Kommt es in Thüringen zu Neuwahlen oder wird am Ende doch noch Bodo Ramelow gewählt? Wie es in dem ostdeutschen Bundesland weitergeht, bleibt auch zwei Tage nach der umstrittenen Ministerpräsidenten-Wahl weiter unklar. Alle News und Entwicklungen erfahren Sie in unserem Live-Blog.
- Der frisch gewählte Thüringer Ministerpräsident
Thomas Kemmerich hat zwar seinen Rücktritt angekündigt. - Wegen der Beteiligung der AfD bei der Wahl Kemmerichs war die FDP unter Druck geraten. Parteichef Christian Lindner stellte am Freitag die Vertrauensfrage, eine sehr große Mehrheit bestätigte ihn im Amt.
- CDU-Chefin
Annegret Kramp-Karrenbauer hat am Freitag vorgeschlagen, dass Grüne oder SPD einen Kandidaten für die Wahl zum Ministerpräsidenten aufstellen sollen. Beide Parteien kritisierten diese Idee und lehnten sie ab. - Am Samstag kommt die GroKo zu einem Spitzentreffen zusammen.
15:33 Uhr: Der Thüringer Ministerpräsident Thomas Kemmerich will sein Amt schnellstmöglich abgeben - er hat am Freitag aber nach wie vor nicht seinen Rücktritt eingereicht. Nach einem Gespräch mit Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Keller in Erfurt nannte Kemmerich dafür formelle Gründe.
Ein sofortiger Rücktritt sei "nicht geboten", da es wichtige Entscheidungen der Landesregierung gebe, "für die es zumindest ein amtierendes Regierungsmitglied braucht", sagte Kemmerich. Er hat nach seiner Wahl keine Minister benannt.
Der 54-Jährige habe zudem mit Keller über die Möglichkeit einer schnellen, geordneten Amtsübergabe gesprochen. Die Landtagspräsidentin wolle nun schnellstmöglich eine Sondersitzung des Ältestenrates einberufen. Mit dessen Hilfe solle ein Weg gefunden werden, wie es verfassungskonform "schnell zur Wahl eines Ministerpräsidenten" kommen könne.
Eine erfolgreiche Abwahl des Regierungschefs ist unmittelbar mit der Wahl seines Nachfolgers verbunden. Der bei der Wahl am Mittwoch gescheiterte
FDP-Spitze spricht Parteichef Lindner das Vertrauen aus
15:06 Uhr: Die FDP-Spitze hat Parteichef
Mit Blick auf FDP-Politiker Kemmerich, der mit Stimmen der AfD am Mittwoch zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt wurde, gestand Lindner: "Thüringen war ein Ernstfall und ist unverändert ein Ernstfall für die politische Kultur insgesamt und insbesondere für die FDP". Seine Partei bedauere zutiefst, dass die Vorgänge in Erfurt bei vielen Zweifel "an der Grundhaltung der FDP ausgelöst" hätten. Es sei ein Fehler gewesen, dass Kemmerich die Wahl angenommen habe. Zugleich räumte Lindner ein, die Taktik der AfD bei der Wahl des Ministerpräsidenten falsch eingeschätzt zu haben.
Die Beratungen im Bundesvorstand der Freidemokraten waren nach dem Wahl-Eklat nötig geworden, in dessen Zuge auch Lindner unter Druck geraten war.
15:04 Uhr: Die Thüringer Linke-Fraktion will den ehemaligen Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) erst in eine neue Ministerpräsidentenwahl schicken, wenn dafür eine Mehrheit absehbar ist. Man habe den Gesprächsfaden zu CDU wieder aufgenommen, sagte die Thüringer Linke-Fraktionschefin
Tiefensee: AKK versucht Rot-Rot-Grün zu spalten
14:34 Uhr: Thüringens SPD-Chef Wolfgang Tiefensee hat dem CDU-Vorschlag, Grüne oder SPD sollten einen Kandidaten für die Wahl zum Ministerpräsidenten aufstellen, eine prompte Absage erteilt (siehe 13:21 Uhr). Der Vorschlag von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sei "der untaugliche Versuch", Rot-Rot-Grün zu spalten, schrieb Tiefensee am Freitag auf Twitter. Die Thüringer CDU müsse klar entscheiden, ob sie bei einer Ministerpräsidenten-Neuwahl Bodo Ramelow verhindern wolle oder nicht. Tiefensee: "Der beste Weg ist eine Selbstauflösung des Landtages und Neuwahlen."
