50 Jahre ist sie unfallfrei gefahren, bis zum 12. September vergangenen Jahres. Die 68-Jährige, die mit ihrem Mitsubishi auf der Sankt Augustiner Einsteinstraße unterwegs war, wurde zum Opfer.

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Sie erlitt bei einem Crash unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma, ihr Auto war ein Totalschaden. Ein halbes Jahr später saß die Rentnerin dem mutmaßlichen Verursacher gegenüber. Der 22-Jährige soll ein Rennen gefahren haben, doch sein Anwalt äußerte Zweifel an der Anklageschrift.

Es geht um viel in diesem Verfahren. Nicht nur um einen sehr langen Entzug der Fahrerlaubnis, sondern um einen extrem hohen Schaden. Nicht nur der Mitsubishi (ein Kleinwagen, Zeitwert: 5000 Euro) war nach dem Zusammenstoß schrottreif, sondern zwei weitere, ungleich teurere Fahrzeuge, ein Kia-Kombi und ein Mercedes E für 22.000 beziehungsweise 53.000 Euro. Insgesamt wurden vier Menschen verletzt, darunter der BMW-Fahrer; drei landeten im Krankenhaus.

Polizei schätzte bei Unfallaufnahme in Sankt Augustin den Gesamtschaden auf 150.000 Euro

Die Polizei schätzte nach der Unfallaufnahme den Gesamtschaden gar auf 150.000 Euro. Warum geriet der hochmotorisierte BMW in den Gegenverkehr? Die Anklage der Staatsanwaltschaft stützt sich auf Zeugenaussagen. Gegen 11.15 Uhr soll der junge Mann, der von der Anschlussstelle der Autobahn 560 auf die Einsteinstraße abbog, zunächst den Verkehr ausgebremst habe. Am Ausgang einer Linkskurve habe er dann stark beschleunigt, sei mit aufheulendem Motor in den Gegenverkehr gedriftet.

Laut dem Angeklagten soll der tiefer gelegte Sportwagen indes mit einem Rad gegen einen Bordstein gestoßen und daraufhin auf die andere Fahrbahn geraten sein. Bei dem Unfallhergang wie in der Anklageschrift beschrieben hätte der Wagen nach rechts driften müssen - und nicht nach links in den Gegenverkehr, so der Strafverteidiger.

Besonders tragisch: Sein Ziel hatte der Angeklagte, ein Garten- und Landschaftsbauer, angestellt im Betrieb des Vaters, schon vor Augen. Er wollte zu einem Autohaus, auf dem Beifahrersitz des BMW saß ein Mitarbeiter des Autohauses. Ob es sich um eine Probefahrt handelte, kam in der Hauptverhandlung nicht zur Sprache.

Sieben Zeugen hatte Amtsrichter Herbert Prümper geladen. Nur die 68-Jährige bat er in den Zeugenstand. Sie könne sich an den Unfallhergang nicht erinnern, schilderte die Rentnerin. Sie habe nur einen lauten Knall gehört, später habe sie sich auf dem Beifahrersitz einer Ersthelferin wieder gefunden, "die Unfallstelle sah aus wie ein Schlachtfeld".

Ohne eine geständige Einlassung des Angeklagten könne das Gericht den Sachverhalt nicht aufklären, sagte Prümper, er werde nun ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben müssen. Bis das vorliege, könne es vier bis sechs Monate dauern. Der Angeklagte dürfe sich in dieser Zeit weiterhin nicht hinters Steuer setzen.

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Der Prozess wird nach dieser Unterbrechung von vorn beginnen. Alle Zeugen werden erneut geladen, auch die 68-Jährige muss noch einmal aussagen. Der Crash belaste sie bis heute, sie sei ängstlicher geworden, habe sich nicht wieder hinters Steuer gewagt, sitze lieber auf der Rückbank. Da die Versicherung des Verursachers bislang nur einen Abschlag gezahlt habe, habe sie sich noch kein neues Auto kaufen können. Vielleicht werde sie darauf ohnehin verzichten: "Ich fahre seitdem nur noch Fahrrad."   © Kölner Stadt-Anzeiger