Die Igelretter in der Region haben ein gut funktionierendes Netzwerk, um ihre stacheligen Pflegetiere zu versorgen.
Karin Koch aus Schladern ist gerade zu Siegeritta Gebauer nach Sankt Augustin gekommen. In der Pflegestelle dort ist einfach Platz mehr. Koch holt ein schwaches Tier ab, das vor einigen Stunden zu Gebauer gebracht wurde. "Es kommt jetzt zu einer Pflegestelle bei mir in der Nähe", berichtet sie. "Das warme Wetter der letzten Tage hat dazu geführt, dass viele Igel unterwegs sind", erklärt Gebauer. Der Winterschlaf sei damit vorbei. Allerdings fehle es noch an Nahrung, da die meisten Insekten noch nicht unterwegs seien.
Und so leiden die Tiere Hunger, werden schwach, Parasiten können sich einnisten. Die Igel magern ab und müssen sterben, wenn sie nicht gefunden werden. "2024 ist das Jahr des Igels", berichtet Gebauer. Sie möchte es nutzen, um den Lebensraum dieser Säugetiere zu verbessern. Fast überall gebe es etwas zu tun.
Schon nach wenigen Metern zeigt Gebauer auf einen grünen Zaun. "Die können zur Todesfalle für Igel werden", erklärt sie. Wenn die Gitterstäbe nicht hoch genug über dem Boden seien, könnten sich Igel, die gerade flüchten, an ihnen schwer verletzen. Sie kämen unter Umständen sogar nicht mehr frei. "Vor kurzem kam ein Igel in die Pflegestation, der von Tierfreunden aus dieser unbeabsichtigten Falle befreit werden musste."
Steile Ufer an Flüssen verhindern, dass Igel dort trinken können
Wir gehen weiter zum Friedhof in Niederpleis. Gebauer macht einen Stopp auf der Brücke über den Pleisbach. Das Gewässer ist in ein künstliches Bett mit steilen Ufern gedrängt worden. "Die Einfassung ist zwar nur wenige Zentimeter hoch, aber da kann kein Igel trinken", kritisiert sie. Wenige Minuten später erreichen wir den Friedhof. Das Gelände ist ein Lebensraum für zahlreiche Tiere. Auch Igel sind hier zu finden.
Gebauer geht zielstrebig auf einen Abfallcontainer zu. "Sehen Sie die Schalen, die dort zum Entsorgen liegen?", fragt sie. Sie nimmt eine Tonschale heraus. "Eine ideale Tränke für Igel." Mit wenigen Handgriffen kann sie gereinigt und neben der Wasserstelle platziert werden. Gebauer macht das regelmäßig auf ihren Spaziergängen. "Doch leider nimmt irgendwer diese praktischen Tränken immer wieder weg." Völlig unverständlich für die Igelfreundin. Man könne sie doch einfach stehen lassen und regelmäßig auffüllen. Das sei wichtig, denn altes Wasser tränken Igel nicht mehr. Auch Vögel könnten davon profitieren.
Bodentiefe Zäune versperren Igeln den Weg in die Gärten
Auf dem Rückweg zeigt sie in einem Garten. Er ist naturbelassen. Büsche und Gräser bieten Versteckmöglichkeiten. "Ein Paradies für Igel", erkennt die Expertin. Allerdings versperrt auch hier ein bis auf den Boden gezogener Zaun den Zugang für die nächtlichen Jäger. Oft werde beim Setzen der Gitter gar nicht an die Igel gedacht. Kleine, runde Eingänge könnten jedoch nachträglich geschaffen werden. "Da passt auch kein Hund durch", betont Gebauer. Das sei einer der Gründe, warum manche ihre Gärten abschotteten.
Die fehlende Nahrung zurzeit macht Gebauer Sorgen. Sie zeigt auf eine Igelfutterstelle auf dem Rückweg zu ihrer Wohnung. Die speziellen Klappen verhinderten, dass Ratten den Weg hinein fänden. Katzenfutter mit hohem Fleischanteil sei eine Möglichkeit, Igel in der nahrungsarmen Zeit zu versorgen. Spuren am Eingang zeigen, dass es vor kurzem tatsächlich einen Besuch gegeben hat.
Nicht jeder Igel kann auf der Pflegestelle in Sankt Augustin überleben
Zurück in der Pflegestation wartet Marlon auf Nahrung. Der Igel wiegt 360 Gramm und kämpft seit drei Wochen ums Überleben. In einem Inkubator wird er gewärmt. Gebauer berichtet, dass dieser Brutkasten für Welpen als Spende zu ihr gekommen sei. "Er ist ideal, um Igeln über die ersten schweren Tage zu helfen." Ob es Marlon schafft, ist nicht klar. Mit Wurmbefall und einer Darminfektion kam er in die Pflegestelle. Dazu hat er noch Probleme mit der Lunge. "Nicht jeder kommt durch", sagt Gebauer traurig. © Kölner Stadt-Anzeiger
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