13:52 Uhr: Der CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag,
Zuvor hatte bereits CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nach einer Präsidiumssitzung in Berlin bestätigt, dass Mohring bei einer Krisensitzung in der Erfurter Fraktion in der Nacht zum Freitag seinen Rücktritt in Aussicht gestellt habe.
CDU fordert Kandidaten von SPD oder Grünen - die lehnen Vorstoß ab
13:21 Uhr: Die CDU hat vorgeschlagen, dass Grüne oder SPD einen eigenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten aufstellen. Der ehemalige Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) verfüge offensichtlich nicht über eine Mehrheit im Thüringer Landtag, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin.
"Wir erwarten, dass es eine Bereitschaft von SPD und Grünen gibt, einen Kandidaten oder eine Kandidatin zu präsentieren, der oder die als Ministerpräsident oder Ministerpräsidentin nicht das Land spaltet, sondern das Land eint", sagte Kramp-Karrenbauer mit Blick auf Ramelow.
Der Thüringer Grünen-Fraktionschef Dirk Adams kritisiert den Vorstoß: "Ich glaube nicht, dass Frau Kramp-Karrenbauer in der Position ist, Vorschläge oder Aufträge zu erteilen", sagte Adams der Deutschen Presse-Agentur.
Adams war im Thüringer Wahlkampf 2019 zusammen mit der damaligen Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund Spitzenkandidat der Grünen. Auch Siegesmund lehnte den Vorstoß von Kramp-Karrenbauer entschieden ab: "Das kommt nicht in Frage. Darüber denke ich noch nicht mal nach." Sie habe zudem keine Lust, sich von Kramp-Karrenbauer gute Ratschläge erteilen zu lassen, betonte die 43-Jährige.
13:12 Uhr: Der Thüringer CDU-Fraktionschef Mike Mohring hat während der Krisensitzung in der Nacht zu Freitag in der Erfurter Fraktion seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. Das bestätigte die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Freitag nach einer Präsidiumssitzung in Berlin.
12:53 Uhr: In der Thüringer CDU-Fraktion gibt es nun doch eine offene Revolte gegen den angeschlagenen Fraktionschef Mike Mohring. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt ist der Ärger unter vielen Abgeordenten groß, dass Mohring am Freitag vor dem CDU-Bundespräsidium seine Pläne für seine politische Zukunft weiter im Unklaren gelassen hat.
"Es wird nun unausweichlich zu einer formalen Vertrauensfrage in der Fraktion kommen müssen. Das wollten wir ihm gestern ersparen", sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Herrgott der dpa. Man habe Mohring am Donnerstag nach langer und intensiver Diskussion die Möglichkeit gegeben, heute die erbetene, gesichtswahrende Lösung selbst anzusprechen und seinen Rückzug vom Fraktionsvorsitz zum Mai zu verkünden.
Mit seinen unklaren Äußerungen am Vormittag in Berlin habe Mohring aber gegen diese Vereinbarung verstoßen. Die Äußerungen zeigten, "dass man sich auf sein Wort nicht verlassen kann", sagte Herrgott.
Grüne: "Fühlen uns von Kemmerich getäuscht"
12:42 Uhr: Nach dem angekündigten Rückzug des Thüringer FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich hat ihm der Fraktionschef der Thüringer Grünen Täuschung vorgeworfen. "Wir müssen feststellen, dass er seinen Rücktritt nicht eingereicht hat. Herr Kemmerich hat die Öffentlichkeit getäuscht", so Dirk Adams am Freitag in Erfurt. Lege Kemmerich sein Amt nicht bis Sonntag nieder, wolle man "alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, um Herrn Kemmerich unter Druck zu halten".
