Berlin - Die angekündigten Verbotszonen für Messer sollen in einigen Berliner Gegenden mit viel Kriminalität schon schnell kommen.
"Zeitnah" wolle man die Verbotszonen in Kreuzberg im Bereich Görlitzer Park und Kottbusser Tor einrichten, sagte Innen-Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Zu den Zonen zählten auch die beiden U-Bahnhöfe Kottbusser Tor und Görlitzer Bahnhof.
Geprüft werden solle eine solche Verbotszone für den Leopoldplatz in Wedding, so der Staatssekretär. Die genannten Gebiete seien die "Hotspots" bei dem Thema. Einen konkreten Termin nannte er aber nicht.
Bestimmte Messer wie Springmesser und sogenannte Butterflymesser, bei denen die Klinge anfangs verborgen ist, sind bereits verboten. Auch feststehende Messer mit langer Klinge dürfen nicht mitgeführt werden.
Polizei: Verbotszonen haben Vorteile
Verbotszonen hätten Vorteile, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik: "Wir können Messer sofort entziehen. Und dazu wird ein Bußgeld fällig. Es wird also doppelt spürbar. Ich verspreche mir durchaus eine Veränderung bei vielen." Bisher könne die Polizei Messer nur bei einer nachgewiesenen Gefahr durch die Verdächtigen beschlagnahmen.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte kürzlich einen "Aktionsplan" mit acht Punkten angekündigt. So will sie unter anderem Mehrfachtätern mit Messern den Führerschein "wegen Nichteignung" entziehen lassen. Argument könnte aus Expertensicht sein, dass mehrfach verurteilte Messerstraftäter eine hohe Gewaltbereitschaft zeigten und damit nicht mehr als geeignet zum Fahren eines Autos eingestuft werden könnten. Rechtlich sei das durchaus möglich, sagte Hochgrebe.
Eingerichtet werden soll ab Januar eine "Koordinierungsstelle Messer", die die konkreten Täter im Blick hat und das Phänomen genauer untersucht. Dazu soll ein Lagebild erstellt werden, um Entwicklungen und Brennpunkte zu erkennen. Für die Polizei solle in Datenbanken zu bekannten Kriminellen der Hinweis "Messer" aufgenommen werden, um Polizisten bei Kontrollen zu warnen, sagte Staatssekretär Hochgrebe. Die Hinweise "bewaffnet" und "gewalttätig" gibt es bereits in den Datenbanken.
Messer in bestimmten Milieus verbreitet
Polizeipräsidentin Slowik sagte weiter, vor allem "in bestimmten Milieus" seien Messer verbreitet. In der kriminellen Szene und bei Obdachlosen gebe es viele Menschen, die Messer dabeihätten. Auch bei bestimmten Gruppen von Jugendlichen und bei sogenannten Beziehungstaten sei der Einsatz von Messern ein Problem. Oft habe es bei solchen Taten schon eine vorherige Verbindung zwischen Täter und Opfer gegeben, das heißt, sie kannten sich bereits.
In den vergangenen Jahren habe sich die Zahl der Angriffe und Bedrohungen mit Messern immer weiter erhöht, sagte Slowik. Im Jahr 2022 gab es demnach 3.317 registrierte Straftaten mit dem Einsatz eines Messers, 2023 waren es 3.482 registrierte Straftaten - etwa die Hälfte davon waren laut Polizei Drohungen. Von den 2.575 mutmaßlichen Tätern seien etwa 1.200 Deutsche und 1.370 Ausländer gewesen. Von der letzten Gruppe hätten 261 keinen festen Wohnsitz gehabt.
Polizei: Immer mehr psychisch auffällige Menschen
Slowik betonte: "Wir erleben als Polizei durchaus eine starke Zunahme labiler und psychisch auffälliger Personen." Nötig sei eine Stärkung der entsprechenden psychisch-sozialen Notdienste.
Im laufenden Jahr zählte die Polizei bis Ende Oktober rund 2.600 Taten. Der frühere Anstieg setzte sich damit nicht so stark fort.
Der AfD-Abgeordnete Karsten Woldeit wies auf den hohen Anteil von Straftätern, die Ausländer oder Migranten seien, hin. Das Thema werde von manchen Parteien gerne ignoriert. Der CDU-Abgeordnete Burkard Dregger betonte mit Blick auf junge Männer, die die größte Tätergruppe sind: "Wir müssen das in die Köpfe hinein bekommen."
Linke zweifelt an Nutzen von Verbotszonen
Der Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco sagte, es gebe eine hohe Zahl von deutschen Tätern. Kriminalität habe andere Gründe als die Herkunft.
Den Nutzen von Messer-Verbotszonen bezweifelte Niklas Schrader von den Linken. Polizei-Kontrollen seien an den genannten Orten wegen der hohen Kriminalitätsbelastung schon ohne Anlass möglich.
Der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Stephan Weh, forderte, der Führerschein müsse sofort weg, wenn eine Gewalttat mit einem Messer verübt werde. "Bei den Messer-Verbotszonen bleiben wir skeptisch. Die sind unglaublich personalintensiv." Zudem gebe es viele Brennpunkte in der ganzen Stadt. "Wir brauchen ein generelles Trageverbot in der Öffentlichkeit, denn Messer machen Mörder." © Deutsche Presse-Agentur
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