Winterstein: Der Projektentwickler ABO schließt nun auch mit Friedberg einen Vertrag für Windräder auf dem Winterstein. Der Genehmigungsantrag steht bevor.
Der Wiesbadener Windparkentwickler ABO Energy kann auch mit dem letzten Anlieger des in die Wetterau ragenden Taunuskamms Winterstein einen Vertrag über den Bau von Rotoren zur Stromerzeugung auf dem Höhenzug schließen. Dies wird in dieser Woche geschehen, wie eine Sprecherin der ABO Energy GmbH & Co. KGaA auf Anfrage sagte. Mehr als ein Jahr nach Hessen-Forst und den anderen Kommunen hat sich auch die Stadt Friedberg für das Unternehmen entschieden. Die Stadtverordneten beschlossen am vergangenen Donnerstag die Zusammenarbeit, zur Freude von Bürgermeister Kjetil Dahlhaus. Dieser Beschluss entspricht einem Etappenziel auf dem Weg zum Windpark, nun steht der Genehmigungsantrag bevor.
Zuvor hatte sich in der vom parteilosen Bürgermeister einberufenen Lenkungsgruppe eine Mehrheit für ABO gebildet, wie die F.A.Z. schon im September berichtete. Den Ausschlag gab letztlich das Geld: Mit den Wiesbadenern als Projektentwicklern kann die Kreisstadt über die geplante Laufzeit von 25 Jahren hinweg mit in etwa doppelt so hohen Einnahmen rechnen, als der in Friedberg ansässige Regionalversorger OVAG gemessen an der Pacht in Aussicht gestellt hatte. Die Rede ist von einem Unterschied von bis zu 30 Millionen Euro. Nach dem Stand der Dinge kann Friedberg jährlich mit zwei Millionen Euro kalkulieren.
Hessen-Forst, Rosbach und Wehrheim für ABO
Zuvor hatten sich außer Hessen-Forst schon Rosbach und Wehrheim für ABO entschieden. Der Bundesforst verfügt ebenfalls über Liegenschaften auf dem Winterstein, er arbeitet aber mit dem Projektentwickler Alterric zusammen. Profitieren wird auch Ober-Mörlen von dem Windpark. Den vier Kommunen werden nach Angaben von ABO binnen 20 Jahren allein über die Beteiligung an der Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) neun Millionen Euro zufließen. Das EEG ermögliche es, die Anlieger gemäß ihres Flächenanteils mit bis zu 0,2 Cent für jede produzierte Kilowattstunde finanziell zu beteiligen. Das laufe auf eine Abgabe von insgesamt 440.000 Euro im Jahr hinaus, erläutert der Projektentwickler. Alles in allem will er 13 Windkraftanlagen errichten lassen. Das ist ein Windrad weniger als zunächst gedacht. Auf Friedberger Gemarkung sind nun vier statt der zuvor geplanten fünf Rotoren vorgesehen. Die Sprecherin verwies auf die Wegeführung auf dem Taunuskamm und technische Gründe der Hersteller der Windräder, die sich im Laufe der Detailplanung ergeben hätten.
ABO will nach den Worten seiner Sprecherin den Genehmigungsantrag im ersten Quartal nächsten Jahres beim Darmstädter Regierungspräsidium einreichen. Das Unternehmen hoffe auf einen positiven Bescheid im Frühjahr 2026. Dann werde sich ABO umgehend auf eine Ausschreibung der Bundesnetzagentur für Strommengen nebst Einspeisetarif bewerben. Im Falle des Zuschlags für das Gebot könnte der Projektentwickler den Bau der Windkraftanlagen in Angriff nehmen. Er rechnet derzeit mit einer Inbetriebnahme des Windparks im Jahr 2028.
Außer dem Unternehmen schauen 30 Umweltgruppen, Genossenschaften und Parteien gespannt auf das weitere Verfahren. Sie hatten im vergangenen Juni mit einem Sternmarsch zum Winterstein für den Windpark demonstriert. In den Reihen des Bündnisses wächst wegen der sich hinziehenden Planung die Ungeduld. Zumal ABO eine Bürgerbeteiligung in Aussicht stellt. Interessenten können sich über die eigens dafür gebildete Plattform "Nah & Grün" mit 500 bis 10.000 Euro an dem Vorhaben beteiligen. Als Anlagen stehen Nachrangdarlehen und Windsparbriefe zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit dem südhessischen Stromversorger GGEW bietet der Projektentwickler zudem einen besonderen Stromtarif an.
"Sobald ich den Winterstein erwähne, wollen die Leute bei uns eintreten"
Nicht zuletzt warten sieben heimische Energiegenossenschaften auf den Bau der Windräder – und zwar mit dem Ziel der Übernahme der Rotoren von ABO nach einer Anlaufphase. Zu diesem Zweck haben die Genossenschaften ein Zentralinstitut mit Sitz in Friedberg gegründet. Ihr stehen ehrenamtlich Achim Parbel und Ulrich Rode von der Mittelhessischen Energiegenossenschaft in Butzbach vor. Wie Parbel sagt, wollen viele Bürger von den Windkraftanlagen profitieren. Dies zeige sich an Interesse in Gesprächen: "Sobald ich den Winterstein erwähne, wollen die Leute mehr wissen oder gleich bei uns eintreten."
In diesem Jahr habe die Butzbacher Energiegenossenschaft 40 Mitglieder gewonnen – sonst seien 20 im Jahr üblich. Derzeit zählt sie mehr als 700 Mitglieder. Sich anschließen kann ihnen, wer 100 Euro überweist. Das ist nach den Worten von Parbel derzeit ebenfalls das Limit. Die Grenze werde aber fallen, wenn der Kauf der Rotoren absehbar sein werde. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.