12:27 Uhr: In der Krisensitzung der Thüringer CDU-Fraktion hat sich offenbar eine deutliche Kluft zwischen Fraktionschef Mike Mohring und einem Teil der Abgeordneten aufgetan. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen in Erfurt bemängelte in der Nacht zum Freitag eine Mehrheit der Fraktionäre den Führungsstil von Mohring scharf. Es soll von "unabgestimmten Alleingängen", einer "fehlenden Einbindung der Abgeordneten" und "bewusster Täuschung" die Rede gewesen sein.
12:11 Uhr: Sachsens Ministerpräsident
Bei Neuwahlen bestehe die Gefahr, dass die rechten und linken politischen Ränder gestärkt würden. Diese würden allerdings auf keinen Fall zusammenarbeiten. Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten mit Hilfe der CDU und der AfD sei ein "fataler Fehler" gewesen.
Mehrheit für Rot-Rot-Grün - CDU bricht ein
11:55 Uhr: Bei Neuwahlen in Thüringen könnte Rot-Rot-Grün nach einer aktuellen Umfrage wieder auf eine Mehrheit hoffen.
Nach einer am Freitag veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und n-tv würde die Linke des bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow deutliche Zugewinne verbuchen, während die CDU fast die Hälfte ihrer Wähler verlöre. Die FDP von Thomas Kemmerich käme nach dessen umstrittener Wahl zum Ministerpräsidenten nicht einmal mehr in den Landtag.
Die Linke, die bei der Wahl im Oktober 31,0 Prozent erreicht hatte, würde sich der Umfrage zufolge auf 37 Prozent verbessern. Auch Ramelows bisherige Koalitionspartner SPD (9 Prozent) und Grüne (7 Prozent) könnten leichte Zugewinne verbuchen.
Die AfD würde sich ebenfalls leicht von 23,4 auf 24 Prozent verbessern. Die CDU, die im vergangenen Herbst noch 21,7 Prozent der Wählerstimmen verbuchen konnte, stürzt in der Umfrage hingegen auf nur noch 12 Prozent ab.
Die FDP, die schon im Oktober nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde genommen hatte, käme nur noch auf einen Stimmenanteil von 4 Prozent.
Hinweis: Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte am 6. Februar 1.003 Menschen in Thüringen befragt - und zwar nach eigenen Angaben am späten Nachmittag und Abend - also nach Kemmerichs Ankündigung, Neuwahlen anzustreben. Die statistische Fehlertoleranz liegt den Angaben zufolge bei +/- 3 Prozentpunkten.
11:03 Uhr: Die CDU will einem Pressebericht zufolge die Rückkehr des früheren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) ermöglichen.Wie die "Thüringer Allgemeine" unter Berufung auf Parteikreise berichtet, wurde eine Kommission mit vier Mitgliedern gebildet, die nun mit Linke, SPD und Grünen sowie mit der FDP Gespräche führen soll.
Demnach wäre es möglich, dass sich die CDU bei einem erneuten Wahlantritt Ramelows im Landtag geschlossen oder zu großen Teilen enthält. Nach seiner Wahl könnte der Linke Ramelow die geplante Minderheitsregierung mit SPD und Grünen bilden.
Mohring verteidigt Absage an Neuwahlen
10:55 Uhr: Mike Mohring lässt seine weitere politische Zukunft vorerst offen. Auf eine entsprechende Frage verwies Mohring am Freitag auf die Fraktionsvorstandswahlen in Thüringen im Mai. Er ließ auf mehrmalige Nachfrage offen, ob er bei diesen Wahlen in der Thüringer CDU-Fraktion wieder antritt. Der CDU-Landesvorstand hatte Mohring am Donnerstagabend das Vertrauen ausgesprochen.
10:23 Uhr: Thüringens CDU-Chef Mike Mohring hat seine Ablehnung einer Neuwahl in Thüringen verteidigt. Vor einer Präsidiumssitzung der CDU sagte er: "Neuwahlen lösen die Problematik der schwierigen Situation in Thüringen nicht auf."
Nach einer Wahl könnte dieselbe politische Situation entstehen. Deswegen müsse man die Fragen in dem jetzt gewählten Parlament beantworten. Die Forderung nach einer Neuwahl habe viele Leute irritiert. "Die angedrohten Zwangsmaßnahmen haben nochmehr irritiert." Welche konkreten "Zwangsmaßnahmen" er damit meinte, erwähnte Mohring nicht. Die Landes-CDU befürchtet bei einer Neuwahl erhebliche Stimmverluste.
