Wer an diesem Morgen keine festen Schuhe trägt, der hat verloren. Weich und schlammig ist der Waldboden.
Tiefe Pfützen hier, lockerer Schotter dort, dazwischen Erdhügel und Steinberge. Man muss also aufpassen, wohin man den Fuß setzt. Torsten Mette kennt das Problem. Bloß: Kommt der 51 Jahre alte Straßenbauer vom rechten Weg ab, dann geraten prompt 22,5 Tonnen ins Rutschen. So schwer ist nämlich das Gerät des Bauunternehmens Trippe aus Schmallenberg, mit dem sich Mette gerade durch Waldbröls Wälder ackert. "Grader" heißt das etwa 11,60 Meter lange Spezialfahrzeug, der deutsche Name verrät da mehr: Erd- oder Straßenhobel heißt eine solche Maschine eben auch.
Gerade ist der Sauerländer damit auf einem etwa 950 Meter langen Waldweg unterhalb der Ortschaft Mühlenbach und fast an der Grenze zur Gemeinde Windeck unterwegs. Bis Ende dieses Jahres nehmen Fachleute wie Mette fast elf Kilometer an Wald- und Wirtschaftswegen unter die Schieber solcher Fahrzeuge, um diese Strecken neu anzulegen, sie zu ertüchtigen, wieder schön zu machen.
400.000 Euro darf sich die Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Waldbröl-Schnörringen das netto kosten lassen, gute 360.000 Euro erhält sie aus einer Förderkasse des Landes Nordrhein-Westfalen. Und 900 Tonnen Schotter aus einem Steinbruch warten darauf, erst gleichmäßig verteilt und dann verdichtet zu werden. Ist ein Weg fertig, muss er eine gewisse Zeit lang ruhen und sich setzen.
In Waldbröl ist in drei Jahren so viel Holz abgefahren worden wie sonst in einem halben Jahrhundert.
"Hier ist in drei Jahren so viel Holz abgefahren worden wie sonst wohl in einem halben Jahrhundert", sagt Franz-Josef Groß, Vorsitzender der Gemeinschaft, und denkt dabei erst an den ungezügelten Appetit des Borkenkäfers, dann an schwere Maschinen und Fahrzeuge, die schließlich die kaputten Bäume zerlegt und aus dem Wald transportiert haben. "2022 wurde das meiste Holz abgefahren." Das hat tiefe Spuren hinterlassen, die Strecken sind zerstört.
Das ärgert nicht nur jeden, der da Erholung sucht und sicheren Trittes wandern möchte: "Solche Wege bedeuten auch ein immenses Risiko, sollte es im Wald brennen", erklärt Phil Hartmann, seit etwas mehr als einem Jahr ist er Waldbröls neuer Revierförster. "Die Feuerwehr hätte keine Chance, ihren Einsatzort zu erreichen." Monate hat der 33-Jährige damit verbracht, die schwerbeschädigten Wege zu erfassen, ihren Zustand gründlich zu dokumentieren.
Die Ablehnung des ersten Förderantrags hat viele Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Waldbröl frustiert
Im Sommer hatte sich die FBG um eine Förderung aus dem Fünf-Punkte-Sofortprogramm des Landes zur Instandsetzung von Wirtschaftswegen beworben – und rasch eine Absage kassiert. Man wolle lieber die Aufforstung fördern, als für die Wege zu zahlen, hieß es aus Düsseldorf. "Ein Schock für uns", blickt der Rossenbacher Groß zurück.
Nach Druck aus der Politik und insbesondere von der Landtagsfraktion der SPD gibt es nun doch Geld für solche Arbeiten, in Waldbröl haben die sozialdemokratische Fraktion und der Stadtverordnete Wastl Roth-Seefrid per Antrag dafür gesorgt, dass die Marktstadt ebenfalls Mitglied der FBG geworden ist und nun ebenso in den Genuss dieser Förderung kommt. Ihr gehören Wegeflächen mit einer Größe von rund 80 Hektar.
Etwas mehr als 1200 Hektar gehören den rund 540 FBG-Mitgliedern. Groß: "Bei diesen eher kleinen Parzellen schwindet dann schnell die Motivation, das Holz zu vermarkten, wenn es nicht vernünftig abgefahren werden kann." Die zwischenzeitliche Ablehnung der Förderung habe viele Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer frustriert. Angelegt worden sind die Wege in den 1950er und 1960er Jahren. "Sie nur zu reparieren, das hätte keinen Sinn mehr gemacht", sagt er.
Ende November ist Straßenbauer Mette zum ersten Mal mit den Grader aufgebrochen, er kommt voran. Ist der alte Schotter vom Weg geräumt, verteilt Mette den neuen gleichmäßig auf der Trasse. "Und ich stelle ein Gefälle her, damit das Regenwasser abfließen kann und keinen Schaden anrichtet", erklärt der Mann, der gute sechs Meter Maschine vor der Nase hat, sitzt er auf dem Bock. Zwei Kameras weisen ihm die Richtung, so hält er den Grader auf Kurs: "Leicht ist das bei diesem Wetter nicht."
Regelmäßiger Rückschnitt muss sein
Auch für Jörn Hevendehl, den Leiter des Regionalforstamtes Bergisches Land in Gummersbach, kommt die Sanierung zur rechten Zeit. "Zum Glück war der Sommer nicht so trocken wie die Sommer zuvor", betont er. Zuletzt hätten Waldbrände in Griechenland und Portugal gezeigt, was passiert, wenn die Feuerwehr nicht anrücken kann. "Deswegen ist es unbedingt notwendig, dass die Wege freigehalten, Sträucher und Büsche regelmäßig zurückgeschnitten werden", ergänzt der Fachmann.
Da sei die Stadt Waldbröl übrigens Vorbild – das freut Andreas Braun vom städtischen Bauhof. Allerdings: "Wenn wir im Wald unterwegs sind und schneiden, stoßen wir nicht immer auf Verständnis dafür." © Kölner Stadt-Anzeiger
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