Berlin - Die umstrittenen Milliardenkürzungen im Berliner Landeshaushalt sind endgültig beschlossen. Das Landesparlament verabschiedete mit der Mehrheit von CDU und SPD und gegen die Stimmen von Grünen, Linken und AfD einen entsprechenden Nachtragshaushalt für 2025. Er sieht im Vergleich zum bisherigen Etatplan Streichungen von rund drei Milliarden Euro vor.
Berlins Regierender Bürgermeister
Wegner: "die Zeiten haben sich geändert"
"Ja, wir haben schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen in allen Bereichen", sagte Wegner. Niemand habe sich das leicht gemacht. "Wir würden auch sehr gerne auf Einsparungen verzichten. Doch die Zeiten haben sich geändert, und Berlin braucht jetzt verantwortungsvolles Handeln."
Betroffen von den Einsparungen sind Kultur und Hochschulen genauso wie Verkehr und Klimaschutz. Geplant sind auch höhere Einnahmen: Mehr Geld in den Haushalt spülen sollen unter anderem die Erhöhung der Vergnügungssteuer, der Zweitwohnungssteuer und der Übernachtungssteuer.
Das jährliche Haushaltsvolumen in Berlin war in den vergangenen Jahren stark auf zuletzt um die 40 Milliarden Euro gewachsen, 2016 waren es noch rund 26 Milliarden Euro.
Opposition kritisiert "planlose Kürzungen"
Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch warf Schwarz-Rot vor, die Regierungskoalition habe "das mit dem Sparen und der seriösen Haushaltspolitik" von Anfang an nicht hinbekommen.
Es gebe völlig planlose Kürzungen in der Kulturförderung, so die Grünen-Politikerin. Auch Streichungen im Bildungsetat etwa bei der Schulsozialarbeit und der Sanierung von Kitas halten die Grünen für falsch.
Im Öffentlichen Personennahverkehr werde der Notfallplan der BVG zum Normalfall. Tramlinien würden gestrichen und ausgerechnet der Preis für das Sozialticket verdoppelt. "Herr Wegner, eineinhalb Jahre nach Ihrem Regierungsantritt schlingert Berlin wie ein Schiff auf hoher See, bei dem der Steuermann über Bord gegangen ist."
Linke-Fraktionsvorsitzende Anne Helm warf der Regierungskoalition vor, durch die späte Entscheidung über den Nachtragshaushalt sei für viele Projekte unklar, wie sie rechtzeitig aus Verträgen aussteigen oder Kündigungsfristen einhalten sollten. "Dadurch drohen sie, völlig unverschuldet in die Insolvenz zu geraten." Das sei der Gipfel der Verantwortungslosigkeit.
Linke hält Schwarz-Rot teure Prestigeprojekte vor
Beim Kürzen setze Schwarz-Rot außerdem die falschen Prioritäten: Die Koalition halte an teuren Prestigeprojekten wie Olympia fest, während Kinder und Jugendliche sich von der Hoffnung verabschieden müssten, dass Spielplätze und Freibäder in ihrer Nachbarschaft jemals saniert würden.
Auch AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker kritisierte, die Koalition spare an den falschen Stellen. "Sie beschädigen elementare Branchen der Berliner Wirtschaft. Sie knipsen der Kultur in Berlin das Licht aus", kritisierte sie. Sparpotenzial sah Brinker beispielsweise bei den Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten.
Vor dem Parlamentsgebäude gab es während der Sitzung ein weiteres Mal Proteste gegen das Sparprogramm. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi demonstrierten rund 3.000 Menschen, insbesondere gegen Kürzungen bei Hochschulen und in der Wissenschaft, wo bei den über mehrere Jahre geschlossenen Hochschulverträgen rund 100 Millionen Euro wegfallen sollen.
Mit etwa 787 Millionen Euro sind überproportional hohe Einsparungen im Bereich Verkehr, Umwelt und Klimaschutz vorgesehen - mehr als ein Fünftel des zunächst geplanten Budgets. Unter anderem wird das erst Mitte dieses Jahres eingeführte 29-Euro-Ticket für Busse und Bahnen abgeschafft, das 9-Euro-Sozialticket verteuert sich auf 19 Euro.
Neue Perspektiven für die Komische Oper
Bei der Kultur sollen 131 Millionen Euro wegfallen, etwa 12 Prozent des eigentlich angedachten Budgets. Für Theater, Museen und Opernhäuser, aber auch die freie Szene bedeutet das zum Teil erhebliche Einschnitte - auch wenn der gesamte Kulturetat mit etwa einer Milliarde Euro im Vergleich mit den Vorjahren noch immer ein vergleichsweise hohes Niveau hat.
Ein von vieler Seite befürchteter Baustopp bei der Komischen Oper scheint dagegen vom Tisch. "Ich bin mir sicher, dass wir die Sanierung des Gebäudes der Komischen Oper in Mitte fortsetzen", sagte Wegner.
Das Haus sei von großer Bedeutung für die Kulturmetropole Berlin. Mit allen Beteiligten werde nun darüber gesprochen, wie sich das umsetzen lasse.
Die Kulturszene hatte in den vergangenen Wochen besonders laut gegen die Einsparungen protestiert. Bei Nachverhandlungen nahm die Regierungskoalition daraufhin manche Kürzungen gerade für Bühnenhäuser zurück und sparte an anderer Stelle. An der gesamten Kürzungssumme im Kulturetat änderte sich aber nichts. © Deutsche Presse-Agentur
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