Halle - Im Prozess um den Tod durch Verbrühungen einer Zweijährigen in Halle (Saale) ist der wegen Mordes angeklagte Vater nach Angaben eines Gutachters voll schuldfähig.

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Es gebe zwar Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Angeklagten, sagte der psychologische Sachverständige vor dem Landgericht Halle. Dessen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sei aber nicht eingeschränkt.

Der 37 Jahre alter Vater soll laut Anklage im Mai dieses Jahres seine kleine Tochter in heißes Wasser getaucht und ihr dabei schwere Verletzungen zugefügt haben. Aus Angst vor Konsequenzen des Jugendamtes soll er anschließend gemeinsam mit der Mutter (36) und der Großmutter (64) des Kindes versucht haben, die Verletzungen mit Kühlspray und Quarkwickeln zu behandeln. Zwei Tage später war das Mädchen tot.

Angeklagte weisen Vorwürfe zurück

Eine Obduktion ergab, dass die Zweijährige an den Folgen schwerer Verbrühungen der Haut gestorben war. Die beiden Frauen sind wegen fahrlässige Tötung durch Unterlassen angeklagt. Alle drei Angeklagten haben die deutsche Staatsangehörigkeit und die Vorwürfe im Prozessverlauf zurückgewiesen.

Wichtiger rechtlicher Hinweis der Strafkammer

Der Vorsitzende der 1. Großen Strafkammer hält nach einem rechtlichen Hinweis aber für den Vater auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung wegen Unterlassung für möglich. Demnach könnte dem Angeklagten kein Vorsatz nachgewiesen werden.

Mutter des toten Kindes: Es gab viel Streit in der Beziehung

Die jetzt angeklagten Eltern waren seit 2018 ein Paar und hatten drei gemeinsame Kinder. Die 36-Jährige schilderte die Beziehung als kompliziert und konfliktbelastet. Ihr Partner sei sehr eifersüchtig gewesen und habe sie auch geschlagen und getreten. Aus einer früheren Beziehung habe sie noch drei weitere Kinder. Alle Kinder sind mittlerweile in einem Heim untergebracht. Nach dem Tod des Mädchens habe sie die Beziehung zu dem Angeklagten beendet.

Angeklagter mehrfach vorbestraft

Der wegen Mordes durch Unterlassung angeklagte Vater ist mehrfach vorbestraft und saß unter anderem wegen Gewalttaten, Raubes und Diebstahls mehrere Jahre im Gefängnis. Schon als Teenager nahm er eigenen Angaben zufolge Drogen und war alkoholabhängig. In die Schule kam er wegen einer Entwicklungsverzögerung erst später. Er leide nach wie vor unter einer Schreib- und Leseschwäche.

Er habe seine Partnerin und auch die Kinder nie körperlich attackiert, betonte der 37-Jährige. Es habe zwar oft Streit gegeben und er habe aus Wut auch schon mal ein Loch in eine Tür getreten, aber zugeschlagen habe er nie. Seine Partnerin habe immer gesagt, dass er wie ein Kind sei. "Und das war ich wohl auch."

An diesem Mittwoch werden die Plädoyers erwartet, auch ein Urteil könnte an dem Tag verkündet werden.  © Deutsche Presse-Agentur

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