Die Ergebnisse des Schulentwicklungsplans (SEP) sind ernüchternd. Bei allen vier Förderschulen, die sich in der Trägerschaft des Kreises Euskirchen befinden, besteht erheblicher Handlungsbedarf.

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Der Hauptgrund: Sowohl in Kall, in Euskirchen, in Kuchenheim als auch in Bürvenich herrschen Raum- und Platzmangel.

Teilweise ist der Bedarf so groß, dass der Kreis sogar für zwei Schulen über einen Förderschulcampus auf dem Areal des jetzigen Thomas-Eßer-Berufskollegs an der Kommerner Straße in Euskirchen nachdenkt.

Für die Nikolausschule sind Synergien mit dem Berufskolleg Kall denkbar

Das flutgeschädigte Schulgebäude in Kall kann nach Angaben des Kreises Euskirchen den im Schulentwicklungsplan (SEP) abgebildeten Raumbedarf der Förderschule nicht decken. Neben einem Klassenraum fehlen Differenzierungs- und Nebenräume. Auf dem Grundstück besteht keine Ausbaureserve. Da sich die Schule in unmittelbarer Nachbarschaft zum Berufskolleg Eifel (BKE) befindet, das aktuell im Rahmen des Wiederaufbaus hinsichtlich der Raumnutzung neu strukturiert wird, könnten sich dem Kreis zufolge Synergien aus der gemeinsamen Nutzung von Räumlichkeiten und/oder durch die Auslagerung von Lerngruppen in das Gebäude des BKE ergeben.

Dazu habe bereits ein Austausch der Schulleitungen stattgefunden, heißt es seitens der Kreisverwaltung. "Grundsätzlich können sich beide Schulen eine engere Zusammenarbeit vorstellen, bei der Schülerinnen und Schüler der St.-Nikolaus-Schule im Gebäude des BKE beschult werden", heißt es seitens der Kreisverwaltung. Dafür sei die Berufspraxisstufe geeignet. Zur Ermittlung der Bedarfe und Fortsetzung der "Phase Null", also der Frühphase einer Schulentwicklung, finden nun weitere Workshops statt.

Katrin Kuhl leitet die Nikolausschule in Kall. "Wir sind einfach zu klein. Rund um die Schule ist leider kein Platz für Erweiterung", sagt die Schulleiterin: "Der Kreis hat gerade sehr viel zu stemmen. Und so lange es hier nicht reinregnet, ist alles gut." "Alles gut" ist es an der Nikolausschule aber dennoch nicht, weil eben künftig Räume fehlen. "Momentan kommen wir parat. Daher ist gerade die Frage, wie stellen wir die Schule auf, weil wir uns nach der Flut eh immer noch im Bau befinden", so Kuhl: "Aber das hat der Kreis glücklicherweise auf dem Schirm."

Die Matthias-Hagen-Schule in Kuchenheim ist schadstoffbelastet

Die Matthias-Hagen-Schule befindet sich im von der Stadt Euskirchen angemieteten Gebäude am Standort der ehemaligen Joseph-Emonds-Schule in Kuchenheim. Das Gebäude sei stark sanierungsbedürftig und könne zudem den Raumbedarf nicht decken. Auch in Kuchenheim, so der Kreis, fehlen unter anderem drei Klassenräume sowie diverse Differenzierungsräume.

Das Gebäude ist zudem schadstoffbelastet. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die an der Förderschule mit den Schwerpunkten Lernen und emotionale sowie soziale Entwicklung durchgeführt worden ist. Laut Kreis wurden auf allen Geschossen asbestbelastete Putze und Spachtelmassen gefunden. Aufgrund des Gebäudealters – in der heutigen Förderschule war zuvor über Jahrzehnte die Hauptschule Kuchenheim untergebracht – werden laut Kreis probenlos alle verbauten Mineralwoll-Dämmstoffe der Kategorie "wahrscheinlich krebserzeugend" zugeordnet. Entsprechend müsse bei einem Rückbau auf hohe Sicherheitsstandards geachtet werden.

Nach einer groben wirtschaftlichen Betrachtung des kreiseigenen Immobilienmanagements stellt ein Neubau unter Verwendung eines eigenen Grundstücks die wirtschaftlichere Variante gegenüber einer Sanierung dar.

Kreis Euskirchen

Eine Instandsetzung wäre laut Kreis mit erheblichen Investitionen in das Bestandsgebäude einschließlich einer baulichen Erweiterung verbunden, die durch die Stadt Euskirchen als Vermieterin vorzunehmen und durch den Kreis in Form von Mietzahlungen gegenzufinanzieren wäre. "Nach einer groben wirtschaftlichen Betrachtung des kreiseigenen Immobilienmanagements stellt ein Neubau unter Verwendung eines eigenen Grundstücks die wirtschaftlichere Variante gegenüber einer Sanierung dar", heißt es seitens des Kreises.

Um die bestehende Raumnot kurzfristig einzudämmen, wäre eine Containeraufstellung auf dem Schulgelände oder in unmittelbarer Nähe erforderlich. Ein dauerhafter Verbleib in Kuchenheim würde mindestens eine Schadstoffsanierung erfordern, die auch mit großem organisatorischen Aufwand unter Nutzung einer großen Container-Interimslösung sowie einer baulichen Erweiterung zum Auffangen fehlender Räume einhergehen würde. Vorteile des aktuellen Standortes stellen die abgeschiedene Lage mit geringen Ablenkungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schülern und die Nähe zum Birkenhof-Projekt als Jugendhilfemaßnahme an separatem Lernort dar.

