Es ist eine bedrückende Biographie, die ein 61-Jähriger aus Frechen erzählt, der vor dem Kölner Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs zweier Jungen angeklagt ist.
"Meine Großmutter hat mich erzogen. Sie hat früher in einer Kneipe gearbeitet und hatte manchmal einen komischen Wortschatz", schildert er: "Freundinnen, die ich mit nach Hause brachte, nannte sie ‚Schulnutten‘, und wenn ich einen Freund dabei hatte, sagte sie zu mir ‚schwule Sau‘. Mir war das unangenehm."
Eine Beziehung im klassischen Sinne habe er nie gehabt, intime Kontakte aber schon, darunter ein Mann, der ihn zwischen 2003 und 2023 wöchentlich aufgesucht habe, "wenn mein Mitbewohner schlief". Der habe nicht gewollt, dass in seiner Abwesenheit Besuch komme und sei, da er früh aufstehen müsse, auch während der Nachtstunden nicht sehr tolerant gewesen, "aber den hat er akzeptiert".
Er sieht sich trotz früherer Verurteilung nicht als Pädophiler
Die Wohngemeinschaft bestehe seit vielen Jahren. Eine sexuelle Beziehung mit diesem Mann sei für den Angeklagten aber nicht in Frage gekommen, da er aus Jugendtagen noch dessen Vater kenne. "Was ist er für Sie?", fragt behutsam die Vorsitzende Richterin. "Mein allerbester Freund", sagt der Angeklagte, seine Stimme bricht: "Wir haben eine Hassliebe. Er ist wie ein Sohn für mich." Nun, da er in Untersuchungshaft sitze, vermisse er ihn: "Ich bin jede Nacht am Weinen."
Über sein Intimleben in jungen Jahren sagt er: "Ich habe mit Jungs etwas gemacht, wofür ich bestraft worden bin." Auch eine Therapie habe stattgefunden. "Wegen Pädophilie?", fragt der Gutachter. Das weist der Angeklagte entschieden von sich: "Nein, nicht Pädophilie!" Auf die Frage des Experten: "Wie würden Sie es nennen?", druckst er herum. "Sexualität mit Kindern?", schlägt der Sachverständige als Begriff vor. "Ja", stimmt der Angeklagte zu. Die Staatsanwaltschaft sieht in ihm eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Seit April sitzt er in Untersuchungshaft, weil er zwischen Juni 2023 und April 2024 zwei Kinder sexuell missbraucht haben soll. Laut Staatsanwaltschaft soll es dabei zu Berührungen, aber auch zum Oralsex gekommen sein. Die Jungen, 2007 und 2011 geboren, hätten dafür Geldbeträge zwischen zehn und 50 Euro bekommen. Der Angeklagte gesteht weitgehend die Taten, was das jüngere Kind betrifft.
Zugetragen hätten sie sich in seiner Frechener Wohnung, im Gebüsch bei einem früheren Tagebaugebiet in Kerpen-Türnich und im Berrenrather Wäldchen. Dass er im Schwimmbad Aqualand den Jugendlichen, den er privat kannte, unsittlich berührt habe, bestreitet er aber: "Im Schwimmbad, wo Hunderte Leute sind? Niemals!" Es habe eine Berührung gegeben, die sei aber Teil eines Spiels gewesen.
Das Gericht will am 6. Februar 2005 das Urteil verkünden
Eine kleine Zahl kinder- und jugendpornographischer Dateien wurden bei ihm sichergestellt. Auch deren Besitz räumt er ein, sagt aber, sie seien Überbleibsel aus den frühen 2000er Jahren. Damals habe er sich zu jüngeren Jungs hingezogen gefühlt, nun aber eher zu Jugendlichen und Erwachsenen – teils aus Vernunft, teils, weil er heute so empfinde.
Das Verfahren wird fortgesetzt, das Urteil ist für den 6. Februar 2025 anberaumt. © Kölner Stadt-Anzeiger
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