FDP-Vize Kubicki kritisiert Entscheidung der CDU
10:14 Uhr: Der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki hat die CDU für ihren Kursschwenk bezüglich einer Neuwahl in Thüringen kritisiert. Wer sich, wie die CDU, sofortigen Neuwahlen in Thüringen verschließe, begehe Wahlbetrug, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Denn die Idee der CDU, weiter eine parlamentarische Mehrheit zu suchen, hat mit dem Wählerwillen der Landtagswahl nichts mehr zu tun." Die angestrebte Regierung unter Bodo Ramelow (Linke) habe noch immer keine parlamentarische Mehrheit. Eine andere Konstellation sei auch nicht denkbar.
10:09 Uhr: Die Mehrheit der Bundesbürger begrüßt die Rücktrittsankündigung des FDP-Politikers Thomas Kemmerich, der am Mittwoch mit den Stimmen der AfD zum thüringischen Ministerpräsidenten gewählt wurde. Dass der 54-Jährige sein Amt wieder zu Verfügung stellen will, finden 61 Prozent der Bundesbürger richtig, wie eine am Donnerstagabend veröffentlichte Blitzumfrage für den ARD-"Deutschlandtrend" ergab. 24 Prozent halten diesen Schritt für falsch.
AKK rudert zurück - doch keine Neuwahl
9:46 Uhr: Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist dem Landesverband entgegengekommen: Sie dringt vorerst nicht mehr auf eine Neuwahl. Nach fünfstündigen Krisengesprächen räumte sie in der Nacht zum Freitag den Parteifreunden in Erfurt Zeit ein, einen parlamentarischen Weg aus der Krise zu finden. Sollten die parlamentarischen Möglichkeiten nicht funktionieren, sei eine Neuwahl unausweichlich, machte sie aber deutlich.
Das CDU-Präsidium berät am Vormittag in Berlin über das weitere Vorgehen. Spannend wird sein, wie Kramp-Karrenbauer mit ihrem Erfurter Gesprächsergebnis dort ankommt. Das Präsidium hatte auf ihre Initiative hin eine sofortige Neuwahl empfohlen.
Die Ereignisse in Thüringen belasten nach Ansicht der SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans auch die große Koalition. "Es gibt eine Menge Fragen, die beantwortet werden müssen, um das Vertrauensverhältnis zu klären", sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit wüssten sie nicht, "woran wir sind mit der CDU". Um das zu klären, hat die SPD für Samstag einen Koalitionsausschuss durchgesetzt.
Rückendeckung in der FDP für Lindner vor Vertrauensfrage
8:25 Uhr: Führende FDP-Politiker haben sich am Freitag vor der Vertrauensfrage von Parteichef Christian Lindner im Parteivorstand hinter ihren Vorsitzenden gestellt. "Er hat mein Vertrauen", sagte der Vizefraktionschef der FDP im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff im ARD-"Morgenmagazin". Die FDP-Vizevorsitzende Katja Suding sagte im Bayerischen Rundfunk, sie gehe davon aus, "dass der Bundesvorstand Christian Lindner heute das Vertrauen aussprechen wird".
Lambsdorff und Suding hoben hervor, dass Lindner den FDP-Politiker Thomas Kemmerich in Thüringen zum Verzicht auf das Amt des Ministerpräsidenten habe bewegen können. "Er hat ja das erreicht, was auch die Kritiker der Thüringer Ereignisse verlangt haben", sagte Suding in der Sendung "Radiowelt am Morgen".
Wahl in Thüringen: Was bisher geschah
Nach der Ministerpräsidentenwahl am Mittwoch ist von Thüringen eine Schockwelle ausgegangen, die weit über das Bundesland hinweg zu spüren war: Der geschäftsführende Ministerpräsident Bodo Ramelow ist völlig überraschend im dritten Wahlgang dem FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich unterlegen.
Nach der Wahl von Thomas Kemmerich haben sich am Donnerstag die Ereignisse überschlagen. Kemmerich plante seinen Rückzug, CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer drang nicht direkt auf sofortige Neuwahlen.
(pak/lag/mf/dpa/AFP)
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