Hans-Verbeek-Schule richtet Außenstelle in Containern ein

Laut Schulentwicklungsplan fehlen in der Hans-Verbeek-Schule neben drei Klassenräumen auch mehrere Differenzierungs- und Nebenräume (Serverraum, Kopierraum, Lager- und Abstellraum). Da die flutgeschädigten Kellerräume noch nicht wiederhergerichtet worden sind, sind drei Klassen in Räume der benachbarten Max-Ernst-Schule des LVR ausgelagert.

Das Problem: Die Max-Ernst-Schule benötigt die Räume selbst. Die Lösung: Der Kreis mietet von der Stadt Euskirchen die Container an der Röntgenstraße, in der bis zum Sommer die Kita Nordstraße untergebracht ist. Nach den Ferien entstehe an der Röntgenstraße dann eine Außenstelle der Hans-Verbeek-Schule.

Wie lange das Provisorium bestehen bleibt, ist offen. Bereits jetzt zeichnet sich laut SEP ab, dass auch nach Wiederinbetriebnahme der flutgeschädigten Räume der Bedarf der Schule am bisherigen Standort nicht gedeckt werden kann. Eine Ausbaureserve auf dem Grundstück am Eifelring stehe nicht zur Verfügung.

Stephanusschule Bürvenich ist schon auf zwei Standorte aufgeteilt

Die Stephanusschule ist aktuell auf zwei Standorte im Stadtgebiet Zülpich aufgeteilt: Die Primarstufe ist in Füssenich, die Sekundarstufe in Bürvenich. Beide Schulgebäude sind laut Kreis von der Stadt Zülpich angemietet, wobei das Gebäude in Füssenich stark sanierungsbedürftig und darüber hinaus nicht barrierefrei ist.

Für dieses Gebäude weist der SEP weiteren Bedarf an einem Klassenraum sowie an mehreren Fach- und Nebenräumen aus. Am Standort Bürvenich fehlen nach Einschätzung der Experten in erster Linie Fach- und Nebenräume. Um weiteren Schulraum zu schaffen, wäre ein Anbau eines eigenständigen Gebäudes am Standort Bürvenich denkbar und sinnvoll.

Durch die Zusammenlegung von Primar- und Sekundarbereich ergäben sich dem Kreis zufolge Vorteile für den Schulbetrieb, aber auch denkbare Synergien insbesondere mit Blick auf die Nutzung des Küchen- und Mensabereichs, verschiedener Fachräume, der Sporthalle sowie beim Schülertransport/Schülerspezialverkehr. Nun soll eine Kostenanalyse und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sowie eine grundlegende Planung in Auftrag gegeben werden.

Förderschulcampus könnte eine Lösung für zwei Schulen sein

Eine dauerhaft zu kleine Hans-Verbeek-Schule ohne Erweiterungspotenzial. Eine unwirtschaftliche Matthias-Hagen-Schule in Kuchenheim. Während für Nikolaus- und Stephanusschule andere Lösungen her müssen, hat der Kreis für Hans-Verbeek- und Matthias-Hagen-Schule die Vision eines Campus auf dem aktuellen Grundstück des Berufskollegs in Euskirchen entwickelt.

Das Berufskolleg zieht auf die "Grüne Wiese" neben die Bundeswehr – gemeinsam mit dem Neubau des Berufsbildungszentrum (BZE), das dort seine Zukunftswerkstatt errichten wird. Entsprechende Pläne hat der Kreis bereits verabschiedet.

Auf dem frei werdenden Grundstück an der Kommerner Straße könnte dann eine Förderschule entstehen – mit der Matthias-Hagen-Schule und der Hans-Verbeek-Schule."Da das dortige Grundstück Raum für weitere Gebäude bietet, könnten sich bei Verortung beider Förderschulen an diesem Standort Synergien durch gemeinsame Nutzung zentraler Räumlichkeiten – beispielsweise die Sporthalle, möglicherweise aber auch ein Küchenbereich oder auch Fachräume, ergeben", so der Kreis. Bei einer entsprechenden Planung sollen beide Schulen einbezogen werden.

Zudem könnten sich Synergien bei der Werkstattnutzung des fußläufig erreichbaren Thomas-Eßer- Berufskollegs an der Katzenhecke ergeben und darüber hinaus möglicherweise weitere Synergien beim Schülertransport der Förderschüler. Auch ein Wechsel von Schülern innerhalb des Systems Förderschule wäre wohl mit geringeren Hemmnissen verbunden.

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Laut Kreis würden die jetzigen Gebäude des Thomas-Eßer-Berufskollegs, die der Bezirksregierung zufolge nicht mehr erdbebensicher sind, abgerissen, um den Campus neu zu bauen. Auch hier würde zunächst die "Phase Null" einsetzen – also die Planung von der Pike auf. "Nach derzeitigem Kenntnisstand würde ein Förderschulcampus eine geringere Gebäudefläche als das TEB benötigen. Wenn die Gebäude dann näher an der Kommerner Straße errichtet würden, würde auch der Hochwasserschutz steigen", sagt Sven Gnädig von der Pressestelle des Kreises.  © Kölner Stadt-Anzeiger