Bälle, Keulen, Pois und sogar Feuerstäbe: Das sind die Arbeitsgeräte von Roya Rotscheroth. Die 16-Jährige aus Siegburg balanciert, jongliert und wirbelt damit auf der Bühne des mittelalterlichen Markts in Siegburg.
Ihr Lehrherr Lupus, der Chefgaukler des Mittelaltermarkts, mit dem sich die Schülerin abends bei einem gemeinsamen Auftritt sieben Bälle gleichzeitig zuwirft, ist voll des Lobes: "Sie hat ja erst in diesem Jahr angefangen!"
Aber auch wenn sie offiziell erst in diesem Jahr Teil des Teams ist - die Leidenschaft für die Gaukelei und die Jonglage hat Roya seit ihrer frühen Kindheit. "Vor zwölf Jahren durfte ich schon beim Fackellauf der Gaukler mitmachen", erzählt sie. Mit acht Jahren holten sie die Gaukler beim abendlichen Tavernenspiel auf die Bühne, zunächst nur im Hintergrund, später durfte sie den Feuerstab halten und in den Fingern drehen. "Es ist für mich mehr als nur ein Hobby", sagt die Gymnasiastin, "Ich will daraus einen Beruf machen!"
Royas Vater, der Künstler Karl-Heinz Löbach aus Siegburg, fährt zu den Auftritten
"Man kann von der Gaukelei leben", sagt die Schülerin selbstbewusst. "Aber man muss es mit Leidenschaft machen, fühlen, was man tut. Und sich richtig reinhängen!" Dennoch wolle sie eine Ausbildung zur Physio- oder Ergotherapeutin machen, um eine Grundlage zu haben, die Jonglage weiter betreiben zu können. Ihre Eltern unterstützten sie dabei, erzählt die 16-Jährige. Ihr Vater, der Siegburger Künstler Karl-Heinz Löbach, fahre sie über das Jahr zu den verschiedenen Märkten, auch schon mal 600 Kilometer weit. Und ihre Mutter Melanie Rotscheroth habe als Sozialpädagogin bereits selber ein Zirkusprojekt geleitet.
Im Winter komme dann die zweite Familie: die Schausteller des mittelalterlichen Markts. "Sie haben mich aufwachsen sehen, ihren Teil dazu beigetragen." Mit dem Duo Con Filius - dem Gaukler Filou und der Musikerin Die Rote Füchsin - ist sie besonders verbunden; gemeinsam fahren sie auf Märkte, von Filou hat sie sich den ein oder anderen Trick abgeschaut.
Insbesondere bei der Jonglage mit den Feuerstäben unterstütze sie der Publikumsliebling, berichtet Roya. Denn das ist nicht ungefährlich, verbrannte habe sie sich schon oft, einmal sogar am Hals. Denn der an beiden Seiten brennende Stab muss nicht nur zwischen den Fingern gedreht, sondern so in einer fließenden Bewegung über den Kopf, hinter den Rücken, an den Beinen entlang und über den Hals bewegt werden.
"Deswegen gehört zu meinem Kostüm auch ein kurzer Rock", berichtet Roya, die für den Auftritt ihre langen, blonden Haare hochsteckt, "obwohl die Frauen im Mittelalter natürlich lange Röcke trugen. Aber das ist wegen des Feuers viel zu gefährlich."
Siegburg: Schweigeminute für die Opfer des Anschlags von Magdeburg
Schlagzeug, Gesang, Cheerleading - viele Hobbys hat die Siegburgerin schon angefangen und wieder aufgehört. Die Leidenschaft für die Gaukelei aber blieb: "Das ist das einzige, wo ich aufgeblüht bin." Jeden Tag ist sie auf dem Markt, direkt nach der Schule, berichtet sie. "Ich versuche zwischendurch zu lernen, aber das ist nicht einfach", gibt die 16-Jährige zu, die Literatur und Philosophie zu ihren Lieblingsfächern im Gymnasium Alleestraße zählt.
Geld bekommt sie keins für ihre Auftritte beim abendlichen Tavernenspiel. "Ich möchte im Moment auch noch keine Gage", sagt Roya: Teil der Marktfamilie zu sein und zu lernen, reiche ihr. Gemeinsam stand sie mit den Gauklern am Samstag bei einer Schweigeminute für die Opfer von Magdeburg auf der Bühne. Und nach ihrem letzten Auftritt am Sonntag flossen die Tränen. "Ich habe bislang jedes Jahr geweint, wenn es vorbei ist." Nächstes Jahr, das steht fest, will sie wieder dabei sein. © Kölner Stadt-Anzeiger
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.