Stuttgart - Wegen möglichen Fehlverhaltens sind mehrere Führungskräfte der baden-württembergischen Polizei ins Visier der Staatsanwaltschaft Stuttgart geraten.
Eine Sprecherin sagte, es sei ein Ermittlungsverfahren gegen vier höherrangige Polizeibeamte und eine Tarifbeschäftigte eingeleitet worden.
Es gehe unter anderem um das Verleiten eines Untergebenen zu Straftaten und zu Falschbeurkundung beziehungsweise Anstiftung dazu. Nähere Details nannte die Sprecherin nicht. Ein Sprecher des Innenministeriums wollte den Vorgang nicht kommentieren. Zunächst hatte die "Stuttgarter Zeitung" darüber berichtet.
Die Vorwürfe
Bei den Vorwürfen geht es dem Medienbericht zufolge um die umstrittene Aufnahme eines jungen Mannes in den Polizeidienst. Nachdem dieser eine der dafür geforderten sportlichen Leistungen nicht erfüllt hätte, scheiterte sein Versuch bei der zuständigen Dienststelle. Von höherer Stelle sei daraufhin interveniert worden mit dem Ergebnis, dass der Anwärter doch aufgenommen wurde. Dazu soll eine Bescheinigung ausgestellt worden sein, wonach er die besagte sportliche Voraussetzung doch erfüllt habe, berichtete die "Stuttgarter Zeitung" weiter.
Zuvor sollen sich dem Bericht zufolge zwei der beschuldigten Führungskräfte verständigt haben, bei der Messung einen gewissen Toleranzspielraum vorzusehen. Dies habe dem Kandidaten offenbar über die Hürde geholfen, der eine persönliche Verbindung zu einem der Führungskräfte haben soll.
In einem weiteren Fall soll einer der Polizeichefs dafür gesorgt haben, dass eine junge Beamtin die Prüfung im sogenannten Assessment-Center für den Aufstieg in den Höheren Dienst wiederholen durfte, heißt es dem Bericht zufolge weiter.
Der Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums sagte ganz allgemein, sobald mögliches Fehlverhalten von Beschäftigten festgestellt werde, würden straf- und dienstrechtliche Maßnahmen bei der Polizei Baden-Württemberg konsequent geprüft. "Dies gilt umso mehr für die Führungsebene der Polizei mit ihrem besonderen Vorbildcharakter." Mögliche strafrechtliche Verstöße würden dabei unter der Sachleitung der zuständigen Staatsanwaltschaft ermittelt.
Die Sprecherin der Anklagebehörde machte keine Angabe zu der Frage, wie die Ermittler von den Vorwürfen erfahren haben. Auslöser der Ermittlungen soll der "Stuttgarter Zeitung" zufolge eine anonyme Anzeige sein, die an die Staatsanwaltschaft und das Innenministerium von Thomas Strobl (CDU) ging.
Reaktionen aus der Politik
Die FDP-Politikerin Julia Goll sagte, diese konkreten Vorwürfe müssten vollumfänglich aufgeklärt werden. Das äußerte auch der SPD-Politiker Sascha Binder. Persönliche Beziehung statt Leistungsfähigkeit dürften nicht ausschlaggebend sein, um in die Polizei in Baden-Württemberg aufgenommen zu werden.
Der AfD-Politiker Hans-Jürgen Goßner sagte, da die Vorwürfe – so sie zuträfen - augenscheinlich keinen materiellen Schaden nach sich zögen, sondern zur Neueinstellung beziehungsweise Beförderung von Polizisten führten, wolle er sie zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht überbewerten. "Allerdings würden sie in gefährliche Nähe zu jenen Beförderungspraktiken bei der Polizei rücken, die wir nun seit geraumer Zeit in einem eigenen Untersuchungsausschuss verhandeln."
Ein CDU-Fraktionssprecher wollte den Vorgang mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht kommentieren. Der Grünen-Politiker Oliver Hildenbrand sagte, wo Vorwürfe von Fehlverhalten im Raum stünden, müssten Maßnahmen zur Aufklärung ergriffen werden. © Deutsche Presse-Agentur
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