Im Jahr eins nach dem jecken Jubiläum – 2024 feierte man 222 Jahre Hänneschen-Theater – träumt ganz Knollendorf von besseren Zeiten, von einer sicheren, friedlichen Welt und davon, wie schön Köln einmal war und wie schön es wieder sein könnte.

Mehr News aus Nordrhein-Westfalen finden Sie hier

"FasteLOVEnd – Loss mer dräume" hatte das Puppenspiel-Ensemble vom Eisenmarkt seine diesjährigen Puppensitzungen überschrieben.

Träume, Liebe und zweieinhalb Stunden Programm

Das Motto verbinde Träume mit Liebe – zu unseren Mitmenschen, zur Gemeinschaft, schreibt Hänneschen-Intendantin Mareike Marx im Vorwort des Programmheftes und wirbt dafür, gemeinsam für Toleranz und Offenheit einzustehen und sich klar gegen Hass und Hetze zu stellen. Eine Botschaft, die sich quer durchs zweieinhalbstündige Sitzungsprogramm zieht.

Die Puppensitzung zeigt sich bei der Premiere (alle weiteren Termine sind bereits ausverkauft) politisch. Es geht um Wahlkampf, Sparmaßnahmen, Gebührenerhöhung, Legalisierung von Drogen und nicht zuletzt um Lärmbelästigung. "Ruhe da unten", brüllt einer aus dem oberen Stockwerk über Mählwurms Pitters (Michael Danz) Kneipe in die Knollendorfer Altstadtkulisse hinein. Sitzungspräsident Schäl (Alexis Berg) ist schockiert. "Wat will dä Jeck?". "Diese volkstümlichen Brauchtumflegeleien überschreiten mit Abstand die zuständigen Grenzwerte des Bundesimmissionschutzgesetzes", schimpft der Fremde. Alles klar.

Volksbühne, Aachener Straße, lässt grüßen. Schäls Tochter Röschen (Heike Huhmann) hat einen Plan. "Dann mache mir he eben en Flüstersitzung." Die fünfköpfige Liveband hinger d’r Britz hat Pause. Der Tusch kommt vom Publikum. Ganz leise, wegen der Grenzwerte. Problem gelöst. Typisch Hänneschen.

Marie-Luise Nikuta schwebt aus dem Jenseits ein

Dann wird’s politisch: "Wählen Sie Ajuja, die feministische, antifaschistische, humoristische un jetzt bekiffteste Partei Deutschlands", grölt et Kättche (Silke Essert) in den Saal. "Kiff dich frei mit der Ajuja-Partei." Ajuja stehe für Alt un Jung, Jameinsam. "Außerdem setzt sich die Partei für die Legalisierung von Cannabis ein", erklärt Kättche. "Bes et su wick es bedampfe mir he die Lück för bessere Stimmung." Schäl winkt ab, er bleibt lieber bei Kölsch.

Herrlich die Reibeisenstimmen vom Kättche, vom Rösche und vom kölschen Klapperjestell Skully (Silke Essert), der im Stück mit Donner und Blitz aus dem Jenseits auftaucht und über ein Leben nach dem Tod philosophiert. Apropos auftauchen: auch die 2020 verstorbene Mottoqueen Marie-Luise Nikuta schwebt aus dem Jenseits ein, als Engel mit goldenen Flügelchen und Mottolied: "Faste-lo-lo-lo-lovend en Kölle am Rhing, do wo all die Jecke sin".

Dann wird es ernst. Wo ist Literat Sp-sp-sp-eimanes (Stefan Mertens) mit der hellije Woosch abgeblieben? Dann die Auflösung: er hat einen Nebenjob, chauffiert Prinz René I. durch Kölle, hat aber die Flönz versemmelt. Sie ist ihm in den Ostermannbrunnen gefallen. Vater Rhein (Michael Danz) kommt zu Hilfe, steigt aus seinem Bett, rettet das gute Stück. Aufatmen in Knollendorf.

Almut Solzbacher, stellvertretende Theater-Intendantin, führte bei der diesjährigen Puppensitzung erstmals Regie am Eisenmarkt. Zahlreiche jecke Nummern bereicherten das Programm: ein Pferdetanzballett zum 100-jährigen Bestehen des Reiter-Korps Jan von Werth war ebenso dabei wie Witzeerzähler Putschblos (Stefan Mertens, Daniel Ziermann), das Papgeien-Gesangs-Quartett oder die Iesermaat Sissis (Heike Huhmann, Almut Solzbacher, Silke Essert), die mit Frack und Zylinder perfekt mehrstimmig sangen.

Vielen Dank für Ihr Interesse
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln des Kölner Stadt-Anzeigers zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen.

Beim Duo Schmal un Stoppe stand nur der Stoppe (Stefan Mertens) auf der Bühne. Sein verstorbener Gesangspartner Schmal war dagegen als Brunnenfigur im Ostermannbrunnen verewigt. Das Besondere: die Figur aus Muschelkalk bewegte sich, konnte Flitsch spielen. Eine rührende Szene. Auch das ist Hänneschen!  © Kölner Stadt-Anzeiger

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.