahlen. Programmhefte, Blumen und so weiter kommen noch dazu", sagt Kaballo.

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Auch deshalb sollte man das Angebot der Konzerte zu schätzen wissen und ihm Ohren und Herzen öffnen.

Frankfurter Kantorei, Konzert am 24. November um 18 und 25. November um 20 Uhr, Heiliggeistkirche im Dominikanerkloster.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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