"Es gibt keinen Zweifel an der Tötungsabsicht", sagte die Vorsitzende Richterin der 16. großen Strafkammer am Landgericht Köln bei ihrer Urteilsbegründung gegen den Mann, der in Rheindorf 26-mal mit seinem Messer auf einen harmlosen Hobby-Vogelkundler und Fotografen eingestochen und ihn im Feld hatte liegen lassen.

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Siebeneinhalb Jahre Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung für den 39-jährigen Täter lautet das Urteil. Nur. Keine Verurteilung wegen Mordes oder eines Tötungsdelikts.

Es schien so, als sei dem Vogelkundler und Nebenkläger die Enttäuschung während der einstündigen Verkündung am Freitagmorgen im Gesicht und in der Körperhaltung anzusehen. Der Angeklagte saß stoisch in Daunenjacke und Schal und mit gerunzelter Stirn neben dem Anwalt; ihn schien das alles kaum zu berühren, jedenfalls zeigte der Frechener Deutsch-Türke keine Regung.

Leverkusen: Dem Täter kam der Zufall zur Hilfe

"Ihnen kommt nur der Zufall zugute, es ist ihr persönliches Glück, dass der Geschädigte nicht gestorben ist", sagte Richterin Sabine Grobecker zum Täter, "sonst würden wir hier von ganz anderen Strafen reden. Hier hat vieles nur vom Zufall abgehangen". Es war eine haarscharfe Sache zwischen Leben und Tod, der Vogelkundler wäre fast verblutet, weil er über 20 Minuten lang nicht von der Polizei und den Rettungskräften in der Rheindorfer Flur gefunden wurde. Hätte der Täter mit einem der Einstiche eine Schlagader getroffen, wäre der Ornithologe sicher nicht mehr am Leben, das hatten Sachverständige gesagt.

Um das Urteil zu verstehen, muss man wohl Jurist sein. Michael Kaps, der Nebenklage-Anwalt, sagte nach der Verkündung, er könne das seiner Frau auch nicht wirklich erklären, weshalb die Tat nicht als versuchte Tötung gilt. In dem Fall greift ein Paragraf, nach dem einem Täter ein Nachlass gewährt werden muss, wenn er von einer versuchten Tötung zurücktritt. Im Rheindorfer Fall soll der Täter der Polizei verraten haben, wo der verblutende Vogelfreund im Feld lag.

Dabei spielt es keine Rolle, dass Polizisten intensiv auf den gefesselten und von der Tat blutbefleckten Täter einreden mussten, bevor er sie hinführte. Am Strafnachlass ändert auch nichts, dass eine andere Streifenwagenbesatzung schneller war und dem blutenden Fotografen schon geholfen wurde. Der Rücktritt hat also eigentlich nichts mehr bewirkt. Dass der 39-jährige Täter vor seinem vollkommen unerklärlichen Messer-Ausraster am 4. Juni 2023 in Rheindorf nie straffällig geworden ist, drücke die Gefängnisstrafe auch, erklärte die Richterin.

Dass der Angeklagte in keiner Weise zur Aufklärung beigetragen hat, kann ihm das Gericht nicht ankreiden, das ist sein Recht. Er hat keine Aussage gemacht, sich noch nicht einmal bei dem Verletzten erkundigt, geschweige denn, um Entschuldigung gebeten. Anders der Vogelkundler: "Es ist bewundernswert, wie Sie mit seinen schweren Folgen umgegangen sind und umgehen", sagte die Richterin – und zum Täter gerichtet: "Zum Glück für Sie!" Denn das wird beim Strafmaß berücksichtigt. Es klingt verkehrt und ungerecht: Dadurch, dass der Leverkusener innerlich so aufgeräumt die Tatfolgen aufarbeitet, hilft er jetzt ungewollt demjenigen, der ihn umbringen wollte.

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Das Schweigen des Täters hat ihm selbst im Verfahren vermutlich geholfen, für den Vogelfotografen bedeutet es, dass er auch nach Ende der Verhandlung keinen Anhaltspunkt finden kann, weshalb der Angreifer ihn töten wollte. Wenn das "Warum" nicht geklärt sei, werde das in anderen Lebenssituationen Unsicherheit bedeute. Das berücksichtigte die Kammer und sprach dem Leverkusener 40.000 Euro Schmerzensgeld zu. Der Täter bleibt in Haft.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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